Александр Дюма

Der Graf von Bragelonne


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daß sich nichts von Glanz bemerkbar machte.

      »Doch Ihr habt nicht die Absicht, sie in ein Kloster zu bringen oder zu Bürgerinnen zu machen?« entgegnete Monsieur.

      »Keines Wegs,« erwiederte der Cardinal, indem er seine italienische Aussprache so bezwang, daß sie von sanft und sammetartig, wie sie war, scharf und vibrirend wurde; »keines Wegs. Ich habe ganz einfach die Absicht, sie zu verheirathen, und zwar so gut, als nur immer möglich.«

      »Es wird nicht an Partien fehlen, Herr Cardinal,« sagte Monsieur mit der Treuherzigkeit eines Handelsmanns, der seinem Zunftgenossen Glück wünscht.

      »Ich hoffe, Monseigneur, um so mehr, als Gott ihnen zugleich die Anmuth, die Weisheit und die Schönheit gegeben hat.«

      Während dieses Gespräches vollendete, wie gesagt, Ludwig XlV., geführt von Madame, den Kreis der Vorstellungen.

      »Mademoiselle Arnoulx,« sagte die Prinzessin, Seiner Majestät eine große Blonde von zweiundzwanzig Jahren vorstellend, die man bei einem ländlichen Feste für eine Bäuerin im Sonntagsstaate hätte halten können, »Mademoiselle Arnoulx, die Tochter meiner Musiklehrerin.«

      Der König lächelte. Madame hatte nie vier Noten richtig auf der Violine oder auf dem Clavier hervorbringen können.

      »Mademoiselle Aure von Montalais,« fuhr Madame fort, »ein Mädchen von Stand und eine vortreffliche Dienerin.«

      Diesmal war es nicht mehr der König, der lachte, sondern es war die Vorgestellte, weil sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben von Madame, die sie gewöhnlich durchaus nicht verdarb, auf eine so ehrenvolle Weise bezeichnen hörte.

      Montalais, unsere alte Bekanntin, machte auch Seiner Majestät eine tiefe Verbeugung, und dies sowohl aus Ehrfurcht, als aus Noth , denn es handelte sich darum, gewisse Zusammenziehungen ihrer lachenden Lippen zu verbergen, welche der König wohl nicht ihrem wahren Beweggrund hätte zuschreiben können.

      Gerade in diesem Augenblick geschah es, daß der König das Wort hörte, das ihn beben machte.

      »Und die dritte heißt?« fragte Monsieur.

      »Marie, Monseigneur,« antwortete der Cardinal.

      Ohne Zweifel lag in diesem Wort eine Zauberkraft, denn der König bebte, wie gesagt, als er es hörte; er zog Madame gegen die Mitte des Kreises, als wollte er irgend eine vertrauliche Frage an sie richten, in Wirklichkeit aber, um sich dem Cardinal zu nähern, und sagte hier lachend und mit halber Stimme:

      »Frau Tante, mein Lehrer in der Geographie hat mich nicht davon unterrichtet, daß Blois so wunderbar weit von Paris entfernt ist.«

      »Wie so, mein Neffe?« fragte Madame.

      »Es scheint in der That, die Moden brauchen mehrere Jahre, um diesen Raum zu durchdringen. Seht doch die Fräulein an!«

      »Ich kenne sie.«

      »Einige sind hübsch.«

      »Sagt das nicht so laut, Herr Neffe, Ihr werdet sie verrückt machen.«

      »Wartet, wartet, meine liebe Tante,« erwiederte der König lächelnd, »der zweite Theil meines Satzes muß den ersten verbessern. Nun! meine liebe Tante, Einige scheinen alt und Andere scheinen häßlich zu sein durch ihre zehnjährigen Moden.«

      »Aber, Sire, Blois ist nur fünf Tagereisen von Paris entfernt.«

      »Ei!« sagte der König, »das ist es, zwei Jahre Aufenthalt im Tag.«

      »Ah! wahrhaftig, Ihr findet? Das ist seltsam, ich bemerke es nicht.«

      »Seht, meine Tante,« fuhr Ludwig XIV. fort, indem er sich immer mehr Mazarin näherte, unter dem Vorwand, seinen Gesichtspunkt zu wählen, »schaut neben diesem gealterten Plunder, neben diesen anmaßenden Frisuren dieses einfache weiße Kleid an. Es ist ohne Zweifel eines von den Ehrenfräulein meiner Mutter, obgleich ich es nicht kenne. Seht diese einfache Tournüre, diese anmuthige Haltung! Das lasse ich mir gefallen! das ist eine Frau, während alle die Andern nur Kleider sind.«

      »Mein lieber Neffe,« entgegnete Madame lachend, »diesmal hat Euch Eure Wahrsagekunst getäuscht. Die Person, welche Ihr so lobt, ist keine Pariserin, sondern eine Blaisoise.«

      »Ah! meine Tante!« rief der König mit einer Miene des Zweifels.

      »Nähert Euch, Louise,« sprach Madame.

      Und das Mädchen, das uns schon unter diesem Namen erschienen ist, näherte sich schüchtern, erröthend und beinahe gebeugt unter dem königlichen Blick.

      »Mademoiselle Louise Fransoise de la Beaume-Leblanc, Tochter des Marquis de La Vallière,« sprach Madame mit ceremoniösem Tone zum König.

      Und die Vorgestellte verbeugte sich mit so viel Anmuth unter der tiefen Schüchternheit, die ihr die Gegenwart des Königs einflößte, daß dieser, sie anschauend, einige Worte des Gesprächs von Monsieur und dem Cardinal verlor.

      »Stieftochter,« fuhr Madame fort, »von Herrn von Saint-Remy, der bei der Bereitung des vortrefflichen getrüffelten Truthahns, den Eure Majestät so sehr lobte, präsidirte.«

      Es gab keine Anmuth, keine Schönheit, keine Jugend, die einer solchen Vorstellung widerstehen konnte. Der König lächelte. Mochten die Worte von Madame ein Scherz oder eine Naivetät sein, es war jedenfalls die unbarmherzige Aufopferung Alles dessen, was Ludwig reizend und poetisch an dem Mädchen gefunden hatte.

      Fräulein de la Vallière war für Madame und durch den Gegenschlag für den König im Augenblick nur die Stieftochter eines Mannes, der ein erhabenes Talent für getrüffelte wälsche Hühner besaß.

      Doch die Fürsten sind einmal so beschaffen. Die Götter waren auch so im Olymp. Diana und Venus mußten wohl die schöne Alkmene und die arme Jo mißhandeln, wenn man sich aus Zerstreuung herabließ, zwischen Nektar und Ambrosia von den sterblichen Schönheiten bei der Tafel von Jupiter zu sprechen.

      Zum Glück War Louise so tief gebückt, daß sie die Worte von Madame nicht hörte, daß sie das Lächeln des Königs nicht sah. Wenn dieses arme Kind, das genug guten Geschmack besaß, um allein unter allen seinen Gefährtinnen auf den Einfall zu kommen, sich weiß zu kleiden, wenn dieses für alle Schmerzen so leicht Zugängliche Herz von den grausamen Worten von Madame, von dem selbstsüchtigen und kalten Lächeln des Königs berührt worden wäre, die Unglückliche würde auf der Stelle gestorben sein.

      Und Montalais selbst, das Mädchen mit den geistreichen Ideen, hätte es nicht versucht, sie zum Leben zurückzurufen, denn die Lächerlichkeit tödtet Alles, selbst die Schönheit.

      Doch Louise, der die Ohren summten, deren Augen verschleiert waren, hörte, wie gesagt, zum Glück nichts, sah nichts, und der König, dessen Aufmerksamkeit beständig auf die Unterhaltung des Cardinals mit seinem Oheim gerichtet war, beeilte sich, zu diesen zurückzukehren.

      Er kam gerade in dem Augenblick, wo Mazarin mit den Worten endigte:

      »Marie reist mit ihren Schwestern in dieser Stunde nach Brouage ab. Ich lasse sie dem User der Loire folgen, das dem entgegengesetzt ist, welchem wir folgen, und wenn ich ihre Reise gut berechne, so werden sie nach den Befehlen, die ich gegeben habe, morgen auf der Höhe voll Blois sein.«

      Diese Worte wurden mit dem Takt, der Maßhaltung, der Sicherheit rücksichtlich des Tons, der Absicht und des Gewichts gesprochen, welche del Signor Giulio Mazarini den ersten Komödianten der Welt machten.

      Folge hiervon war, daß sie gerade in das Herz von Ludwig XlV. trafen, und daß der Cardinal, als er sich auf das einfache Geräusch der Tritte Seiner Majestät, welche sich eben näherte, umwandte, auf dem Antlitz seines Zöglings die unmittelbare Wirkung wahrnahm, die eine einfache Röthe den Augen Seiner Eminenz verrieth. Was war es aber auch, ein so einfaches Geheimniß zu ergründen, für denjenigen, dessen Schlauheit seit zwanzig Jahren alle Diplomaten Europas überlistet hatte?

      Es schien von nun an, sobald er diese letzten Worte gehört, als hätte der König einen vergifteten Pfeil ins Herz bekommen. Er hielt es nicht mehr am Platze aus, er ließ einen unsichern, todten Blick auf dieser ganzen Versammlung umherschweifen. Er