Александр Дюма

Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2


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Dich gerichtet, Taverney, oder an mich?« fragte der Marschall lachend und seinen alten Freund anschauend.

      »Ich glaube nicht,« erwiderte eine neue Person, die dem Marschall von Richelieu gegenüber saß.

      »Was glauben Sie nicht, Herr von Cagliostro?« sagte der Graf von Haga, indem er seinen durchdringenden Blick auf den Redner heftete.

      »Ich glaube nicht, Herr Graf, daß Herr von Richelieu unser Altersdechant ist,« antwortete Cagliostro, sich verbeugend.

      »Oh! das ist gut, es scheint, Du bist es, Taverney,« rief der Marschall.

      »Ah! ich zähle acht Jahre weniger, als Du. Ich bin von 1704,« erwiderte der alte Herr.

      »Unartiger Bursche.« sagte der Marschall, »er verräth meine acht und achtzig Jahre.«

      »Wahrhaftig, Herr Herzog, Sie sind achtundachtzig Jahre alt?« rief Herr von Condorcet.

      »Ah! mein Gott, ja. Die Rechnung ist leicht zu machen, und gerade deßhalb ist sie eines Algebraisten von Ihrer Stärke unwürdig, Herr Marquis. Ich bin aus dem vorigen Jahrhundert, aus dem großen Jahrhundert, wie man es nennt, 1696, das ist ein Datum.«

      »Unmöglich!« rief Herr von Launay.

      »Oh! wenn Ihr Vater hier wäre, mein Herr Gouverneur der Bastille,« entgegnete Richelieu, »er würde nicht »unmöglich« sagen, er, der mich im Jahr 1714 als Kostgänger hatte.«

      »Der Altersdechant,« sprach Herr von Favras, »das erkläre ich, ist der Wein, den sich der Herr Graf von Haga in diesem Augenblick einschenkt.

      »Ein Tokayer von hundert und zwanzig Jahren, Sie haben Recht, Herr von Favras,« erwiderte der Graf. »Diesem Tokayer käme die Ehre zu, die Gesundheit des Königs auszubringen.«

      »Einen Augenblick Geduld,« rief Cagliostro, indem er seinen großen, von Stärke und Verstand funkelnden Kopf über die Tafel erhob, »ich mache Anspruch darauf.«

      »Sie machen diesem Tokayer gegenüber auf das Altersvorrecht Anspruch?« fragten die Gäste im Chor.

      »Ganz gewiß,« erwiderte voll Ruhe der Graf, »denn ich selbst habe ihn in seiner Flasche versiegelt.«

      »Sie?«

      »Ja, ich, und zwar am Tage des Sieges, den im Jahr 1664 Montecuculi über die Türken davon trug.«

      Diese Worte, welche Cagliostro mit einem unstörbaren Ernst ausgesprochen hatte, wurden mit einem ungeheuren Gelächter aufgenommen.

      »Nach dieser Rechnung sind Sie so etwa hundert und dreißig Jahre alt,« sagte Madame Dubarry, »denn Sie mußten doch wohl zehn Jahre alt sein, als Sie diesen guten Wein in seine dicke Flasche füllten.«

      »Ich zählte mehr als zehn Jahre, als ich diese Operation vornahm, Madame, denn zwei Tage nachher erhielt ich von Sr. Majestät, dem Kaiser von Oestreich, den ehrenvollen Auftrag, Montecuculi Glück zu wünschen, der durch den Sieg bei St. Gotthard den Tag von Espek in Slavonien gerächt hatte, wo die Ungläubigen die Kaiserlichen, meine Freunde und meine Waffengefährten von 1536, so gewaltig schlugen.«

      »Ei!« sagte der Graf von Haga, ebenso kalt, als es Cagliostro that, »der Herr war damals mindestens zehn Jahre alt, da er dieser merkwürdigen Schlacht persönlich beiwohnte.«

      »Eine furchtbare Niederlage, Herr Graf!« erwiderte Cagliostro mit einer Verbeugung.

      »Minder grausam jedoch, als die Niederlage bei Crecy,« entgegnete Condorcet lächelnd.

      »Es ist wahr, mein Herr,« sprach Cagliostro, ebenfalls lächelnd, »die Niederlage bei Crecy war etwas Schreckliches in der Hinsicht, daß nicht bloß eine Armee geschlagen wurde, sondern Frankreich. Wir müssen indessen zugeben, daß diese Niederlage kein ganz redlicher Sieg von Seiten Englands war. König Eduard hatte Kanonen, ein Philipp von Balois völlig unbekannter Umstand, oder vielmehr ein Umstand, an den Philipp von Balois nicht glauben wollte, obschon ich ihn darauf aufmerksam machte, obschon ich ihm sagte, ich habe mit meinen eigenen Augen die vier Feldstücke gesehen, welche Eduard von den Venetianern gekauft.«

      »Ah! ah!« rief Madame Dubarry, »ah! Sie haben Philipp von Balois gekannt?«

      »Madame, ich hatte die Ehre, einer der fünf Herren zu sein, die seine Escorte bildeten, als er das Schlachtfeld verließ. Ich kam nach Frankreich mit dem armen, alten König von Böhmen, der blind war und sich in dem Augenblick tödten ließ, wo man ihm sagte, Alles sei verloren.«

      »Oh! mein Gott, mein Herr!« sagte Lapérouse, »Sie können nicht glauben, wie sehr ich es bedaure, daß Sie nicht, statt der Schlacht bei Crecy, der von Actium beigewohnt haben.«

      »Und warum dieß, mein Herr?«

      »Ah! weil Sie mir hätten einzelne nautische Umstände mittheilen können, die mir trotz der schönen Erzählung Plutarchs stets dunkel geblieben sind.«

      »Welche Umstände meinen Sie? es würde mich sehr glücklich machen, wenn ich Ihnen von einigem Nutzen sein könnte.«

      »Sie waren also dabei?«

      »Nein, ich war damals in Aegypten. Die Königin Cleopatra hatte mich beauftragt, die Bibliothek in Alexandria wieder herzustellen, eine Sache, die ich besser als irgend ein Anderer auszuführen vermochte, da ich die besten Schriftsteller des Alterthums persönlich gekannt hatte.«

      »Und Sie haben die Königin Cleopatra gesehen, Herr von Cagliostro?« rief Madame Dubarry.

      »Wie ich Sie sehe, Madame.«

      »War sie so hübsch, als man sagt?«

      »Frau Gräfin, Sie wissen, die Schönheit ist etwas Relatives. Eine reizende Königin in Aegypten, hätte Cleopatra in Paris nur eine liebenswürdige Grisette sein können.«

      »Sprechen Sie nicht schlimm von den Grisetten, Herr Graf.«

      »Gott behüte mich!«

      »Cleopatra war also…«

      »Klein, mager, lebhaft, geistreich, mit großen, mandelartig geschlitzten Augen, einer griechischen Nase, Perlzähnen, einer Hand wie die Ihrige, aber zu schwach, um das Scepter zu halten. Sehen Sie, hier ist ein Diamant, den sie mir geschenkt; sie hatte denselben von ihrem Bruder Ptolomäus erhalten und trug ihn am Daumen.«

      »Am Daumen?« rief Madame Dubarry.

      »Ja, das war eine ägyptische Mode, und ich kann ihn, wie Sie sehen, kaum an meinen kleinen Finger stecken.«

      Und er zog den Ring ab und reichte ihn Madame Dubarry.

      Es war ein herrlicher Diamant, der, so wunderbar war sein Wasser, so geschickt sein Schnitt, dreißig- bis vierzigtausend Franken werth sein mochte.

      Der Diamant machte die Runde um die Tafel und kam zu Cagliostro zurück, der ihn ruhig wieder an seinen Finger steckte.

      »Ah! ich sehe es wohl,« rief er, »Sie sind ungläubig; unselige Ungläubigkeit, die ich mein ganzes Leben zu bekämpfen hatte! Philipp von Valois wollte mir nicht glauben, als ich ihm sagte, er möge Eduard einen Rückzug öffnen; Cleopatra wollte mir nicht glauben, als ich ihr sagte, Antonius würde geschlagen werden. Die Trojaner wollten mir nicht glauben, als ich ihnen in Beziehung auf das hölzerne Pferd sagte: Cassandra ist inspirirt! höret auf Cassandra.«

      »Oh! das ist wunderbar!« rief Madame Dubarry, die sich vor Lachen krümmte, »ich habe in der That noch nie einen zugleich so ernsten und so belustigenden Mann gesehen, wie Sie.«

      »Ich versichere Sie,« sagte Cagliostro, sich verbeugend, »Jonathan war noch viel belustigender, als ich. Oh! der herrliche Geselle! Als er von Saul getödtet wurde, wäre ich aber auch beinahe darüber verrückt geworden.«

      »Wissen Sie, Graf,« sprach der Herzog von Richelieu, »wissen Sie, daß Sie, wenn Sie fortfahren, den armen Taverney verrückt machen werden, der eine solche Angst vor dem Tod hat, daß er Sie mit ganz bestürzten Augen anschaut, indem er Sie für unsterblich hält. Sprechen Sie aufrichtig: Sind Sie es, oder sind Sie es nicht?«

      »Unsterblich?«

      »Unsterblich.«

      »Ich weiß es nicht, doch was