Блейк Пирс

Erkaltet


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      "Nachdem er Tilda Steen getötet hat, vergrub er sie in einem flachen Grab. Kannst du mir beschreiben, wie das passiert ist?"

      Wie bei der anderen Übung, versucht Lucy sich in den Verstand des Mörders zu versetzen.

      "Er hat die Leiche auf dem Bett liegen lassen und ist dann aus der Tür des Motelzimmers gegangen", sagte Lucy laut. "Er hat sich vorsichtig umgesehen. Er hat niemanden gesehen. Also hat er die Leiche zu seinem Wagen gebracht und auf den Rücksitz geworfen. Dann ist er zu einem Waldgebiet gefahren. Einen Ort, den er gut kannte, der aber nicht zu nah am Tatort lag."

      "Was dann?", fragte Riley.

      Die Augen immer noch geschlossen, spürte Lucy die methodische Kälte des Mörders.

      "Er hat an einer Stelle gehalten, die nicht einfach einzusehen war. Dann hat er eine Schaufel aus dem Kofferraum geholt."

      Lucy war einen Moment unschlüssig.

      Es war Nacht, also wie hatte der Mörder seinen Weg in den Wald gefunden?

      Es wäre nicht einfach, eine Taschenlampe, eine Schaufel und eine Leiche zu tragen.

      "War es eine mondhelle Nacht?", fragte Lucy.

      "Das war es", sagte Riley.

      Lucy fühlte sich ermutigt.

      "Er hat die Schaufel mit einer Hand genommen und die Leiche mit der anderen über seine Schulter geworfen. Er ist in den Wald gegangen. Er ist so lange weitergegangen, bis er einen Platz gefunden hat, der weit genug weg war, dass niemand dort hinkommt."

      "Ein weit entfernter Platz?", fragte Riley, die Lucys Gedanken unterbrach.

      "Definitiv", sagte Lucy.

      "Mach die Augen auf."

      Lucy sah Riley an. Riley fing an, ihre Aktentasche einzuräumen.

      Sie sagte, "Tatsächlich hat der Mörder die Leiche in den Wald auf der anderen Seite des Highways gebracht, direkt gegenüber von dem Motel. Er hat Tildas Leiche nur wenige Schritte in das Unterholz getragen. Er könnte leicht von Autos auf dem Highway gesehen worden sein und er hat vermutlich das Licht der Straßenlaternen genutzt, um Tilda zu vergraben. Er hat sie achtlos vergraben, mit mehr Steinen als Erde bedeckt. Ein vorbeifahrender Radfahrer hat wenige Tage später den Geruch bemerkt und die Polizei gerufen. Die Leiche war einfach zu finden."

      Lucy blieb vor Überraschung der Mund offen stehen.

      "Warum hat er sich nicht mehr Mühe gegeben, den Mord zu vertuschen?", fragte sie. "Das verstehe ich nicht."

      Die Aktentasche schließend, runzelte Riley die Stirn.

      "Ich verstehe es auch nicht", sagte sie. "Niemand tut es."

      Riley nahm ihre Aktentasche und verließ den Vorlesungsraum.

      Als Lucy ihr hinterhersah, bemerkte sie eine leichte Bitterkeit und Enttäuschung in Rileys Haltung.

      So unbeeindruckt Riley sich auch gab, dieser alte Fall schien sie noch immer zu quälen.

      KAPITEL ZWEI

      Noch beim Abendessen konnte Riley den Streichholzbrief-Killer nicht aus ihren Gedanken verbannen. Sie hatte den ungelösten Fall als Beispiel für ihren Unterricht verwendet, weil sie wusste, dass sie bald wieder davon hören würde.

      Riley versuchte sich auf den köstlichen Eintopf zu konzentrieren, den Gabriela für sie zubereitet hatte. Ihre Haushälterin war eine wundervolle Köchin. Riley hoffte, dass sie nicht bemerken würde, welche Schwierigkeiten sie damit hatte, das Essen an diesem Abend entsprechend zu würdigen. Aber natürlich entging es den Mädchen nicht.

      "Was ist los, Mom?", fragte April, Rileys fünfzehnjährige Tochter.

      "Ist etwas passiert?", fragte Jilly, das dreizehnjährige Mädchen, das Riley hoffte adoptieren zu können.

      Von ihrem Platz auf der anderen Seite des Tisches warf auch Gabriela ihr einen besorgten Blick zu.

      Riley wusste nicht, was sie sagen sollte. Morgen würde sie eine Erinnerung an den Streichholzbrief-Killer bekommen – einen Anruf, der jedes Jahr aufs Neue kam. Es hatte keinen Sinn, den Gedanken daran zu vermeiden.

      Aber sie brachte nicht gerne Arbeit mit nach Hause zu ihrer Familie. Manchmal, trotz all ihrer Bemühungen, hatte sie ihre Liebsten in schreckliche Gefahr gebracht.

      "Es ist nichts", sagte sie.

      Die Vier setzten für einige Minuten ihr Essen schweigend fort.

      Schließlich sagte April, "Es ist Dad, oder nicht? Es stört dich, dass er heute wieder nicht zu Hause ist."

      Die Frage überraschte Riley. Die Abwesenheit ihres Ex-Mannes störte sie tatsächlich in letzter Zeit. Sie und Ryan hatten sich viel Mühe gegeben, sich nach einer schmerzhaften Scheidung wieder zu versöhnen. Jetzt schien der Fortschritt wieder einzubrechen und Ryan hatte mehr und mehr Zeit in seinem eigenen Zuhause verbracht.

      Aber Ryan war gerade nicht in ihren Gedanken gewesen.

      Was sagte das über sie selbst?

      Wurde sie stumpf gegenüber ihrer auseinanderfallenden Beziehung?

      Hatte sie aufgegeben?

      Die drei Gesichter um den Esstisch sahen sie an, warteten auf eine Antwort.

      "Es ist ein Fall", sagte Riley. "Er beschäftigt mich immer zu dieser Zeit des Jahres."

      Jillys Augen wurden groß vor Aufregung.

      "Erzähl uns davon!", sagte sie.

      Riley fragte sich, wie viel sie den Kindern erzählen sollte. Sie wollte die Details der Morde nicht mit ihrer Familie teilen.

      "Es ist ein ungelöster Fall", sagte sie. "Eine Reihe von Morden, die weder die örtliche Polizei, noch das FBI lösen konnten. Ich versuche seit Jahren, ihn zu knacken."

      Jilly hüpfte regelrecht auf ihrem Stuhl auf und ab.

      "Wie wirst du ihn lösen?"

      Die Frage traf Riley unvermutet.

      Natürlich wusste sie, dass Jilly es nicht böse meinte – ganz im Gegenteil. Das junge Mädchen war stolz darauf, eine Mutter zu haben, die für das Justizsystem arbeitete. Und sie dachte noch immer, dass Riley eine Art Superheldin war, die nicht versagen konnte.

      Riley unterdrückte ein Seufzen.

      Vielleicht ist es an der Zeit ihr zu sagen, dass ich nicht immer den Schuldigen fasse, dachte sie.

      Aber Riley sagte einfach, "Ich weiß es nicht."

      Es war die einfache, ehrliche Wahrheit.

      Aber es gab etwas, das Riley wusste.

      Tilda Steens fünfundzwanzigjähriger Todestag war morgen und sie würde ihn nicht so schnell aus ihrem Kopf verbannen können.

      Zu Rileys Erleichterung wandte sich das Gespräch dem leckeren Abendessen von Gabriela zu. Die stämmige Frau aus Guatemala und die Mädchen fingen an, sich auf Spanisch zu unterhalten und Riley hatte Mühe allem zu folgen, was gesagt wurde.

      Aber das war okay. April und Jilly lernten Spanisch und April wurde immer flüssiger. Jilly kämpfte noch mit der Sprache, aber Gabriela und April halfen ihr dabei, sie zu lernen.

      Riley sah ihnen lächelnd zu.

      Jilly sieht so gut gelaunt aus, dachte sie.

      Sie war noch immer das dunkelhäutige, dünne Mädchen – aber kaum das verzweifelte, misshandelte Kind, das Riley aus den Straßen von Phoenix gerettet hatte. Sie war robust und gesund und sie schien sich gut in ihr neues Leben in Rileys Familie einzufinden.

      Und April hatte sich als perfekte große Schwester herausgestellt. Sie erholte sich gut von den Traumata, die sie erlitten hatte.

      Manchmal, wenn sie April ansah, dann