Александр Дюма

Der Graf von Monte Christo


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habe gefunden, was Sie suchten,« sagte er zu dem Greise.

      Farin bebte.

      »Sie?« sprach er, indem er den.Kopf mit einer Miene empor richtete, welche andeutetet daß, wenn Dantes die Wahrheit sprach, die Entmutigung seines Gefährten nicht von langer Dauer sein sollte; »lassen Sie hören, was haben Sie gefunden?«

      »Die Flur, welche Sie durchgraben haben, um von Ihnen aus hierher zu kommen, läuft in derselben Richtung, wie die äußere Galerie, nicht wahr.«

      »Ja.«

      »Sie kann nur etwa fünfzehn Schritte davon entfernt sein.«

      »Höchstens.«

      Nun, wir graben gegen die Mitte der Flur einen Weg, welcher gleichsam den Zweig eines Kreuzes bildet; diesmal nehmen Sie Ihre Maßregeln besser. Wir münden nach der äußern Galerie aus. Wir töten die Wache und entfliehen. Damit dieser Plan gelinge, bedarf es nur des Mutes, und Mut haben Sie; es bedarf nur der Stärke, und daran fehlt es mir nicht. Ich spreche nicht von der Geduld, Sie haben Proben davon abgelegt, und ich werde die meinigen auch ablegen.«

      »Einen Augenblick,« antwortete der Abbé, »Sie wußten nicht, mein lieber Gefährte, von welcher Art mein Mut ist, und wie ich meine Kraft anzuwenden gedenke. Was die Geduld betrifft, so glaube ich allerdings geduldig genug gewesen zu sein, indem ich jeden Morgen die Aufgabe der Nacht, und jede Nacht die Aufgabe des Tages wieder anfing. Aber hören Sie wohl, junger Mann, es kam mir vor, als diente ich Gott, indem ich eines von seinen Geschöpfen befreite, das, insofern es unschuldig war, nicht hatte verdammt werden können.«

      »Nun?« fragte Dantes, »steht die Sache nicht auf demselben Punkte, und haben Sie sich als schuldig erkannt, seitdem Sie mich trafen?«

      »Nein, aber ich will es nicht werden. Bis jetzt glaubte ich es nur mit den Dingen zu tun zu haben; bei denn was Sie mir vorschlagen, hatte ich es mit den Menschen zu tun. Ich habe eine Mauer durchbohrt und eine Treppe zerstört; aber ich werde nicht eine Brust durchbohren und ein Dasein zerstören.«

      Dantes machte eine leichte Bewegung des Erstaunens.

      »Wie,« sagte er. »da Sie frei werden können, lassen Sie sich durch eine solche Bedenklichkeit zurückhalten?«

      »Warum haben Sie nicht selbst eines Abends Ihren Kerkermeister mit dem Fuße Ihres Tisches totgeschlagen und dann seine Kleider angezogen, und sind damit entflohen?« entgegnete Faria.

      »Weil mir dieser Gedanken nicht gekommen ist.« sprach Dantes.

      »Weil Sie einen so starken instinktmäßigen Abscheu vor einem solchen Verbrechen hatten, weil Sie einen solchen Abscheu hatten, daß Sie nicht einmal daran dachten.« versetzte der Greis; »denn bei einfachen und erlaubten Dingen belehrt uns unser natürliches Gelüste, daß wir nicht von der Linie unseres Rechtes abgehen. Der Tiger, der Blut in einem Naturtriebe vergießt, dessen Bestimmung dies gleichsam ist, bedarf nur eines Umstandes: sein Geruchsinn muß ihn belehren, daß er Beute in seinem Bereiche finden kann, sogleich springt er nach dieser Beute, fällt über sie her und zerfleischt sie. Es ist sein Instinkt und er gehorcht demselben. Der Mensch hat im Gegenteil einen Widerwillen gegen das Blut. Es sind nicht die gesellschaftlichen Gesetze, welche dem Morde widersprechen, es sind die natürlichen Gesetze.«

      Dantes blieb ganz verblüfft, es war dies wirklich die Erklärung dessen, was, ohne daß er das Bewußtsein davon hatte, in feinem Geiste oder vielmehr in seinem Gemüthe vorgegangen war, denn es gibt Gedanken. welche vom.Kopfe kommen und andere, welche vom Herzen kommen.

      »Und dann.« fuhr Faria fort. »seit den zwölf Jahren, welche ich im Gefängnisse bin, habe ich in meinem Innern alle berühmten Entweichungen durchgangen; gewaltsame Entweichungen sah ich aber nur selten gelingen. Die glücklichen Entweichungen, die mit einem gänzlichen Erfolge gekrönten Entweichungen sind die sorgfältig überdachten und langsam vorbereiteten. So entkam der Herzog von Beaufort aus dem Schlosse Vincennes, der Abbé Duhuquoi aus dem Fort l’Eveque und Latude aus der Bastille. Es gibt noch andere, welche der Zufall bieten kann, und diese sind die besten. Glauben Sie mir, wir wollen auf eine Gelegenheit warten, und wenn sich eine solche Gelegenheit bietet, sie benützen.«

      »Sie konnten warten,« sprach Dantes seufzend. »diese lange Arbeit gab Ihnen jeden Augenblick Beschäftigung, und hatten Sie nicht Ihre Arbeit, um sich zu zerstreuen, so hatten Sie Ihre Hoffnung zum Troste.«

      »Ich beschäftigte mich nicht allein mit diesem,« entgegnete der Abbé.

      »Was thaten Sie sonst?«

      »Ich schrieb oder studierte.«

      »Man gab Ihnen also Papier, Feder und Tinte.«

      »Nein,« sagte der Abbé. »aber ich mache mir.«

      »Sie machen sich Papier, Federn und Tinte!« rief Dantes.

      »Ja!«

      Dantes schaute diesen Mann mit Bewunderung an; nur hatte er Mühe. an das zu glauben. was er ihm sagte, Farin bemerkte seinen leichten Zweifel.

      »Wenn Sie zu mir kommen.« sprach er. »werde ich Ihnen ein vollständiges Werk zeigen, das Resultat von Gedanken, von Nachforschungen, und Betrachtungen meines ganzen Lebens, die ich im Schatten des Colisseum in Rom, am Flusse der Sanct-Marcus-Säule in Venedig, an den Ufern des Arno in Florenz angestellt habe, ohne daß ich vermutete, meine Kerkermeister würden mir einst die Muße lassen, meine Gedanken zwischen den vier Mauern des Castells If auszuführen. Es ist eine Abhandlung über die Möglichkeit einer allgemeinen Monarchie in Italien, und wird einen Band in Quart geben.«

      »Und Sie haben dies bereits geschrieben?«

      »Auf zwei Hemden. Ich habe eine Vorbereitung erfunden, welche das Weißzeug glatt und eben macht wie Pergament.«

      »Sie sind also Chemiker?«

      »Ein wenig. Ich habe Lavoisier kennen gelernt und stand mit Cabanis in Verbindung.«

      »Doch zu einem solchen Werke mußten Sie geschichtliche Forschungen machen. Sie besaßen also Bücher?«

      »In Rom hatte ich in meiner Bibliothek ungefähr fünftausend Bände. Dadurch, daß ich dieselben las und wieder las, entdeckte ich, daß man mit hundert und fünfzig gut ausgewählten Werken, wenn nicht den Gesamtinhalt aller menschlichen Kenntnisse, doch wenigstens das besitzt, was einem Menschen zu wissen frommt. Ich habe drei Jahre dazu verwendet, um diese hundert und fünfzig Bände zu lesen und wieder zu lesen, und wußte sie so beinahe auswendig, als man mich verhaftete. In meinem Gefängnis erinnerte ich mich derselben mit einer leichten Anstrengung des Gedächtnisses. Ich könnte Ihnen Thuchdides, Xenophon, Livius, Tacitus, Strada, Jornandes, Dante, Montaigne, Shakespeare, Spinoza, Macchiavell und Boffuet auswendig hersagen. Ich nenne Ihnen hier nur die wichtigsten.«

      »Sie verstehen also mehrere Sprachen?«

      »Ich spreche fünf lebende Sprachen: Deutsch. Französisch, Italtenisch, Englisch und Spanisch. Mit Hilfe des Altgriechischen verstehe ich das Neugriechische; ich spreche es nur schlecht, studiere es aber in diesem Augenblick.«

      »Sie studieren es?« fragte Dantes.

      »Ja, ich habe mir ein Vocabularium aus den Wörtern gemacht, die ich weiß, ja, habe sie geordnet, zusammengesetzt, gedreht und wieder umgedreht. so daß sie mir genügen, um meine Gedanken auszudrücken. Ich weiß ungefähr taufend Wörter; mehr brauche ich im Ganzen nicht, obgleich es, wie ich glaube, hunderttausend in den Wörterbüchern gibt. Nur werde ich nicht beredt sein; aber ich werde mich völlig verständlich zu machen wissen, und das ist hinreichend.«

      Immer mehr erstaunt, fing Edmond an, die Fähigkeiten dieses seltsamen Mannes beinahe für übernatürlich zu halten. Er wollte in irgend einem Punkte einen Mangel bei ihm finden, und fuhr fort:

      »Aber wenn man Ihnen keine Federn gegeben hat, womit konnten Sie eine so umfangreiche Abhandlung schreiben?«

      »Ich habe mir vortreffliche gemach, man zöge sie den gewöhnlichen Federn vor, wenn man den Stoff kennen würde, Sie bestehen aus den Knorpeln der Köpfe der ungeheuren Merlane, die man uns an Fasttagen zu essen gibt. So sehe ich immer mit Vergnügen den Mittwochen, den Freitagen und den Samstagen entgegen, weil sie mir die Hoffnung geben, meinen