Rätselraten im Präsidium
Weitere Bücher von Rainer Rau sind im Heimdall-Verlag erschienen:
Maria Migdal: Hexen gibt es nicht
Rainer Rau: Im Verlies der Burg
Erlöse mich!
Prolog
Passive Sterbehilfe ist das Nichtergreifen (Unterlassen), Reduzieren oder Nichtfortführen (Abbrechen) lebenserhaltender Maßnahmen aus medizinethischen Gründen.
Dies gilt für Patienten, die sich aufgrund einer schweren Krankheit in ärztlicher Behandlung befinden. Hier sei jedem Betroffenen geraten, rechtzeitig eine Patientenverfügung zu erstellen.
Was aber ist mit Menschen, die sich noch nicht in einer Klinik befinden und aus dem Leben scheiden möchten? Die noch im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sind?
Weder die Zahl der nach eigenem Willen schon Erlösten noch die Zahl der Menschen, die diesen Weg noch vor sich haben, aber noch keine geeignete Möglichkeit gefunden haben, ist in einer Statistik erfasst. Die noch lebenden Personen, die aus dem Leben scheiden wollen, werden dies nicht an die große Glocke hängen. Von den Verstorbenen wird eine große Anzahl als eines natürlichen Todes Gestorbene eingestuft. Die Behörden erkennen oft nicht das Verbrechen, was dahintersteckt. Deuten keine äußeren Anzeichen auf einen gewaltvollen Tod hin und ist der Tote schon älteren Jahrgangs, steht sehr oft auf dem Totenschein unter der Rubrik Todesart: natürlicher Tod.
Hilfe für Menschen, die zum Beispiel wegen einer schweren Krankheit aus dem Leben scheiden wollen, gibt es in Deutschland kaum. Denjenigen hilft in den meisten Fällen eine Beratung einer kirchlichen Einrichtung wenig.
Kardinal Lehmann hat für die deutschen katholischen Bischöfe in Fulda bekräftigt: Kein Mensch darf über sein Leben frei verfügen.
Und er bestimmt als Kardinal, was ein würdevoller Tod in den Augen der Katholischen Kirche ist – und was nicht. Die Kirche lehnt damit sowohl die aktive Sterbehilfe ab, wobei einem Todkranken ein tödliches Medikament verabreicht wird, als auch die – in Deutschland erlaubte – Beihilfe zum Suizid. Die Entscheidung von Menschen, in Patientenverfügungen festzuschreiben, dass nicht mehr lebensverlängernde, sondern nur schmerzlindernde Medikamente und Therapien verabreicht werden dürfen, dem stimmten die Bischöfe in Fulda allerdings zu.
Etwas gemäßigter meldet die Evangelische Kirche: Selbsttötung darf keine normale Option werden!
Spitzenvertreter der Evangelischen Kirche finden die Entscheidung des Bundestages für ein Verbot geschäftsmäßiger Suizidbeihilfe richtig. Das hilft allerdings einem Menschen, der aus dem Leben scheiden möchte und dies nicht selber tun kann, wenig.
Die Begebenheiten im Thriller sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Gleichwohl möchte der Autor zu bedenken geben, dass es sich in dem einen oder anderen Fall so zugetragen haben könnte.
Personen:
Cleopatra „Cleo“ Brecht Oberkommissarin, ihr erster Fall
Olav Ortega Grieche, Mörder mit weichem Herzen
Der Chef - Friedhelm Gottlieb Werkstattbesitzer, Drogenhändler und Auftragskiller
Saskia Gebert 1. Unfall-Opfer, Kokainkurierin
Tobias Gebert Bruder von Saskia, wurde ebenfalls ermordet
Ernst Theodor zu Falkenstein Lebensmüder Adliger, kann sich nicht selbst töten
Martin Elberfelde Winkeladvokat aus Frankfurt/Main
Gerhard „Hardy“ Kleinschmidt Hauptkommissar, Kollege und Vorgesetzter von Cleo Brecht
Martina Koch Drogenkurierin, will Profis abzocken
Anna Maria Klebersdorf Staatsanwältin mit sexuell ausgeprägter Neigung
Dr. Martin Heinbach Arzt
Escorban de Estebanjo Kontaktperson Cleos in Santiago de Chile
Salvatore Lucardo Drogenhändler in Chile
Peter Petersen Mentor und alter Freund von Cleo in Hamburg
Winkler Lebensmüder alter Mann, mit kranker Ehefrau
Hans-Joachim Gruber Manager einer Containerfirma,
verliert beim Pokern, will in St. Petersburg Millionen machen
Dr. Alfons Mettmann Reiches Opfer, das nicht sterben will
Otto Mettmann Bruder des Opfers, wird selbst zum Opfer
Elisabeth Mettmann Erbt alles und ist in Martin verliebt
Olga Kurtova Pflegerin, Opfer
1. Die Tote, die sich bewegt
Die Glocke der kleinen Friedhofskapelle läutete nun schon seit fünf Minuten den Beginn der Trauerfeier ein.
Es regnete schon den ganzen Tag und es war kalt an diesem Herbsttag. Viel zu früh war der Herbst gekommen und es war für die frierenden Trauergäste kein Trost, dass es noch einmal, der Wettervorhersage nach, warm werden sollte.
Die Heizstrahler an den Seitenwänden im Innenraum der kleinen Kapelle konnten den Trauergästen nur bedingt Wärme spenden. Um Stromkosten zu sparen, hatte man jeweils einen der zwei eintausend Watt - Glüheinsätze herausgenommen. So war der Raum nur mäßig warm und die warme Luft nur im Deckenbereich der Kapelle spürbar. Wer direkt unter einem Heizstrahler saß, bekam allerdings bald einen überhitzten Kopf.
Ist es im Allgemeinen nicht sonderlich gut zu sterben, in der kalten Jahreszeit ist es aber besonders schlecht, wenn auch nicht für den Verstorbenen selbst, so doch für die Trauergäste.
Diese saßen meist auf den kalten Holzbänken, da nicht für alle ein Sitzkissen bereit lag. Viele hatten kalte Füße und bewegten ihre Zehen. Andere rieben sich auch die Hände. Manche Herren hätten lieber die Mützen oder Hüte aufbehalten, was aber dem ungeschriebenen Gesetz des christlichen Empfindens in einer kirchlichen Einrichtung entgegen sprach. Aus Pietätsgründen musste man die Kopfbedeckung abnehmen, egal wie kalt es gerade war, da kannte der Herr keine Gnade. Kam ein Mann dieser allseits bekannten Forderung, das Haupt zu lüften, nicht sofort nach, so erntete er abfällige Blicke seiner Nachbarin, die wie gebannt auf den Hut starrte und deren Blick sich erst von ihm löste, wenn sich dieser in den Händen des Herrn und nicht mehr