Małgorzata Kamińska

Kamienie na szaniec. Krzyżacy. Świętoszek. Opracowania lektur


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      Da Ernst Theodor zu Falkenstein nicht darauf antwortete, zog man ihn kurzerhand aus dem Mercedes und setzte ihn in den Polizeiwagen. Es wurde ein Abschleppdienst beauftragt. Der Benz wurde aufgeladen. Dann fuhr man zur Wache, wo schon ein zugelassener Arzt, der die ‚Lizenz zur Blutentnahme’ hatte, wartete.

      Der Versuch, mit Falkenstein zu reden, scheiterte. Eine Blutprobe ließ er sich jedoch ohne Gegenwehr abnehmen. Da er sich aber in keiner Weise mit den Beamten unterhalten wollte, verbrachte er die Nacht in einer Ausnüchterungszelle.

      Am nächsten Morgen war er wieder ansprechbar, wenn auch noch sehr benommen.

      Er konnte aus der Zelle heraustreten und sollte auf dem Flur warten. Eine Beamtin brachte ihm einen Becher Kaffee.

      Ernst Theodor zu Falkenstein setzte sich auf einen der wenigen Stühle, nahm einen Schluck aus dem Becher und betrachtete die Plakate an der gegenüber liegenden Wand. Es waren Tipps von Verhaltensmaßnahmen bei Einbruch, Ratschläge wie man seine Wohnung sicherer machen kann, Fahndungsplakate von gesuchten Verbrechern aus der Neonaziszene und vieles andere.

      Falkenstein sprang ein DIN-A3 Plakat ins Auge mit einer Pressenotiz und einer Erfolgsmeldung der Kripo Mittelhessen.

      ‚Täter gefasst! Einen schnellen Fahndungserfolg konnte die Polizei Mittelhessen verbuchen. Ein fünfundzwanzigjähriger Asylbewerber, der sich seit geraumer Zeit in Deutschland aufhält, gab an, die alleinstehende fünfundsechzigjährige Maria M. auf Verlangen getötet zu haben. Da dies ja auf Wunsch der Frau geschehen sei, könne ihm kein Mord vorgeworfen werden. Dies sei nur Tötung auf Verlangen gewesen und er fühle sich unschuldig im Sinne der Anklage. Er habe somit ja sogar ein gutes Werk getan. Dies wurde allerdings vom Gericht anders gesehen und Richter K. verurteilte den Mann zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung, da der Täter bis zuletzt uneinsichtig gewesen war und somit eine Wiederholung einer solchen Tat nicht ausgeschlossen werden konnte‘. Da es sich um einen Asylbewerber handele, sei das Urteil jedoch noch nicht rechtskräftig. Außerdem wurde vom Anwalt des Täters noch im Gerichtssaal Revision angekündigt.

      Ernst Theodor zu Falkenstein wurde nachdenklich. Sein Gehirn leistete plötzlich Schwerstarbeit.

      Tötung auf Verlangen! Das war es!

      Dann lenkten ihn die Beamten von der Zeitungsmeldung ab.

      Man erklärte ihm die Sachlage.

      „Also, Herr von Falkenstein. Sie sind mit einem Blutalkoholwert von eins Komma fünf Promille gefahren, das ist keine Ordnungswidrigkeit. Da kommt eine Anzeige auf Sie zu. Jetzt können Sie allerdings nach Hause fahren. Vorausgesetzt, Sie lösen Ihr Fahrzeug aus. Den Führerschein bekommen Sie heute wieder, der wird allerdings für einige Zeit weg sein. Das wird Ihnen noch mitgeteilt. Haben Sie das alles verstanden?“

      „Ja, den Führerschein können Sie behalten. Im Jenseits brauche ich ihn nicht.“

      Der Beamte schüttelte den Kopf, als Falkenstein ging. Sein Kollege tat es ihm gleich.

      „Gerade die Alten sind doch immer wieder unverbesserlich! Das sollten doch Vorbilder für die Jugend sein!“

      Als Falkenstein wieder in seinem Wagen saß, stellte er sich die Frage: „Wie komme ich an einen ran, der mich auf mein Verlangen hin töten kann?“

      Er fuhr los und in seinem Kopf setzte sich bis zu seiner Ankunft in der alten Villa nur dieser eine Gedanken fest.

      „Mit unserem Anwalt kann ich darüber nicht reden. Der wird mir das sofort ausreden wollen! Aber wer wäre bereit, mir zu helfen?“

      Ernst Theodor zu Falkenstein ging im Lesezimmer seiner Villa aus den sechziger Jahren auf und ab.

      Dann rief er einen alten Schulfreund und Jagdgenossen an, mit dem er ab und zu telefonierte.

      „Hallo Klaus. Du … sag mal, damals, dieser Anwalt aus Frankfurt, der diese Ostbande verteidigt hat, wie hieß der nochmal?“

      „Elberfelde. Warum willst du das wissen? Brauchst du einen Anwalt? Dann nimm doch lieber einen Seriösen, nicht diesen Elberfelde. Der macht doch Geschäfte mit der Unterwelt.“

      „Nein, nein. Ich brauche keinen Anwalt. Mir war nur der Name entfallen.“

      Sie redeten noch eine Weile und Falkenstein lenkte das Gespräch weit weg von dem Anwalt, dessen Namen er notiert hatte. Doch als die Sprache auf die Gesundheit fiel, brach Falkenstein das Gespräch schnell ab.

      „Du, es hat geläutet. Ich muss Schluss machen. Also dann. Waidmanns Dank.“

      Er rief die Auskunft an und erkundigte sich, ob es einen Anwalt mit Namen Elberfelde in Frankfurt geben könne.

      Die Dame von der Auskunft gab ihm die Nummer und die Adresse durch.

      Ernst Theodor zu Falkenstein musste sich setzen. Er brauchte eine halbe Stunde, bis er die Nummer eintippte.

      Es gingen drei oder vier Rufe ab, dann meldete sich eine weibliche Stimme.

      „Kanzlei Elberfelde und Broisch. Sie sprechen mit Marina Kunzenbach. Was kann ich für Sie tun?“

      Falkenstein hätte am liebsten gesagt: ‚Wenn Sie es ehrlich meinen, dann können Sie mich umbringen.’

      Er hustete und gab ihr dann Antwort.

      „Ist Herr Elberfelde zu sprechen?“

      „In welcher Angelegenheit?“

      In Falkenstein stieg Wut auf.

      „Das sage ich ihm schon persönlich!“

      Er hielt den Mikrofonschlitz des Hörers verdeckt und fluchte leise.

      „Blöde Kuh, blöde!“

      Sie hatte es nicht gehört, denn ihre Antwort war freundlich.

      „Ich stelle Sie durch.“

      Dann knackte es kurz in der Leitung und der Anwalt meldete sich.

      „Ja? Elberfelde. Was kann ich für Sie tun, Herr …?“

      „Falkenstein. Ernst Theodor zu Falkenstein. Ich habe ein Problem, dass ich nicht am Telefon erläutern möchte. Kann ich Sie aufsuchen?“

      „Jederzeit. Kommen Sie einfach bei mir hereingeschneit.“

      Damit hängte er schon ein.

      Falkenstein dachte lange nach. Auf der einen Seite war ihm der Anwalt schon am Telefon nicht sehr sympathisch, auf der anderen Seite war das, was er von ihm wollte, auch nicht ganz legal. So entschied er, sofort nach Frankfurt zu fahren.

      Als er über eine Stunde später an der Kanzlei ankam, war ihm etwas flau im Magen.

      „Das muss jetzt aber sein.“

      Er stieg die Treppen in den 1. Stock empor und stand vor der Tür mit dem Firmenschild: Anwaltskanzlei Elberfelde und Broisch.

      Das Schild hing noch aus vergangenen Tagen an der Tür. Der Partner von Elberfelde war jedoch schon vor zwei Jahren verstorben. Elberfelde wollte das Schild nicht abnehmen. Er war der Meinung, dass neue Klienten so den Eindruck von einer größeren Kanzlei hätten, die gleichzeitig sehr seriös wirkte.

      Falkenstein hatte diesen Eindruck nicht, als er klingelte.

      Ein Summen verriet ihm, dass er die Tür aufstoßen und in den Flur treten konnte.

      Die nette Dame begrüßte ihn mit den Worten, er solle doch einen Moment Platz nehmen, sie würde ihn anmelden.

      Elberfelde saß in seinem Sessel und zockte im Internet in einer Pokerrunde.

      Er war spielsüchtig und suchte einmal in der Woche einen Club auf, in den nur nach Gesichtskontrolle Einlass gewährt wurde. In der Zwischenzeit zockte er im Internet. Gewinn und Verlust hielten sich die Waage. Zurzeit verlor er allerdings mehr als er gewann.

      Er sah missmutig auf, als die Sekretärin klopfte und eintrat.

      „Was gibt’s?“

      „Der