mir ein so stolzes Gefühl, wie ich es früher mit meinen Millionen niemals hatte.« Käte lächelte und nickte ihm zu.
»Recht so!« sagte sie – »was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen. Das Haus Röhren ist unbefleckt aus dem Weltkrieg hervorgegangen. Es hat dem Vaterlande seinen Tribut gezahlt! Was es in hundertzwanzig Jahren friedlicher Arbeit erworben hatte, hat es ihm geopfert. Wenn irgend einer, so kannst du mit stolzem Bewußtsein von neuem an die Arbeit gehen.«
»Tue ich!« beteuerte er. »Und die Unannehmlichkeiten, die es hier noch gibt, die sollen uns nicht verstimmen.«
»Du meinst doch nicht die Übergabe des Hauses?«
»Ja! alles das.«
»Verstimmen soll uns das? Stehen wir nicht über den Dingen? Ich bin so heiter, Paul, und werde auch das von der heiteren Seite nehmen.«
Der Diener meldete:
»Herr und Frau Berndt.«
Paul und Käte sahen sich an.
»Mitten in der Nacht!« sagte Paul. – »Was heißt denn das?« – Er sah nach der Uhr. – »Ein Viertel nach zehn. Ja, Käte, verstehst du das?«
Käte zog die Schultern hoch:
»Das kann am Ende ganz heiter werden. Ich habe nichts dagegen. Von mir aus können sie in den Salon.«
»Also gut!« sagte Paul und gab dem Diener ein Zeichen.
Der verschwand, ging zur Diele und meldete:
»Die Herrschaften lassen bitten.«
»Is Besuch da?« fragte Frau Berndt.
»Nein, die Herrschaften sind allein.«
»Schade!«
»Weshalb schade? Was meinst du, Cäcilie?« sagte Berndt und mühte sich aus dem Pelz.
Cäcilie, der der Diener eben den Seal abgenommen hatte, brachte vor dem Spiegel die Frisur in Ordnung und sagte:
»Nu, ich mein’ nur! Es kann ja jeder hören. Wir haben ja keine Geheimnisse.«
»Wo sind se denn?« fragte Berndt den Diener.
»Die Herrschaften waren noch beim Abendessen.«
»Was heißt beim Abendessen? um viertel elf? das ist doch keine Zeit,« sagte Cäcilie.
»Wieso, keine Zeit?« fragte Berndt.
»Nu, ich mein’ nur. Für ohne Theater is es zu spät; und für nach’m Theater is es zu früh.«
»Deine Sorgen! – Wo also?« fragte er den Diener und setzte sich auf eine Tür hin in Bewegung.
»Nein! nein!« rief der Diener. – »Wenn Sie bitte hier . . .« und er wies auf die Treppe, die in die oberen Räume führte. —
Käte und Paul waren vom Tisch aufgestanden und in den Salon gegangen.
»Was sie nur wollen?« meinte Paul. – »Das ist doch keine Art, einem unangemeldet mitten in der Nacht auf den Leib zu rücken.«
»Etwas Besonderes wird es schon sein. Am Ende wollen sie von dem Kauf unserer Villa zurücktreten.«
»Der ist notariell vollzogen.«
»Du wirst sie trotzdem nicht zwingen.«
»Ich bitt’ dich, Käte, wir handeln doch nicht zum Zeitvertreib, sondern unter einem Zwang.«
»Wenn auch. . . .«
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür und Herr und Frau Berndt traten ins Zimmer. Cäcilie in großer Abendtoilette; er im Frack.
»Wir kommen hoffentlich nicht ungelegen,« sagte Cäcilie und gab Käte die Hand.
»Durchaus nicht,« erwiderte Paul und forderte Berndts auf, sich zu setzen.
Die ließen sich umständlich in die schweren Sessel weder; Cäcilie wußte nicht recht, wo sie das komplizierte Seidenkleid, das hier und da in Unordnung geriet, zuerst zurechtstutzen sollte; und Berndt, ihr Gatte, zog die Enden des Selbstbinders fest, öffnete den untersten Knopf der weißen Weste und zog über den Knien die Hosen in die Höh’. All’ diese Bewegungen verrieten, den Neuling, schienen angelernt und wirkten unnatürlich, so daß Paul und Käte erstaunt aufsahen und dachten: Was haben sie bloß! und gar nicht merkten, daß sie selbst, indem sie sich setzten, ganz unbewußt ähnliches oder dasselbe taten.
So! Nun waren sie so weit, und während Paul und Käte darauf warteten, den Grund zu hören, aus dem Berndts ihnen spät abends, unangemeldet und in dieser Aufmachung, gegenüber saßen, sagte Cäcilie und sah sich im Salon um:
»Schön hatten Sie’s hier!«
Paul stutzte und Käte erwiderte lächelnd:
»Wir werden uns in unserem neuen Heim ebenso wohl fühlen.«
»Gott ja!« sagte Cäcilie, – »man gewöhnt sich an alles.«
Käte widersprach:
»Sagen Sie das nicht, Frau Berndt. – Sehen Sie, bei einem da dauert’s Generationen, um mit dem Luxus, der von außen plötzlich an ihn herantritt, zu verwachsen. Und bei andern, wie bei uns, da bedarf’s gar keiner Gewohnheit, um uns äußerlich mit weniger zu bescheiden. Das Wesentliche nämlich, worauf es ankommt, das nehmen wir mit.«
»Nun, darüber sind ja wohl genaue Abmachungen getroffen,« erwiderte Berndt.
»Worüber?« fragte Käte. »Über das, was hier bleibt und was in dem Kaufpreis von achtmalhunderttausend Mark mit einbegriffen ist.«
Käte lachte.
»Ich meinte das anders,« sagte sie. »Ich meinte das Bewußtsein und die Gesinnung.«
»So, so!« erwiderte Berndt verwirrt, »natürlich, das dürfen Sie mitnehmen.«
»War sonst noch etwas, worüber Unklarheit besteht?« fragte Paul, der nun endlich den Grund dieses späten Überfalls kennen lernen wollte.
»Für uns nicht!« erwiderte Cäcilie. »Ich wenigstens fühle mich hier schon wie zu Hause.«
»Ach!« entfuhr es Käte, und Paul dachte: Na, das kann ja nett werden. Am Ende übernachten sie gleich hier.
»Sie waren im Theater?« fragte Käte, um das Gespräch auf etwas anderes zu bringen.
Cäcilie wies auf ihre Toilette.
»Sehen Sie das nicht?«
»Doch! doch!« erwiderte sie und unterdrückte ein Lachen. »Ich wunderte mich nur, daß Sie dann schon so früh – vermutlich sind Sie nicht bis zum Schluß geblieben?«
»Nein! Ich finde, man braucht sein Geld nicht bis zur letzten Minute abzusitzen. Im übrigen: ein Stück haben die gegeben! – Ich kann Ihnen sagen! – Fallen Sie ja nicht darauf hinein. . . . Aber Ihnen wird ja der Kopf so wie so nicht nach Theater stehen.«
»Wieso?« fragte Käte.
»Nu, ich mein’ nur! In Ihren jetzigen Verhältnissen. Aber schließlich geht man ja auch ins Theater, um sich zu zerstreuen und auf andere Gedanken zu kommen.«
»Was haben Sie gesehen?« warf Paul ein.
»Wie hieß es?« fragte Cäcilie ihren Mann.
Der zog die Schultern hoch:
»Irgend was mit Sonate war’s.«
»Vermutlich die Gespenstersonate von Strindberg?« sagte Käte.
»Möglich!« erwiderte Cäcilie. »Wir glaubten natürlich, es wär’ was mit Musik.«
»Bewußte Irreführung ist das!« schalt Berndt.
Cäcilie beruhigte ihn und sagte:
»Nur gut, daß Geld bei uns keine Rolle spielt! Sonst müßte man sich wahrhaftig über die fünfzehn Mark ärgern.«
Berndt stimmte seiner Frau zu und meinte:
»Für dasselbe Geld hätte man die schönste Operette haben können.«
»Sie