Grazia Deledda

Bis an die Grenze


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das Fieber«, sagte die Witwe Fais, an das Haustor tretend. »Soll Francesco euch begleiten?«

      »Danke, wir fürchten uns nicht allein zu gehen«, entgegnete Gavina in ihrer gewohnten stolzen und spöttischen Art. Dann ging sie in die Küche des Häuschens, wo Michela mit fieberglänzenden Augen auf eine Matte hingestreckt lag.

      »Ein grünes Kleid hast du an«, sagte sie mit verschleierter Stimme und faßte an Gavinas Kleidsaum.

      »Grün? Nein, es ist doch schwarz . . .«

      »Ich sage dir, es ist so grün wie das Kleid der heiligen Anna . . . Sie war eben hier, die heilige Anna . . .«

      »Sie phantasiert«, sagte die Witwe.

      So oft Gavina in den nächsten Tagen die kranke Freundin besuchte, ging die Mutter Francescos ihr nicht von der Seite und betrachtete sie neugierig.

      »Aber warum sieht sie mich so an?« fragte Gavina Michela.

      »Wenn ich’s dir sage, wirst du lachen. Sie hofft, daß ihr Sohn dich heiraten wird.«

      »Sie ist wohl verrückt? Übrigens will ich ja gar nicht heiraten.«

      »Und ich auch nicht . . .«

      Dieser Vorsatz der beiden Mädchen wurde bekannt, und auf der »Piazzetta«, wo Zia Itria, zum großen Kummer Signora Zoseppas, den Kreis der jungen Leute aufs neue um sich versammelt hatte, spottete man darüber.

      Auch die böse Klatschbase stellte sich jetzt, da der Signor Sulis ihr nicht mehr zuhören konnte, in dem trefflichen Kreise ein, und es gab schöne Erörterungen zwischen ihr und dem Invaliden. Beide wohnten mit Vorliebe den Gerichtsverhandlungen bei und traten abends für oder gegen die Angeklagten ein, gaben die Reden der Verteidiger wie die Anklage des Staatsanwalts wieder. Artete die Erörterung in Zank aus, so klatschte Zia Itria in die Stände und trällerte ein Liedchen, über das die ganze Zuhörerschaft lachte:

      Adamo capo stipite

      Della famiglia umana

      Per causa di una femmina

      Perdè la tramontana . . .6

      Auch Luca, der zu Hause so mürrisch und böse war, amüsierte sich bei diesen Zusammenkünften. Der Zwerg und der ehemalige Klosterbruder hatten ihn zum besten und verlangten immerzu Gelddarlehen von ihm; Luca hatte kein Geld, sprach indes beständig von seinem geheimnisvollen Vorhaben, das, zur Ausführung gebracht, ihn zum Millionär machen würde. Eine Zeitlang redeten ihm die Schustergesellen zu, mit ihnen nach Amerika zu gehen, um dort den Zwerg als Naturwunder zur Schau zu stellen. Luca hätte sich wohl auch dazu bewegen lassen – aber das Geld fehlte. Da setzte der Klosterbruder ihm den Gedanken in den Kopf, er solle sich seinen Anteil am väterlichen Erbe herausgeben lassen, und Luca sprach zunächst zu Paska davon, die zu weinen anfing und ihn für verrückt hielt.

      »Er ist gewiß krank«, sagte sie zur Herrin. »Gebt nur einmal acht: mit dem zunehmenden Mond fängt das Trinken an und hört nicht auf, bis der Mond abnimmt; dann kommt er wieder zu sich, faßt gute Vorsätze und bereut aufrichtig. Sobald aber der neue Mond am Himmel steht, fängt es wieder an.«

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      1

      Der Soldat im Kriege läßt alles hinter sich und vergißt selbst Gott. Wenn mein Leib begraben ist, so verwandelt er sich in sieben Unzen Staub.

      2

      Ein schöner Zwerg und eine Zwergin im Alter von achtzig Jahren, krüppelhaft und aller Übel voll, sie schwuren einander Treue.

      3

      Gib mir die Hand, du Schöne, du Schöne, Gib mir die Hand und gib mir sie noch einmal, dann schenk’ ich dir ein Kleid aus himmelblauer Seide, Gib mir die Hand, du Schöne, du Schöne.

      4

      Es gibt keinen Trunkenbold in dieser Welt, der so viel trinkt wie du an einem Tage.

      5

      O wie süß ist’s, am lauen Aprilabend an deiner Seite zu wandeln, Gavina!

      6

      Adam, der Vater des Menschengeschlechts, verlor um eines Weibes willen den Kopf.

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1

Der Soldat im Kriege läßt alles hinter sich und vergißt selbst Gott. Wenn mein Leib begraben ist, so verwandelt er sich in sieben Unzen Staub.

2

Ein schöner Zwerg und eine Zwergin im Alter von achtzig Jahren, krüppelhaft und aller Übel voll, sie schwuren einander Treue.

3

Gib mir die Hand, du Schöne, du Schöne, Gib mir die Hand und gib mir sie noch einmal, dann schenk’ ich dir ein Kleid aus himmelblauer Seide, Gib mir die Hand, du Schöne, du Schöne.

4

Es gibt keinen Trunkenbold in dieser Welt, der so viel trinkt wie du an einem Tage.

5

O wie süß ist’s, am lauen Aprilabend an deiner Seite zu wandeln, Gavina!

6

Adam, der Vater des Menschengeschlechts, verlor um eines Weibes willen den Kopf.