Александр Дюма

Die Mohicaner von Paris


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stand auf; sie war schlank, biegsam wie eine Palme; sie nahm das Kartenspiel aus der Schublade einer in einer Ecke stehenden Truhe und reichte es der Alten mit ihren kleinen, magern, spitzig zulaufenden, aber weißen Händen, woran Nägel so sorgfältig gepflegt als die einer Modedame, sichtbar waren.

      Troß der Gewohnheit, solche cabbalistische Experimente zu sehen, die er ohne Zweifel schon oft beobachtet hatte, näherte sich Babolin der Alten, kauerte sich mit gekreuzten Beinen auf den Boden und schickte sich an, mit einer naiven Bewunderung bei der Zauberscene, welche vor sich gehen sollte, zuzuschauen.

      Die Brocante zog ein großes tannenes Brett, in Form eines Hufeisens, vor und legte es auf ihren Schooß.

      »Rufe Phares,« sagte sie zu dem Mädchen, indem sie mit einer Bewegung des Kopfes den auf dem Balken sitzenden Vogel bezeichnete, welcher auf diesen einem der drei cabbalistischen Worte vom Balthasarsmahl entlehnten Namen antwortete.

      Die Krähe hatte mit den Flügeln zu schlagen aufgehört und wartete, wie es schien, aus den Augenblick, ihre Rolle in der Scene, die sich vorbereitete, zu spielen.

      »Phares!« sang das Mädchen, das diesem Rufe die ganze Sanftheit seiner Stimme gab.

      Die Kräbe sprang vom Balken auf die rechte Schulter von Rose-de-Noël, diese hockte sich vor der Alten nieder und neigte ein wenig auf ihre Seite die Schulter, auf der der Vogel saß.

      Da gab die Brocante eine seltsame Note von sich, welche halb auf der Kehle, halb von den Lippen kam, und zugleich etwas vom Rufe und vom Pfiffe hatte.

      Bei diesem durchdringenden Tone sprangen die zwölf Hunde mit einem einzigen Satze und sich an einander stoßend aus ihrem Korbe und nahmen, als ächte gelehrte Hunde, was sie waren, ihren Platz rechts und links von der Zauberin, setzten sich auf ihr Hintertheil mit dem Ernste von Doktoren, welche bereit sind, eine theologische Diskussion in Angriff zu nehmen, und bildeten um den Tisch einen vollkommenen Kreis, in dessen Mitte sich die Brocante befand.

      Als die, scheinbar notwendigen, Vorbereitungen von Seiten der Hunde, welche während dieses ganzen Manoeuvre klägliche Schreie ausstießen, vollendet waren,-trat wieder die Stille ein.

      Die Brocante schaute nach und nach den Vogel und die Hunde an, und als diese Revue passiert war, sprach sie mit feierlichem Tone Sylben entlehnt einer fremden, Ihr selbst vielleicht unbekannten Sprache, welche Araber für Französisch hätten halten können, Franzosen aber sicherlich nicht würden für Arabisch gehalten haben.

      Wir wissen nicht, ob Babolin, Rose-de-Noël und Justin den Sinn dieser Worte verstanden; versichern können wir jedoch, daß er von den zwölf Hundert und von der Krähe begriffen wurde, urtheilen wir nach dem gleichen rhythmischen Kläffen der Hunde und dem durchdringenden Geschrei des Vogels, das selbst der heiseren Note nachgeahmt war, welche die Alte ausgestoßen, um ihre Meute zu rufen.

      Als sodann das Gekläffe beendigt war und das Geschrei des Vogels erloschen, legten sich die Hunde nieder, welche bis dahin ehrerbietig und einander melancholisch aufschauend auf ihrem Hintertheile gesessen hatten.

      Die Krähe aber sprang von der Schulter von Rose-de-Noël auf den Kopf der Alten und klammerte sich daran an, indem sie ihre Klauen in die Haare der Brocante eindrückte.

      Das Gemälde würde sich nun einem Genremaler also dargestellt haben:

      Der Speicher düster, nur durchfurcht von einigen Lichtstreifen, welche mit großer Mühe durch die spärlichen Oeffnungen eindrangen.

      Die Alte sitzend, mit den im Kreise ausgestreckten Hunden um sich her; Babolin zu ihren Füßen liegend; Rose-de-Noël am Pfeiler stehend.

      Diese Gruppe beleuchtet durch den röthlichen Schein der irdenen Lampe.

      Justin stehend, bleich, ungeduldig, halb verloren im Helldunkel.

      Die Krähe nun Zeit zu Zelt mit den Flügeln schlagend, unheimliche Schreie ausstoßend, und an die Fabel dem Raben, der dem Adler nachahmen will, erinnernd, nur mit dem Unterschiede, daß die Klauen des Raben in der weißen Wolle des Schafes festgehalten wurden, während die Klauen der Krähe in den grauen Haaren der Alten festhielten.

      Das Gemälde war ein fantastisches, seltsames, und würde seine Macht selbst über eine minder erhitzte Einbildungskraft, als die den Justin, geübt haben.

      Beleuchtet, wie gesagt, durch den unruhigen, röthlichen Schein der Lampe, streckte die Zauberin den Arm in die Luft aus und beschrieb mit diesem nackten, fleischlosen Gliede riesige Kreise.

      »Stille, Alle!Brocante sagte sie; »die Karten werden sprechen.«

      Hunde und Krähe schwiegen.

      Da begannen durch die heisere Stimme der Brocante die Karten ihre mysteriösen Offenbarungen.

      Vor Allem mischte die alte Sibylle die Karten und ließ den Justin mit der linken Hand abheben.

      »Wohl! Verstanden,« sagte sie, »Sie verlangen hier Auskunft über eine Person, die Sie lieben?«

      »Die ich anbetet!« erwiderte Justin.

      »Gut! . . . Sie sind der Kreuzbube, das heißt, ein unternehmender und gewandter junger Mann.«

      Justin lächelte traurig: die Initiative und die Gewandtheit waren im Gegentheil gerade die zwei Eigenschaften, die ihm wesentlich fehlten.

      »Sie, sie ist die Herzdame, das heißt, eine sanfte und liebende Frau.«

      Bei Mina war das wenigstens so.

      Nachdem die Karten gemischt und abgehoben waren, nachdem man übereingekommen, daß Justin durch den Kreuzbuben und Mina durch die Herzdame vertreten werden sollten, schlug Brocante zuerst drei Karten um.

      Sie begann sechsmal dasselbe Manoeuvre.

      So oft zwei Karten von derselben Farbe kamen mochten es nun zwei Kreuze, zwei Ecksteine oder zwei Schüppen sein, nahm sie die höchste Karte und legte sie vor sich, indem sie die Karten, die sich ihr so boten, von links nach rechts anreihte.

      Nach sechs Versuchen hatte sie sechs Karten.

      Nachdem diese Operartion beendigt war, mischte sie aufs Neue, ließ abermals mit der linken Hand abheben und begann wieder das Experiment, wobei sie dasselbe System befolgte.

      Eines von den Paquets gab drei Asse; die Zauberin nahm sie alle Drei und legte sie neben einander.

      Dieses Brelan12 kürzte ihre Operation ab, indem es ihr drei Karten gab, statt einer.

      Dann fuhr sie fort, bis sie siebzehn Karten hatte.

      Die zwei Mina und Justin vertretenden Kartenwaren herausgekommen.

      Vom Kreuzbuben an zählte die Alte sieben Karten von rechts nach links, den Kreuzbuben mit einbegriffen.

      »Gut!« sagte sie;,,diejenige, welche Sie lieben ist ein blondes Mädchen von sechzehn bis siebzehn Jahren.«

      »So ist es,« erwiderte Justin.

      Sie zählte noch siebenmal und hielt beim umgekehrten Herzsieben an.

      »Zerstörte Pläne! . . . Sie haben einen Plan mit ihr gemacht, der nicht ausgeführt werden konnte.«

      »Leider!« murmelte Justin.

      Die Alte zählte noch siebenmal und hielt beim Kreuz-Neun an.

      »Diese Pläne sind vernichtet worden durch Geld, das man nicht erwartete, – etwas wie eine Pension oder Erbschaft.«

      Sie zählte aufs Neue siebenmal und hielt beim Schüppenzehn an.

      »Und, seltsam!« fuhr sie fort; dieses Geld, das gewöhnlich lachen macht, hat Sie weinen gemacht.«

      Sie nahm ihre Berechnung wieder auf, hielt beim umgekehrten Schüppenaß an und sagte:

      »Der Brief den ich Ihnen geschickt habe, kommt von der jungen Person, welche mit dem Gefängniß bedroht ist.«

      »Mit dem Gefängnis?« rief Justin; »unmöglich!«

      »Ei! die Karten sind da! . . . Mit dem Gefängniß . . . mit dem Einsperren!«

      »Im