Александр Дюма

Der Graf von Bragelonne


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schon geantwortet.«

      »Ja; aber Ihr habt etwas Unglaubliches geantwortet.«

      »Es ist dennoch wahr, meine Herren. Die Leute meines Standes lügen gewöhnlich nicht. Ich bin Edelmann, wie ich Euch schon bemerkte, und wenn ich den Degen an meiner Seite habe, den ich gestern aus einem Uebermaß von Zartgefühl auf dem Tische ließ, wo er noch liegt, so wird mir, glaubt mir, Keiner Dinge sagen, die ich nicht hören will. Heute bin ich entwaffnet; wenn Ihr meine Richter zu sein Euch anmaßt, so richtet mich; wenn Ihr nur meine Henker seid, so tödtet mich!«

      »Aber, mein Herr? . . . « fragte mit höflicherem Tone der Lieutenant, berührt von der Größe und Kaltblütigkeit von Athos.

      »Mein Herr, ich kam hierher, um mit Eurem General im Vertrauen über wichtige Angelegenheiten zu sprechen. Es war kein gewöhnlicher Empfang, der Empfang, den er mir zu Theil werden ließ. Die Berichte Eurer Soldaten können Euch hiervon überzeugen. Wenn er mich so empfing, so wußte der General, welche Ansprüche ich auf Ächtung zu machen habe. Ich denke, Ihr nehmt nun nicht an, ich werde Euch meine Geheimnisse oder gar die seinigen offenbaren.«

      »Aber was enthielten denn die Tonnen?«

      »Habt Ihr diese Frage nicht an Eure Soldaten gerichtet? Was haben sie Euch geantwortet?«

      »Sie enthalten Pulver und Blei.«

      »Von wem erhielten sie diese Kunde? sie mußten Euch das sagen.«

      »Vom General; doch wir lassen uns nicht bethören.«

      »Nehmt Euch in Acht, mein Herr, ich bin es nicht mehr, den Ihr Lügen straft, sondern Euer Chef.«

      Die Officiere schauten sich abermals an; Athos fuhr fort:

      »Vor Euren Soldaten hat mir der General gesagt, ich möge acht Tag warten, in acht Tagen würde er mir die Antwort geben, die er mir zu ertheilen habe. Bin ich entflohen? Nein, ich warte.«

      »Er hat Euch acht Tage warten heißen!« rief der Lieutenant.

      »Mein Herr, ich habe ein Sloop in der Mündung des Flusses vor Anker, ich konnte es gestern ohne die geringste Schwierigkeit erreichen und mich einschiffen. Bin ich aber geblieben, so geschah dies einzig und allein, um den Wünschen des Generals zu entsprechen, da mich Seine Herrlichkeit ersuchte, nicht ohne eine letzte Audienz abzureisen, deren Zeitpunkt sie selbst auf acht Tage feststellte. Ich wiederhole Euch also, daß ich warte,«

      Der Lieutenant wandte sich gegen die zwei andern Officiere um und sagte mit leiser Stimme:

      »Wenn dieser die Wahrheit spricht, so wäre noch Hoffnung vorhanden. Der General hätte so geheime Unterhandlungen pflegen müssen, daß er es sogar für unklug gehalten haben würde, uns davon in Kenntniß zu setzen. Seine Abwesenheit würde sodann acht Tag dauern.«

      Dann sich an Athos wendend, sprach er:, »Mein Herr, Eure Erklärung ist von der höchsten Wichtigkeit, wollt Ihr sie unter dem Siegel des Schwurs wiederholen?«

      »Mein Herr,« antwortete Athos, »ich habe immer in einer Welt gelebt, in der man mein einfaches Wort als den heiligsten der Schwüre betrachtete.«

      »Diesmal jedoch, mein Herr, sind die Verhältnisse ernster als alle diejenigen, in denen Ihr Euch je befunden haben möget. Es handelt sich um das Heil einer ganzen Armee. Bedenkt es wohl. Der General ist verschwunden und wir forschen nach ihm. Ist das Verschwinden natürlich? Ist ein Verbrechen begangen worden? Müssen wir unsere Nachforschungen bis auf’s Aeußerste treiben? Sollen wir In Geduld warten? In diesem Augenblick, mein Herr, hängt Alles von dem Wort ab, das Ihr aussprechen werdet.«

      »So befragt zögere ich nicht,« erwiederte Athos; »ja, ich hatte eine vertrauliche Unterredung mit dem General und bat ihn um eine Antwort über gewisse Interessen; ja, der General, der sich ohne Zweifel nicht vor der Schlacht, die man erwartet, aussprechen konnte, bat mich, noch acht Tage in dem Hause zu warten, das ich bewohne, und versprach mir zugleich, ich würde ihn in acht Tagen wiedersehen. Ja, dies Alles ist wahr, und ich schwöre es bei Gott, der der unumschränkte Herr meines Lebens und des Eurigen ist.«

      Athos sprach diese Worte mit so viel Größe und mit solcher Feierlichkeit, daß die drei Officiere beinahe überzeugt waren. Einer von den Obersten wollte indessen noch einen Versuch machen und sagte:

      »Mein Herr, obgleich wir nun von dem, was Ihr behauptet, überzeugt sind, liegt doch in dem Allem ein seltsames Geheimniß. Der General ist ein zu kluger Mann, um so sein Heer am Vorabend einer Schlacht zu verlassen, ohne wenigstens einen von uns davon in Kenntniß zu setzen. Ich, was mich betrifft, kann nichts Anderes glauben, als daß ein seltsames Ereigniß die Ursache dieses Verschwindens ist. Gestern sind fremde Fischer hierhergekommen, um ihre Fische zu verkaufen; man quartierte sie dort unten bei den Schottländern ein, nämlich am Wege, dem der General folgte, um mit dem Herrn in die Abtei zu gehen und von dort zurückzukehren. Einer dieser Fischer hat den General mit einer Laterne begleitet . . . und diesen Morgen waren Barke und Fischer von der Fluth fortgetragen verschwunden.«

      »Ich,« versetzte der Lieutenant, »ich sehe darin nichts, was nicht natürlich wäre, denn diese Leute waren keine Gefangenen.«

      »Nein; aber ich wiederhole, einer von ihnen hat dem General und dem Herrn in dem Gewölbe der Abtei geleuchtet, und Digby versichert uns, der General habe schlimmen Verdacht über diese Leute gehabt. Wer sagt uns aber, daß diese Fischer nicht mit dem Herrn einverstanden waren, und nachdem der Streich ausgeführt, sei dieser Herr, der sicherlich muthig ist, nicht geblieben, um uns durch seine Gegenwart zu beruhigen und es zu verhindern, daß unsere Nachforschungen die geeignete Richtung nehmen?«

      Diese Rede machte Eindruck auf die zwei andern Officiere.

      »Mein Herr,« sprach Athos, »erlaubt mir, Euch zu bemerken, daß es Eurem scheinbar sehr richtigen Urtheil doch in dem, was mich betrifft, an Haltbarkeit fehlt. Ihr sagt, ich sei geblieben, um den Verdacht abzuwenden; der Verdacht regt sich im Gegentheil in mir, wie in Euch, und ich sage Euch: Es ist nicht möglich, meine Herren, daß sich der General am Vorabend einer Schlacht wegbegeben hat, ohne irgend Jemand davon in Kenntniß zu setzen. Ja, bei dem Allem waltet ein seltsames Ereigniß ob; ja, statt müßig zu bleiben und zu warten, müßt Ihr jede Wachsamkeit, jede mögliche Thätigkeit entwickeln. Ich bin Euer Gefangener, meine Herren, auf mein Wort oder auf eine andere Weise. Meine Ehre ist dabei betheiligt, daß man erfährt, was aus dem General Monk geworden ist, so daß ich, wenn Ihr zu mir sagtet: Geht, antworten würde: Nein, ich bleibe, – und daß ich, wenn Ihr mich um meine Meinung fragtet, beifügen müßte: Ja, der General ist das Opfer irgend einer Verschwörung, denn wenn er das Lager hätte verlassen müssen, so würde er es gesagt haben. Sucht also, forscht, durchwühlt die Erde, durchwühlt das Meer; der General ist nicht weggegangen, oder wenigstens nicht mit seinem eigenen Willen weggegangen.«

      Der Lieutenant machte den anderen Officieren ein Zeichen.

      »Nein, mein Herr,« sagte er, »nein, Ihr geht Eurerseits zu weit. Der General hat nichts von den Ereignissen zu erleiden, und er ist es ohne Zweifel im Gegentheil, der sie lenkt. Was Monk zu dieser Stunde thut, hat er schon oft gethan. Wir haben also Unrecht, uns zu beunruhigen; seine Abwesenheit wird ohne Zweifel von kurzer Dauer sein. Wir werden uns auch wohl hüten, in einer Kleinmüthigkeit, die uns der General zum Verbrechen machen würde, seine Abwesenheit, welche die Armee demoralisiren könnte, ruchbar werden zu lassen. Der General gibt uns einen ungeheuren Beweis seines Vertrauens; zeigen wir uns desselben würdig. Meine Herren, das tiefste Stillschweigen bedecke dies Alles mit einem undurchdringlichen Schleier; wir behalten den Herrn nicht wegen eines Argwohns gegen ihn hinsichtlich des Verbrechens, sondern um auf eine wirksamere Weise das Geheimniß der Abwesenheit des Generals, das wir unter uns verschließen, zu sichern; bis auf neuen Befehl wird der Herr auch im Generalquartier wohnen.«

      »Meine Herren,« entgegnete Athos, »Ihr vergeßt, daß mir der General in dieser Nacht ein Gut anvertraut hat, das ich hüten muß. Gebt mir jede Bewachung, die Euch beliebt, fesselt mich, wenn Ihr wollt, doch laßt mir das Haus, das ich bewohne, als Gefängnis. Ich schwöre Euch bei meinem adeligen Ehrenwort, der General würde es Euch bei seiner Rückkehr zum Vorwurf machen, daß Ihr ihm hierin mißfallen habet.«

      Die Officiere beriethen sich einen Augenblick; nach dieser Berathung sagte der Lieutenant:

      »Es