Александр Дюма

Olympia von Clèves


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war das Spiel vielleicht nur ein Vorwand, um die Liebe zu verdecken. Sie rief Mademoiselle Claire und ließ sich den Cavalieranzug bringen, in dem sie so reizend mit Banniére geflohen war. Sie kleidete sich traurig und beinahe sich dessen, was sie tat, schämend wieder darein und folgte ihrem Liebhaber.

      Banniére ging wirklich zum Spiele.

      Olympia zögerte einen Augenblick, ihm dahin zu folgen; dann fasste sie ihren Entschluss und stürzte sich hinter ihm in diese Hölle.

      Nachdem sie eine halbe Stunde lang, in einer Fenstervertiefung verborgen, gesehen hatte, was das Spiel ist, entfloh sie bleich und verwirrt.

      Als Banniére zurückkam, nahm sie ihn auch, statt ihn mit der kalten Miene der vorhergehenden Tage zu empfangen, bei der Hand, ließ Ihn zu ihren Füßen sitzen und sagte zu ihm, schmeichelnd wie eine Geliebte, überredend wie eine Mutter:

      »Sie haben gespielt?«

      »Ei! mein Gott, ja,« antwortete Banniére.

      »Sie haben verloren?«

      »Nein!« rief er.

      »Aber Sie haben nicht gewonnen?«

      »Oh! ich hätte tausend Louis d'or gewonnen,« versetzte Banniére.

      Und er erklärte ihr mit dem unaufhörlichen Fieber des Spielers alle Coups, die er hätte gewinnen müssen, wäre nicht das Glück gegen ihn gewesen.

      »Armer Junge,« sagte Olympia, nachdem sie ihn mit einer Aufmerksamkeit gemischt mit tiefem Mitleid angehört hatte, »so viel Gemütsbewegungen, Berechnungen, Anstrengungen und Leiden!«

      Olympia war immer die gute, die zärtliche Olympia: die Tränen traten ihr in die Augen.

      »Schließen Sie,« sprach er.

      »Oh! mein Gott!« rief Olympia, »der Schluß wird sehr einfach sein. Sie spielen, um weder zu gewinnen, noch zu verlieren: eben so gut ist es, nicht zu spielen. Lassen Sie das abgemacht sein: erhitzen Sie sich nicht mehr hierdurch das Blut; Sie werden wenigstens Ihr Leben sparen.«

      Banniére wollte ausrufen: »Ich tue es für Sie!« doch er enthielt sich.,

      Banniére war immer verliebt; er war auch immer edelmütig und diskret.

      Olympia fügte bei:

      »Wir haben die letzten Mittel noch Nicht angerührt: wir besitzen Geschmeide, das wir verkaufen können.«

      »Oh!« rief Banniére, »vor dem Geschmeide ist das Silbergeschirr da, wie mir scheint.«

      »Das Silbergeschirr? Oh! nein,« sagte Olympia. »Ich kann sehr gut ohne Geschmeide mich kleiden und ausgehen, doch ohne Silbergeschirr könnten wir nicht mehr empfangen.«

      »Ei! mein Gott, wen wollen Sie denn empfangen?« versetzte Banniére, der, da er nie zu Hause war und nur zurückkam, wenn Jedermann weggegangen, nicht wusste, daß seine Frau empfing.

      »Ich habe meinen Plan,« sagte Olympia. »Sie werden eben so wenig Spieler bleiben, als Sie Schauspieler geblieben sind. Wechseln ist für Sie eine Notwendigkeit. Vom Novizen sind Sie Schauspieler geworden, vom Schauspieler Spieler; vom Spieler werden Sie Weltmann, was weiß ich, vielleicht Kriegsmann werden, und Sie werden so wechseln, bis Sie die letzte Verwandlung erreicht haben, bis Sie glänzender Schmetterling geworden sind.«

      »Ach!« erwiderte Banniére,«bis jetzt, arme Olympia, bin ich für Sie nur die Raupe gewesen.«

      »Mein Freund,« sagte Olympia, »Sie haben Geist, Bildung, Tournure, Sie sind ein ausgezeichneter Logiker, Sie sprechen gut . . .«

      »Wohin des Teufels wird mich Alles dies führen, wenn ich nicht Jemand habe, der mich vorwärts bringt?«

      »Es wird Sie gerade Jemand vorwärts bringen, mein lieber Joseph.«

      »Und wer wird dieser Jemand sein?«

      »Der Abbé d'Hoirac.«

      »Der Abbé d'Hoirac?«

      »Sie wissen nicht, von wem ich spreche?«

      »Bei meiner Treue, nein, ist es nicht der Pfaffe, der alle Abende, wenn Sie spielten, in den äußeren Kulissen stak und mir immer aus die Füße trat.«

      »Er ist es.«

      »Wie! dieser beständig summende, trällernde, herumflatternde Bursche, der aussieht wie ein verrückter Maikäfer?«

      »In der Tat, das hat ziemlich viel Ähnlichkeit,« sagte Olympia lachend.

      »Wie! um vorwärts zukommen, muss ich mich von dieser Missgeburt protegieren lassen?«

      »Ah! diesmal sind Sie ungerecht, Banniére: Maikäfer, ja; Missgeburt, nein. Der Abbé ist, im Ganzen genommen, eine reizende Puppe, und man sieht wohl, daß Sie ihn nicht angeschaut haben/'

      »Dagegen,« erwiderte Banniére, der nicht wusste, wie er die Dringlichkeit seiner Geliebten nehmen sollte, »dagegen sollte man glauben, Sie haben ihn viel angeschaut.«

      »Albernheiten!«

      »Aber woher des Teufels kennen Sie ihn?«

      »Wie ich eine Menge von Leuten kenne, die Sie nicht kennen. Alle Abende gehen Sie zum Spiele, und alle Abende bringt der Abbé o'Hoirac seine Zeit damit zu, daß er mit mir Schach spielt.«

      Banniére schüttelte traurig den Kopf und erwiderte:

      »Sie haben mich von der Nutzlosigkeit meiner Versuche in der Akademie überzeugt. Morgen werde ich mit dem Herrn Abbé d'Hoirac Schach spielen.«

      »Und bei diesem Spiele, lieber Freund, werden Sie gewinnen, statt zu verlieren: dafür siehe ich Ihnen.«

      »Er ist also ein sehr vollkommener Mann, dieser Abbé d'Hoirac?« sagte Banniére gereizt.

      »Er ist kein vollkommener Mann, lieber Freund, in Betracht, daß die Vollkommenheit nicht von dieser Welt ist. Da ich aber an den Tagen, wo ich nicht spiele, auf die Gesellschaft meiner Coiffeuse10 und auf die von Claire beschränkt bin, so schien es mir, als wäre die Gesellschaft von diesem verrückten Maikäfer nicht ganz zu verachten.«

      »Es ist drollig, daß ich das Verdienst des Herrn Abbé d'Hoirac nie wahrgenommen habe. Allerdings gab ich nur auf ihn Acht, wenn er mir auf die Füße trat.«

      »Sie kommen immer aus diese Ungeschicklichkeit des Abbé zurück, lieber Freund; sie ist doch sehr natürlich. Der Abbé ist kurzsichtig, so kurzsichtig, daß er die Spitze seiner Nase nicht sieht. Wie soll er seine Füße sehen, welche noch viel weiter von seinen Augen entfernt sind, als seine Nasenspitze, die er nicht sieht?«

      »Sie haben Recht, Olympia, und das erste Mal, wo ich wieder mit dem Abbé d'Hoirac zusammentreffe, werde ich ihm ins Gesicht schauen.«

      »Wohl! Sie werden eine schöne Puppe sehen,« erwiderte ruhig Olympia, während sie in ihr Boudoir ging.

      »Und wann wird der Herr Abbé kommen?« fragte Banniére. »Heute Abend?«

      »Nein. Ich spiele heute Abend.«

      »Morgen also?«

      »Ja, morgen.«

      «Um welche Stunde?«

      »Um sechs Uhr, wie immer.«

      »Sehr gut, Madame.«

      Olympia schaute ihren Geliebten von der Seite an, zuckte die Achseln und überließ sich Ihrer Kammerjungfer.

       XXI.

      Der Abbé d'Hoirac

      Es kam der Abend und mit, dem Abend die gewöhnliche Gesellschaft von Frau von Banniére.

      Banniére hatte sich nicht, wie gewöhnlich, in die Akademie begeben. Er wollte durchaus den Abbé d'Hoirac sehen, von dem man ihm so viel gesprochen.

      Er sah ihn aus den Schlag sechs Uhr erscheinen.

      Der reizende Abbé ließ sich zuerst unten von der Treppe durch zwei Bedienten und sodann durch einen köstlichen Muscadille-Geruch ankündigen, der zum ersten Stocke aufstieg, als der Abbé den Fuß