Александр Дюма

Die Prinzen von Orleans


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anfing, sich mit Politik zu beschäftigen, so daß der König sie sogar eine geheimnisvolle Reise nach England machen, ließ, wo sie gute Geschäfte gemacht hatte, und triumphierender als je zurückgekehrt war. Sie genoß seit 1644 einer vorzüglichen Gesundheit, was noch dazu beitrug, der Verbündeten Hoffnung, auf die Rückkehr des Chevaliers zu schwächen. Dieser zerstreute seinen Unmuth in Italien. Welcher von den drei Freunden zuerst daran dachte, weiß ich nicht; aber der Chevalier schickte seinen beiden Freunden ein sicheres und schnell wirkendes Gift, durch einen Expressen, der vielleicht selbst nicht wußte, was er überbrachte.

      »Madame war in Saint-Cloud, und trank zur Erfrischung seit einiger Zeit, Abends um sieben Uhr ein Glas Cichorienwasser, welches ein Page bereiten mußte; er setzte dasselbe nebst einem Glase in einen Schrank in einem von Madames Vorzimmern. Neben dem Cichorienwasser, welches in einem Porzellantopfe war, stand immer noch frisches Trinkwasser für den Fall, daß Madame das Cichorienwasser zu bitter fände. Dieses Vorzimmer mußte Jeder, der zu Madame wollte, passiren, doch hielt sich nie Jemand in demselben auf, weil es das erste war. Dieses Alles hatte der Marquis von Effiat ausspioniert.

      »Am 29. Juni 1660 fand er den günstigen Augenblick, welchen ersehnend er das Gift beständig bei sich trug; Niemand war im Zimmer und er hatte bemerkt, daß ihm auch Niemand folgte, der etwa zu Madame gewollt hätte. Er drehte sich um, ging zum Schranke, öffnete denselben, warf sein Päckchen hinein und ergriff, als er Jemand kommen hörte, den Topf mit reinem Wasser; der Page, welcher das Geschäft hatte, das Cichorienwasser zu bereiten und in das Zimmer gekommen war, schrie auf, sprang zu ihm, und fragte ihn heftig, was er an diesem Schranke mache?

      »D’Effiat sagte ihm, ohne die mindeste Verlegenheit: er sterbe vor Durst und da er wisse, daß da drinnen Wasser sei, habe er der Begierde zu trinken nicht widerstehen können. Der Page brummte zwar noch immer, durfte aber doch, da er den Marquis mit dem Wasser in der Hand getroffen hatte, weiter nichts sagen. Der Marquis entschuldigte sich, trat bei Madame ein, und schwatzte mit den andern Höflingen, ohne die mindeste Bewegung. Was eine Stunde später geschah, gehört nicht zu meiner Erzählung, und hat nur zu viel Aufsehn in ganz Europa gemacht.

      Der am folgenden Morgen, den 30. Juni früh um 8 Uhr erfolgte Tod Madame’s versetzte den König in den tiefsten Schmerz. Wahrscheinlich erfuhr er im Laufe des Tages noch manches auf die That. Bezügliche, der Page mochte nicht geschwiegen haben, es mochte bekannt geworden sein, daß Pernon, der erste Haushofmeister Madames, den in seinem Erdgeschoß Herr von Effiat sehr häufig und vertraulich besuchte, um die Sache wußte. Der König stand nochmals auf, als er sich schon niedergelegt hatte, ließ Brissac rufen, der damals unter der königlichen Leibwache und dem Könige sehr dienstbar war, und befahl ihm, sechs sichere und verschwiegene Gardisten zu nehmen, den Haushofmeister zu verhaften und durch eine verborgene Thür in sein Cabinet zu bringen.

      »Dieses wurde vor Tagesanbruch ausgeführt. Sobald der König des Gefangenen ansichtig wurde, ließ er

      Brissac und seinen Kammerdiener sich zurückziehen, nahm eine Schrecken erregende Miene an und sagte mit drohender Stimme, indem er den Verhafteten vom Kopf bis zu den Füßen maß:

      »– Hört mich wohl an, mein Freund: wenn Ihr mir Alles gesteht, und Alles was ich wissen will, der

      Wahrheit getreu beantwortet, so verzeihe Euch Alles, was Ihr auch gethan haben mögt, und es soll nie wieder die Rede davon sein. Aber hütet Euch, mir das Mindeste zu verheimlichen, denn wenn Ihr das thut, verlaßt Ihr diesen Ort nicht lebendig. Ist nicht Madame vergiftet?. . .

      »– Ja, Sire, antwortete der Gefragte.

      »– Und wer hat sie vergiftet, und wie ist es geschehen?

      »Er antwortete, daß der Chevalier von Lothringen an d’Effiat und Beuvron Gift geschickt habe und berichtete, was ich so eben erzählte.

      »Nun verdoppelte der König seine Zusicherung der Gnade und die Drohungen mit dem Tode und sagte:

      »– Und wußte es mein Bruder?

      »– Nein, Sire;

      – Niemand von uns Dreien würde thörigt genug gewesen sein, es ihm zu sagen; er ist nicht verschwiegen, er würde uns unglücklich gemacht haben.

      »Bei dieser Antwort stieß der König ein tiefes Ah! aus, wie Jemand, der von einer großen Last befreit ist.

      »– So, sagte er, das ist Alles, was ich wissen wollte, aber habt Ihr mir auch ganz die Wahrheit gesagt?

      »Pernon versicherte es,

      »Der König rief nun Brissac und befahl demselben diesen Mann an einem sichern Orte verwahrt zu halten, von wo aus er ihn später in Freiheit setzte. Eben dieser Mann war es, der dieses Alles lange nachher Herrn Joly de Fleury erzählte, von dem ich diese Anekdote habe.« —

      Dem sei nun wie ihm wolle, Ludwig XIV. ließ diese Vergiftung unbestraft; es scheint als ob andere geheime Eröffnungen ihm bewiesen, daß sein Bruder mit in das Verbrechen verwickelt sei. Für das Volk, dessen Beurtheilung meistentheils so richtig ist, blieb das Haus Orleans in der Person Monsieurs gebrandmarkt. Selbst die Nachsichtigten mußten eingestehen, daß der Prinz, dessen Freunde, um ihm gefällig zu sein, seine Gemahlin vergifteten, ein frecher Bösewicht sei. Also ist dieser Mann von dem Volke, der Geschichte, den Geschichtschreibern, ja selbst von Denen, die als Hausgenossen seinem Schlosse angehörten, in gleichem Grade verachtet. Die Großen waren immer an Verbrechen gewöhnt. Ich weiß, daß ein Ehrgeiziger aus der jetzigen Regierung zu einem Andern gesagt hat:

      »– um die höchste Gewalt von Prätendenten zu befreien, um ihr nützlich zu sein, sollte man einen Hauptstreich wagen: man sollte Heinrich V. und den Prinzen Louis Napoleon vergiften!«

      Der niederträchtige Talleyrand wagte Napoleon den Vorschlag zu machen, daß er alle Bourbons ermorden lassen möge; er verlangte eine Million für den Kopf. Das war sicherlich viel mehr als sie werth waren.

      Louis Philipp von Orleans war sehr zufrieden mit der unglücklichen Todesart seiner Frau. Je weniger lebhaft die Gewissensbisse sind, je mehr wird der erheuchelte Schmerz zur Schau getragen, je mehr bestrebt man sich, denselben glaubhaft zu machen. Das Haus Orleans legte die tiefe Trauer an, aber die Welt wurde durch diesen geheuchelten Schmerz nicht getäuscht.

      Uebrigens erschien der Herzog kurz darauf wieder am Hofe, wo ihn die Vorwürfe Ludwig XIV. erwarteten.

      Von diesem Zeitpunkte an nahmen die Ausschweifungen dieser hohen Personen, immer mehr überhand, indem sie sich gar keine Mühe mehr gaben, ihre Zügellosigkeiten zu verbergen; sie zeigten ihre Laster öffentlich und mit der größten Schamlosigkeit. Ludwig XIV. theilte diese Orgien, und unterhielt zugleicher Zeit Verbindungen mit einer Menge von Kupplerinnen, die einander bei ihm ablösten, und ihn mit unzähligen Maitressen versorgten.

      Mitunter versuchte Ludwig XIV., sogar in seinen Ausschweifungen Despot, die Lebensart seines Bruders und seiner Günstlinge zu regeln; aber die Stimme des Lasters ist wenig geeignet die Ausschweifungen. Anderer zu dämpfen. Der Chevalier von Lothringen, der allgemein als den Haupturheber der Ermordung der Herzogin von Orleans bekannt war, durfte ungestraft an den Hof zurückkehren, und von Neuem mit den Vertrauten Orleans die Berechtigung zu jenen Lastern theilen, die in das Innere aller Paläste drangen.

      Endlich warb der Bruder des Königs von Frankreich öffentlich um die Hand der Prinzessin Elisabeth Charlotte von Baiern. Der Pfalzgraf willigte in diese Verbindung; er hoffte Vortheile für sich von derselben. In den höhern Regionen ist Alles Berechnung, Egoismus und Gemeinheit.

      Die neue Gemahlin des Herzogs von Orleans war eine ziemlich häßliche, aber mit einigem Geiste begabte Person. Die scandalöse Aufführung Monsieurs beunruhigte sie wenig; ihr zum Sarkasmus geneigter Geist hielt sie von der erniedrigenden Berührung Derer fern, mit denen ihr entarteter Gemahl sich entehrte: dieser Geist war herbe, mitleidslos, originell und frei. Sie wurde von keinem Vorurtheil beherrscht; obgleich Protestantin, hatte sie lächelnd ihre Religion abgeschworen. Ludwig des XIV. fromme Heuchelei verlangte ihren Uebertritt zum Katholizismus. (Jetzt ist man so bedenklich nicht mehr!) Die Prinzeß Charlotte sprach sich sehr frei über diesen Umstand aus:

      »Bei meiner Ankunft in Frankreich,« sagt die sehr naiv, »schickte man mir drei Bischöfe, die über Religion mit mir reden mußten; ihre Glaubensansichten