mit gewaffneter Hand! . . . Denn Herr Fouquet hat im Ganzen Empörung mit gewaffneter Hand getrieben.
»Wenn der König Herrn Fouquet unbestimmt im Verdacht dumpfer Meuterei hat, so weiß ich, kann ich beweisen, daß Herr Fouquet das Blut der Unterthanen des Königs hat fließen lassen.
»Nun, während wir dies Alles wissen und es verschweige, sehen wir einmal, was will dieses Herz mehr, das so weich und empfänglich ist für ein gutes Benehmen von Herrn Fouquet, für einen Vorschuß von fünfzehntausend Livres, für einen Diamant von tausend Pistolen, für ein Lächeln, worin wenigstens ebenso viel Bitterkeit, als Wohlwollen lag? Ich rette ihm das Leben.
»Ich hoffe nun,« fuhr der Musketier fort, »dieses alberne Herz wird schweigen, und dann ist es völlig quitt mit Herrn Fouquet.
»Der König ist nun meine Sonne, und da also mein Herz mit Herrn Fouquet quitt ist, so nehme sich Jeder in Acht, dem es einfallen sollte, sich vor meine Sonne zu stellen. Vorwärts für Seine Majestät Ludwig XIV., vorwärts!«
Diese Betrachtungen waren die einzigen Hindernisse, welche den Gang von d’Artagnan verzögern konnten, denn sobald er damit zu Ende war, beschleunigte er den Marsch seines Rosses.
Aber so vollkommen auch das Pferd Zephyr sein mochte, so konnte es doch nicht immer gehen.
Am andern Tage nach der Abreise von Paris wurde es in Chartres bei einem alten Freund zurückgelassen, den sich d’Artagnan aus einem Gastwirth der Stadt gemacht hatte.
Von diesem Augenblick ritt der Musketier Postpferde.
In Folge dieser Art von Fortbewegung durchzog er rasch den Raum, welcher Chartres von Chateaubriand trennt.
In letzterer Stadt, welche noch weit genug von der Küste entfernt liegt, daß Niemand errieth, d’Artagnan begebe sich nach der See, weit genug von Paris, daß Niemand ahnete, er komme von hierher, verließ der Bote von Seiner Majestät Ludwig XIV., den d’Artagnan seine Sonne genannt hatte, ohne zu vermuthen, daß derjenige, welcher noch ein ziemlich armseliger Stern am Himmel des Königthums war, eines Tags aus diesem Gestirne sein Emblem machen würde, verließ der Bote von König Ludwig XlV., sagen wir, die Post und kaufte einen Klepper vom kläglichsten Aussehen, eines von den Thieren, das ein Reiterofficier aus Furcht, entehrt zu sein, zu wählen nie sich erlauben würde.
Abgesehen von der Haarfarbe, erinnerte d’Artagnan diese neue Erwerbung ungemein an das berüchtigte orangenfarbige Roß, mit welchem er, oder auf welchem er vielmehr in die Welt eingetreten war.
Es ist übrigens nicht zu vergessen, daß es von dem Augenblick, wo er dieses neue Roß bestieg, nicht mehr d’Artagnan war, welcher reiste, sondern ein guter Bursche, der einen eisengrauen Rock und kastanienfarbige Beinkleider trug, und die Mitte zwischen dem Priester und dem Lackei hielt; was ihn besonders dem Geistlichen näherte, war der Umstand, daß er auf seinen Schädel eine Plattmüße von abgetragenem Sammet und auf die Plattmütze einen großen schwarzen Hut gesetzt hatte; kein Degen mehr, nur ein mittelst einer Schnur an seinem Vorderarm hängender Stock, dem er als unerwarteten Beistand bei Gelegenheit einen guten, zehn Zoll langen, unter seinem Mantel verborgenen Dolch beizufügen gedachte.
Der in Chateaubriand erkaufte Klepper vervollständigte den Unterschied. Er hieß, oder d’Artagnan nannte ihn vielmehr Furet.
»Wenn ich aus Zephyr Furet gemacht habe, so muß ich aus meinem Namen irgend ein Diminutivum machen.« sagte d’Artagnan.
»Statt d’Artagnan werde ich ganz kurz Agnan sein; das ist eine Einräumung, die ich natürlich meinem grauen Kleide, meinem runden Hut und meiner abgetragenen Plattmütze zu verdanken habe.
Herr Agnan reiste ohne übertriebene Erschütterung auf Furet, der einen Paßgang hatte und mit diesem Paßgang doch ganz munter seine zwölf Meilen täglich machte, unterstützt von vier spindeldürren Beinen, deren Festigkeit und Sicherheit d’Artagnan, wohl geübt in der Kunst, unter dem dicken Pelz, der sie verbarg, erkannt und zu würdigen gewußt hatte.
Unterwegs machte sich der Reisende Bemerkungen, studirte er das ernste, kalte Land, durch das er zog, während er zugleich den glaubwürdigsten Vorwand dafür suchte, daß er nach Belle-Isle-en-Mer ging, um Alles zu sehen, ohne Verdacht zu erregen.
Auf diese Art konnte er sich überzeugen, wie die Sache immer wichtiger wurde, je mehr er sich dem Ziele seiner Reise näherte.
In diesem abgelegenen Lande, in dem alten Herzogthum Bretagne, das damals nicht französisch war, und es noch heute kaum ist, kannten die Völker den König von Frankreich nicht.
Sie kannten ihn nicht nur nicht, sondern sie wollten ihn nicht kennen.
Eine Thatsache, eine einzige, schwamm sichtbar für sie auf dem Strome der Politik oben an. Ihre ehemaligen Herzoge regierten nicht mehr, aber das war eine Leere. Nichts mehr. An der Stelle des souverainen Herzogs regierten unumschränkt die Grundherren der Gemeinden.
Und über diesen Grundherren Gott, der in der Bretagne nie vergessen worden ist.
Unter diesen Lehensherren von Schlössern und Kirchtürmen war der mächtigste, der reichste, und besonders der populärste Fouquet, der Grundherr von Belle-Isle.
Selbst im Lande, selbst im Angesicht dieser geheimntßvollen Insel, bestätigten die Legenden und Ueberlieferungen ihre Wunder.
Nicht Jeder kam dahin; die Insel, welche eine Ausdehnung von sechs Meilen in der Länge und sechs in der Breite hatte, war ein herrschaftliches Eigenthum, welches, da es von dem im Lande so sehr gefürchteten Namen Retz beschützt wurde, das Volk lange respectirt hatte.
Kurz, nachdem diese Herrschaft durch Karl IX. zu einem Marquisat erhoben worden, war Belle-Isle an Herrn Fouquet übergegangen.
Die Berühmtheit der Insel schrieb sich nicht von gestern her; ihr Name, oder vielmehr ihre Bezeichnung ging in das höchste Alter zurück; die Alten nannten sie Kallonese, zusammengesetzt aus zwei Worten, welche schöne Insel bedeuten.
Achtzehnhundert Jahre früher hatte sie also in einem andern Idiom denselben Namen geführt, den sie noch führt.
Es war daher an und für sich schon etwas, dieses Eigenthum des Herrn Oberintendanten, außer seiner Lage zehn Meilen von der Küste von Frankreich, welche dasselbe souverain in seiner Meereseinsamkeit machte, wie ein majestätisches Schiff, das die Rheden verachten und stolz seine Anker mitten im Ocean werfen würde.
D’Artagnan erfuhr dies Alles, ohne daß er im Geringsten den Anschein hatte, als erkundigte er sich: er erfuhr auch, das beste Mittel, Kundschaft einzuziehen, wäre, wenn er nach la Roche-Bernard, einer ziemlich wichtigen Stadt an der Mündung der Vilaine, ginge.
Vielleicht könnte er sich dort einschiffen. Wenn nicht, so würde er durch die Salzsümpfe reiten und sich nach Guérande oder Croisic begeben, um eine Gelegenheit zur Ueberfahrt nach Belle-Isle abzuwarten. Er hatte übrigens seit seinem Abgang von Chateaubriand bemerkt, nichts wäre Furet unter dem Antrieb von Herrn Agnan unmöglich, nichts Herrn Agnan unter der Initiative von Furet.
Er schickte sich also an, eine Kriechente und einen Fladen in einem Wirthshause von la Roche-Bernard zu Nacht zu speisen, und ließ aus dem Keller, um diese zwei bretagnischen Gerüchte zu befeuchten, einen Aepfelmost holen, den er einzig und allein beim Berühren mit dem Ende der Lippen als noch unendlich mehr bretagnisch erkannte.
XXV.
Wie d’Artagnan Bekanntschaft mit einem Dichter machte, der Buchdrucker geworden war, damit seine Verse gedruckt würden
Ehe sich d’Artagnan zu Tische setzte, zog er wie gewöhnlich seine Erkundigungen ein; doch es ist ein Axiom der Neugierde, daß jeder Mensch, der gut und auf eine Frucht tragende Weise fragen will, zuerst sich den Fragen darbieten muß.
D’Artagnan suchte also im Gasthause von la Roche-Bernard einen nützlichen Frager. Es befanden sich gerade in diesem Hause zwei Reisende, welche auch mit den Vorbereitungen zu ihrem Abendbrod oder sogar mit dem Abendbrod selbst beschäftigt waren. D’Artagnan hatte im Stall ihre Rosse und in der Wirthsstube ihre Reisegeräthe gesehen.
Der Eine reiste mit einem Lackei, wie eine ansehnliche Person; zwei Stuten aus dem Perche, schöne