Александр Дюма

Der Graf von Bragelonne


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d’Artagnan.«

      »Sire . . . Mitleid! mit einem König, von Seiten eines armen Soldaten!«

      »Ihr versteht mich nicht: Ihr wißt wohl, daß ich dessen bedurfte; Ihr wißt, daß ich nicht der Herr war: Ihr wißt, daß ich die Zukunft in Aussicht hatte: Ihr antwortetet mir aber, als ich von dieser Zukunft sprach: »»Meinen Abschied, auf der Stelle!««

      D’Artagnan biß sich auf den Schnurrbart und murmelte:

      »Das ist wahr.«

      »Ihr habt mir nicht geschmeichelt, als ich in der Noth war,« fügte Ludwig XIV. bei.

      »Sire,« sprach d’Artagnan, voll Adel das Haupt erhebend, »wenn ich Eurer Majestät nicht geschmeichelt habe, als sie arm war, so habe ich sie doch auch nicht verrathen; ich habe mein Blut umsonst vergossen; ich habe wie ein Hund vor der Thüre gewacht, während ich wohl wußte, daß man mir weder Brod noch Knochen zuwerfen würde. Ebenfalls arm, habe ich nichts verlangt als den Abschied, von dem Eure Majestät spricht.«

      »Ich weiß, daß Ihr ein braver Mann seid. Doch ich war ein junger Mensch, und Ihr mußtet mich schonen . . . Was hattet Ihr dem König vorzuwerfen? Daß er Karl II. ohne Beistand ließ? Sagen wir mehr, daß er Fräulein von Mancini nicht heirathete?«

      Während der König diese Worte sprach, heftete er einen tiefen Blick auf den Musketier.

      »Ah! ah!« dachte der Letztere, »er erinnert sich nicht nur, er erräth . . . Teufel!«

      »Euer Urtheil.« fuhr Ludwig XIV. fort, »betraf den König und betraf den Menschen . . . Aber Herr d’Artagnan, diese Schwäche, denn Ihr betrachtet das als eine Schwäche!«

      D’Artagnan antwortete nicht.

      »Ihr warft sie mir auch in Beziehung auf den verstorbenen Herrn Cardinal vor; der Herr Cardinal hat, indem er mich aufzog, unterstützte, allerdings sich selbst unterstützt, aber die Wohlthat bleibt am Ende immer eine Wohlthat . . . und hättet Ihr mich, wenn ich undankbar, selbstsüchtig gewesen wäre, mehr geliebt, hättet Ihr mir eher und besser gedient?«

      »Sire . . . «

      »Sprechen wir nicht mehr hiervon, mein Herr; es würde bei Euch zu viel Bedauern, bei mir zu viel Pein verursachen.«

      D’Artagnan war nicht überzeugt. Indem der junge König gegen ihn einen stolzen Ton annahm, beschleunigte er seine Angelegenheiten nicht.

      »Ihr habt seitdem überlegt?« sagte Ludwig XIV.

      »Was, Sire?« fragte d’Artagnan mit höflichem Ton.

      »Alles, was ich Euch sagte, mein Herr.«

      »Ja, Sire . . . allerdings.« »Und Ihr habt nur auf eine Gelegenheit gewartet, um auf Eure Worte zurückzukommen?«

      Sire . . . «

      »Ihr zögert, wie mir scheint . . . «

      »Ich begreife nicht ganz, was Eure Majestät zu sagen mir die Ehre erweist.«

      Ludwig faltete die Stirne.

      »Wollt mich entschuldigen, Sire; ich habe einen besonders dicken Schädel. Die Dinge dringen nur schwer ein; es ist wahr, wenn sie einmal eingegangen sind, bleiben sie darin.«

      »Ja, Ihr scheint mir Gedächtniß zu haben.«

      »Beinahe ebenso viel, als Eure Majestät.«

      »Dann gebt mir schnell eine Lösung . . . Meine Zeit ist kostbar . . . Was macht Ihr, seitdem Ihr den Abschied habt?«

      »Mein Glück, Sire.«

      »Das Wort ist hart, Herr d’Artagnan.«

      »Eure Majestät nimmt es sicherlich von der schlimmen Seite. Ich hege für den König nur die tiefste Ehrfurcht, und wäre ich unhöflich, was sich durch mein langes Leben in Feldlagern und in den Kasernen entschuldigen läßt, so steht Eure Majestät zu hoch über mir, um sich durch ein einem Soldaten unschuldig entschlüpftes Wort beleidigt zu fühlen.«

      »In der That, ich weiß, daß Ihr in England eine glänzende Handlung vollbracht habt, und ich bedaure nur, daß Ihr Eurem Versprechen ungetreu geworden seid.«

      »Ich?« rief d’Artagnan.

      »Allerdings . . . Ihr habt mir Euer Wort verpfändet, daß Ihr, meinen Dienst verlassend, keinem andern Fürsten mehr dienen werdet . . . Ihr habt aber für König Karl II. an der wunderbaren Entführung von Herrn Monk gearbeitet.«

      »Verzeiht, Sire, für mich.«

      »Das ist Euch gelungen?«

      »Wie den Kapitänen des fünfzehnten Jahrhunderts die Handstreiche und die Abenteuer.«

      »Was nennt Ihr ein Gelingen? ein Glück?«

      »Hunderttausend Thaler, Sire, die ich besitze: das ist in einer Woche das Dreisache von Allem, was ich in fünfzig Jahren an Geld gehabt habe.«

      »Die Summe ist hübsch . . . Doch Ihr seid, wie ich glaube, ehrgeizig?«

      »Sire, der vierte Theil kam mir als ein Schatz vor, und ich schwöre Euch, daß ich mein Vermögen nicht zu vermehren gedenke.«

      »Ah! Ihr gedenkt müßig zu bleiben?«

      »Ja, Sire.«

      »Den Degen niederzulegen?«

      »Das ist schon geschehen.«

      »Unmöglich, Herr d’Artagnan,« sprach Ludwig entschlossen.

      »Aber, Sire . . . «

      »Nun?«

      »Warum?«

      »Weil ich nicht will!«, sagte der junge Fürst mit so ernstem, so gebieterischem Ton, daß d’Artagnan eine Bewegung des Erstaunens, der Unruhe sogar machte.

      »Wird mir Eure Majestät ein Wort der Erwiederung erlauben?«

      »Sprecht.«

      »Diesen Entschluß faßte ich, als ich noch arm und entblößt war.«

      »Es mag sein. Hernach?«

      »Würde mich nun Eure Majestät heute, da ich mir durch meine Thätigkeit einen sichern Wohlstand erworben habe, meiner Freiheit berauben, so würde sie mich zum Mindesten verurtheilen, da ich das Meiste gewonnen habe.«

      »Mein Herr, wer hat Euch erlaubt, meine Absichten zu ergründen und mit mir zu rechnen?« sprach Ludwig beinahe mit zornigem Ton; »wer hat Euch gesagt, was ich thun werde, was Ihr selber thun werdet?«

      »Sire,« erwiederte ruhig der Musketier, »die Offenherzigkeit ist nach dem, was ich sehe, nicht mehr auf der Ordnung des Gesprächs, wie an dem Tag, wo wir uns in Blois erklärten.«

      »Nein, mein Herr, Alles hat sich verändert.«

      »Ich drücke Eurer Majestät hierüber meine aufrichtigen Glückwünsche aus, aber . . . «

      »Aber Ihr glaubt es nicht.«

      »Ich bin kein großer Staatsmann, doch ich habe meinen Blick für die Angelegenheiten; es fehlt mir nicht an Sicherheit; ich sehe aber die Dinge nicht ganz so an, wie Eure Majestät. Die Regierung von Mazarin ist zu Ende, doch die der Finanzmänner beginnt, Sie haben Geld. Eure Majestät muß nicht oft haben. Unter der Tatze dieser hungerigen Wölfe zu leben, ist hart für einen Mann, der auf Unabhängigkeit rechnet.«

      In diesem Augenblick kratzte Jemand an der Thüre des Cabinets; der König erhob stolz den Kopf und sprach:

      »Verzeiht, Herr d’Artagnan, es ist Herr Colbert, der mir einen Bericht erstatten will. Kommt herein, Herr Colbert.«

      D’Artagnan trat zurück. Colbert trat mit Papieren in der Hand ein und ging auf den König zu.

      Es bedarf nicht der Erwähnung, daß der Gascogner diese Gelegenheit, seinen seinen, scharfen Blick auf die neue Erscheinung, die sich ihm bot, anzuwenden nicht versäumte.

      »Man hat die Untersuchung vorgenommen?«

      »Ja,