Александр Дюма

Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2


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gesehen? Wie selbstsüchtig bin ich doch! ich entzog Sie ihm gestern, um Sie nach Paris mitzunehmen. Das ist in der That unverzeihlich.«

      »Oh! Madame,« erwiderte Andrée lächelnd, »ich verzeihe Ihnen von ganzem Herzen und Philipp auch.«

      »Ist das sicher?« – »Ich stehe dafür.« – »Für Sie?« – »Für mich und für ihn.« – »Wie ist er?« – »Immer schön und gut, Madame.« – »Wie alt ist er nun?« – »Zweiunddreißig Jahre.«

      »Armer Philipp! wissen Sie, daß ich ihn nun bald vierzehn Jahre kenne, und daß ich ihn von diesen vierzehn Jahren neun bis zehn nicht gesehen habe?«

      »Will Eure Majestät die Gnade haben, ihn zu empfangen, so wird er glücklich sein, Eure Majestät zu versichern, daß die Abwesenheit den Gefühlen ehrfurchtsvoller Ergebenheit, die er für die Königin hegt, keinen Eintrag gethan hat.«

      »Kann ich ihn sogleich sehen?«

      »In einer Viertelstunde wird er zu den Füßen Eurer Majestät sein, wenn Eure Majestät es erlaubt.«

      »Gut! gut! ich erlaube es, ich will es sogar.«

      Die Königin vollendete kaum, als ein lebhaftes, rasches, geräuschvolles Wesen auf den Teppich des Ankleidezimmers sprang und ein lachendes, spöttisches Gesicht in demselben Spiegel zeigte, worin Marie Antoinette dem ihrigen zulächelte.

      »Mein Bruder Artois,« sagte die Königin, »Sie haben mir in der That bange gemacht.«

      »Einen guten Morgen Eurer Majestät,« erwiderte der junge Prinz, »wie hat Eure Majestät die Nacht zugebracht?«

      »Sehr schlecht; ich danke, mein Bruder.«

      »Und den Morgen?«

      »Sehr gut.«

      »Das ist die Hauptsache. Ich vermuthete soeben, die Prüfung sei glücklich überstanden worden, denn ich begegnete dem König, der mir köstlich zulächelte. Das ist das Vertrauen.«

      Die Königin lachte; der Graf von Artois, der nicht mehr wußte, lachte auch, doch aus einem ganz andern Grund.

      »Aber was fällt mir ein!« sagte er, »ich gedankenloser Mensch! Ich habe Fräulein von Taverney nicht einmal befragt, wie sie ihre Zeit angewendet.«

      Die Königin schaute in ihren Spiegel, durch dessen Reflexe ihr nichts von dem, was im Zimmer geschah, entging.

      Leonard hatte sein Werk beendigt, und von ihrem Frisirmantel von indischem Mousseline befreit, zog die Königin ihr Morgenkleid an.

      Die Thüre öffnete sich.

      »Ah!« sagte Marie Antoinette zum Grafen von Artois, »wenn Sie sich bei Andrée nach Etwas erkundigen wollen, hier ist sie.«

      Andrée trat wirklich in demselben Augenblick ein; sie hielt an ihrer Hand einen schönen Cavalier, braun von Antlitz, mit schwarzen Augen, in denen ein tiefes Gepräge von Adel und Schwermuth unverkennbar, einen kräftigen Soldaten mit verständiger Stirne, einen Mann von ernster Haltung, einem von jenen schönen Portraits ähnlich, wie Coypel und Gainsborough sie gemalt haben.

      Philipp von Taverney trug einen dunkelgrauen Rock, fein mit Silber gestickt, doch dieses Grau schien schwarz, dieses Silber schien Eisen zu sein; die weiße Halsbinde, der mattweiße Jabot stachen von der dunkelfarbigen Weste ab und der Puder der Frisur hob die männliche Energie der Gesichtshaut und der Züge hervor.

      Philipp trat, eine Hand in der seiner Schwester, die andere um seinen Hut gerundet, vor.

      »Eure Majestät,« sprach Andrée, indem sie sich ehrerbietig verneigte, »hier ist mein Bruder.«

      Philipp verbeugte sich ernst und langsam.

      Als er den Kopf wieder erhob, hatte die Königin noch nicht aufgehört, in ihren Spiegel zu schauen. Sie sah allerdings in ihrem Spiegel Alles eben so gut, als wenn sie Philipp in's Gesicht geschaut hätte.

      »Guten Morgen, Herr von Taverney,« sagte die Königin.

      Und sie wandte sich um.

      Sie war schön in jenem königlichen Glanz, der um ihren Thron her die Freunde des Königthums und die Anbeter des Weibes blendete. Sie hatte die Macht der Schönheit, und, man verzeihe uns diese Umkehrung des Gedankens, sie besaß die Schönheit der Macht.

      Als Philipp sie lächeln sah, als er dieses durchsichtige, zugleich stolze und sanfte Auge auf sich geheftet fühlte, da erbleichte er und ließ an seiner ganzen Person die lebhafteste Aufregung gewahr werden.

      »Herr von Taverney,« fuhr die Königin fort, »es scheint, Ihren ersten Besuch haben Sie uns gemacht? Meinen Dank hiefür!«

      »Eure Majestät hat die Gnade, zu vergessen, daß es an mir ist, zu danken,« erwiderte Philipp.

      »Wie viele Jahre sind vergangen, seitdem wir uns nicht mehr gesehen? ach! die schönste Zeit des Lebens.«

      »Für mich, ja, Madame; doch nicht für Eure Majestät, für die alle Tage schöne Tage sind.«

      »Sie haben also viel Geschmack an America gefunden, Herr von Taverney, daß Sie dort geblieben sind, während alle Welt zurückkehrte?«

      »Madame,« erwiderte Philipp, »Herr von Lafayette bedurfte, als er die neue Welt verließ, eines vertrauten Officiers, dem er einen Theil vom Commando der Hilfstruppen übergeben konnte, Herr von Lafayette hat dem zu Folge mich dem General Washington vorgeschlagen, der auch die Güte hatte, mich anzunehmen.«

      »Es scheint, es kommen aus der neuen Welt, von der Sie sprechen, viele Helden zu uns zurück,« sprach die Königin.

      »Eure Majestät sagt dieß nicht in Beziehung auf mich,« entgegnete Philipp lächelnd.

      »Warum nicht?« versetzte die Königin.

      Dann sich an den Grafen von Artois wendend:

      »Betrachten Sie doch die schöne Miene und das martialische Aussehen des Herrn von Taverney, mein Bruder.«

      Als Philipp sich so mit dem Grafen von Artois, den er nicht kannte, in Berührung gebracht sah, machte er einen Schritt gegen ihn und bat den jungen Prinzen durch eine Geberde um Erlaubniß, ihn begrüßen zu dürfen.

      Der Graf machte ein Zeichen mit der Hand. Philipp verbeugte sich.

      »Ein schöner Officier,« rief der junge Prinz, »ein edler Cavalier, dessen Bekanntschaft zu machen ich mich glücklich schätze. Was sind Ihre Absichten bei Ihrer Rückkehr nach Frankreich?«

      Philipp schaute seine Schwester an.

      »Sire,« sagte er, »das Interesse meiner Schwester beherrscht das meinige. Was sie will, daß ich thun soll, werde ich thun.«

      »Es ist aber auch noch, wie ich glaube, Herr von Taverney Vater da?« versetzte der Graf von Artois.

      »Gleichviel,« unterbrach ihn rasch die Königin, »es ist mir lieber, wenn Andrée unter dem Schutze ihres Bruders und ihr Bruder unter Ihrer Protection steht. Herr Graf, Sie werden sich des Herrn von Taverney annehmen. Nicht wahr, das ist abgemacht?«

      Der Graf von Artois machte ein Zeichen der Einwilligung.

      »Wissen Sie, daß uns sehr enge Bande vereinigen?« fuhr die Königin fort.

      »Sehr enge Bande! Sie … meine Schwester! Oh! ich bitte, erzählen Sie mir das.«

      »Ja, Herr Philipp von Taverney war der erste Franzose, der sich meinen Augen bot, als ich in Frankreich ankam, und ich gelobte mir aufrichtig, das Glück des ersten Franzosen zu machen, den ich treffen würde.«

      Philipp fühlte, wie ihm die Röthe zur Stirne stieg; er biß sich auf die Lippen, um unempfindlich zu bleiben.

      Andrée schaute ihn an und senkte dann ihren Kopf.

      Marie Antoinette erhaschte einen der Blicke, welche Bruder und Schwester mit einander wechselten. Wie hätte sie errathen sollen, was Alles ein solcher Blick an schmerzlich angehäuften Geheimnissen verbarg!

      Marie Antoinette wußte Nichts von den Ereignissen, die wir in der ersten Abtheilung dieser Geschichte erzählt haben.

      Die