Александр Дюма

Die Mohicaner von Paris


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kommt es nun, mein Kind, daß Du Dich hier befindest?«

      »Weil die Diligence zu spät angekommen ist, wie man gesagt hat. – so daß Jedermann in der Vorstadt über Nacht blieb. Da sah ich die Barrière, ich dachte es müssen Felder in der Nähe sein, suchte und fand dieses.«

      »Somit warst Du hier in Erwartung des Morgens, um Dich zu der Person zu begeben, der Du empfohlen bist?«

      »Ist Will Herr, so ist es: ich wollte den Tag erwartend wachen, doch ich bin zwei Nächte in kein Bett gekommen: ich war müde, streckte mich unwillkürlich auf der Erde aus, und sobald ich lag, entschlief ich.«

      »Du hast keine Angst, daß Du so in freier Luft liegst?«

      »Wovor soll ich Angst haben? fragte das Mädchen mit dem stolzen Vertrauen der Blinden und der Kinder, die, da sie nichts sehen, nichts zu fürchten vermöchten.

      »Aber,« versetzte Herr Müller, erstaunt über den offenen Verstand, mit dem alle diese Antworten gegeben wurden, »fürchtest Du nicht wenigstens die Feuchtigkeit, die Kälte?«

      »Oh!« erwiderte sie, »schlafen die Bügel und die Blumen nicht in den Feldern?«

      So viel naive Vernunft in einem Kinde von diesem Alter, so viel Anmuth, so viel Elend bewegten tief das Herz der zwei Freunde.

      Es war die Vorsehung selbst, welche dieses Kind hierher gebracht, um Justin dadurch zu trösten, daß sie ihm zeigte, es gebe unter dem gestirnten Himmelsgewölbe Geschöpfe, welche noch mehr enterbt als er.

      Sie brauchten nicht mit einander zu berathen, um über den Entschluß, der zu fassen wäre, überein zu kommen; Beide boten gleichzeitig der Kleinen an, sie mitzunehmen.

      Doch sie schlug es aus.

      »Ich danke! meine guten Herren,« sagte sie, »nicht für Sie habe ich einen Brief.«

      »Gleichviel,« versetzte Justin,»komm immerhin bis morgen, und morgen wirst Du, wenn Du willst, zum Bruder Deiner Amme gehen.«

      Und der junge Mann bot zu gleicher Zelt die Hand der Waise, um ihr über den Graben springen zu helfen.

      Doch sie weigerte sich aufs Neue und sagte. indem sie nach dem Monde, dieser Uhr der Armen schaute:

      »Es ist ungefähr Mitternacht, der Tag wird in drei Stunden kommen; es ist nicht der Mühe werth, daß ich Sie belästige.«

      »Ich versichere Dich, daß Du uns nicht belästigst.« versetzte Justin, der immer die Hand gegen sie ausgestreckt hielt.

      »Und dann, fügte der Professor bei, »wenn eine Abtheilung Gendarmen vorbeikäme, würdest Du verhaftet.«

      »Warum sollte man mich verhaften?« entgegnete das Mädchen mit der Logik der Kindheit, welche oft die geschicktesten Advokaten in Verlegenheit setzt. »Ich habe Niemand etwas Böses gethan.«

      »Man würde Dich verhaften, mein Kind,« sagte Justin, »weil man Dich für eines von den schlimmen Kindern halten könnte, die man Vagabunden nennt und bei Nacht verhaftet . . . Komm also!«

      Justin hatte aber nicht nötig: »Komm also!« zu sagen. Sobald sie das Wort Vagabund hörte, sprang die Kleine über den Graben, Faltete die Hände und sprach mit flehender Stimme:

      »Oh! nehmen Sie mich mit, meine guten Herren! nehmen Sie mich mit!«

      »Gewiß, mein schönes Kind, nehmen wir Dich mit,« erwiderte der Professor; »gewiß nehmen wir Dich mit.«

      »Wohl! wohl!« rief Justin. »So komm geschwinde; ich will Dich zu meiner Mutter und zu meiner Schwester führen; sie sind Beide sehr gut; sie werden Dir Abendbrod geben und Dich dann in ein warmes Bett legen. Du hast vielleicht lange nicht gegessen??

      »Ich habe seit heute Morgen nicht gegessen.«

      »Ach! die arme Kleine!« rief mit eben so viel Entsetzen als Liebfreundlichkeit der Professor, dessen vier Mahle täglich mathematisch geregelt waren.

      Die Kleine täuschte sich im Sinne des zugleich egoistischen und mitleidigen Ausrufs des guten Müller; sie glaubte, man klage den Pfarrer; der sie in die Diligence gebracht, an, daß er es ihr an Proviant habe fehlen lassen; sie beeilte sich daher, ihn zu rechtfertigen, und sagte:

      »Oh! das ist meine Schuld; ich hatte Brod und Kirschen, doch das Herz war mir so schwer, daß ich nicht essen konnte. Und sehen Sie,« fügte sie bei, indem sie ein in ihrer Nähe im Getreide verborgenes Körbchen, in welchem sich wirklich ein wenig verwelkte Kirschen und ein wenig ausgetrocknetes Brod fanden, an sich zog, »hier ist der Beweis.«

      »Du mußt zu müde sein, um gehen zu können,« sprach Justin zu dem Kinde. »ich will Dich tragen.«

      »Oh! nein,« erwiderte muthig die Kleine, »ich würde noch eine Meile zu Fuße machen«

      Die zwei Freunde wollten es nicht glauben, und trotz der wiederholten Weigerungen des Kindes streckten sie ihre Arme kreuzweise gelegt aus, verketteten sich durch die Hände, und nachdem die Kleine jeden ihrer Arme um den Hals von einem der Freunde geschlungen hatte, hoben sie sie bis zur Höhe ihres Gürtels auf und schickten sich an, sie auf diesem Palankin von Menschenfleisch wegzutragen, den die Kinder mit dem ausdrucksvollen Namen Kette des guten Gottes bezeichnen.

      Doch in dem Augenblick, wo sie sich auf den Weg begeben wollten, hielt sie die Kleine zurück.

      »Mein Gott,« sagte sie. »ich habe also den Kopf verloren?«

      »Was gibt es, mein Kind?« fragte mit Theilnahme Justin.

      »Ich habe den Brief unseres Pfarrers vergessen.«

      »Wo ist er?«

      »In meinem Päckchen.«

      »Und wo ist Dein Päckchen?«

      »Dort, im Getreide, beidem Platze, wo ich mit meinem Kornblumenkranze lag.«

      Und sie entschlüpfte ihren Armen, sprang über den Graben, ergriff ihr in eine Serviette gewickeltes Päckchen und ihren Blumenkranz, setzte mit einer außerordentlichen Behendigkeit abermals über den Graben, und nahm wieder ihren Platz auf den Händen der zwei Freunde, die sich alsbald nach der Barrière wandten, welche man auf zwei bis dreihundert Schritte erblickte.

       XVIII

      Ο άγγελος

      Die Art, wie die kleine Waise ihr Päckchen hielt beengte im Athmen den alten Professor, an dessen Brust sie es drückte.«

      Er hieß sie das Päckchen an das Knopfloch seines Ueberrocks hängen.

      Es blieben noch das Kirschenkörbchen und der Kornblumenkranz, den die Arme geflochten hatte in Erwartung des Tags, welchen zu erwarten der Schlaf ihr jedoch nicht die Zeit gegeben.

      Sie behielt ihn ohne Zweifel instinktartig als das blühende Andenken an ihre erste Stunde der Einsamkeit in dieser Welt.

      Justin verstand es wenigstens so; denn in dem Augenblick, wo die Kleine, wahrnehmend, daß die Blumen ihres Kranzes die Wange des jungen Mannes streiften, eine Bewegung machte, um ihn wegzuwerfen, wobei sie immer ihre Gefährten anschaute, als wollte sie dieselben um Rath fragen, – nahm Justin, dessen Hände beschäftigt waren, den Kranz zwischen seine Zähne, setzte ihn dem hübschen Mädchen auf den Kopf und ging weiter.

      Sie war reizend so, die arme Kleine! die schwarzen Kleider der zwei Freunde hoben bewunderungswürdig die Weiße ihres Röckchens und die himmlische Reinheit ihres Gesichtes hervor; ihre Stirne besondere schien, vom Monde beleuchtet, zu strahlen wie die eines himmlischen Geschöpfes.

      Man hätte glauben sollen, es sei die junge Schwester einer Druidin, welche im Triumphe nach dem heiligen Walde getragen werde.

      Einen Augenblick unterbrochen. nahm das Gespräch wieder seinen Gang. Justin konnte nicht müde werden, den harmonischen Stimmton des Kindes zu hören.

      Er fing also wieder an zu fragen.

      »Und was ist das Gewerbe des Bruders Deiner Amme?« fragte er.

      »Er ist Wagner«.

      »Wagner?« wiederholte Justin mit der Miene