Иоганн Вольфганг фон Гёте

Gesammelte Gedichte: Elegien, Epigramme, Sonette, Kantaten, Xenien und viel mehr


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aufzuschwingen:

      Die Kunst bleibt Kunst! Wer sie nicht durchgedacht,

      Der darf sich keinen Künstler nennen;

      Hier hilft das Tappen nichts; eh’ man was Gutes macht,

      Muß man es erst recht sicher kennen.

      Schüler Ich weiß es wohl, man kann mit Aug’ und Hand

      An die Natur, an gute Meister gehen;

      Allein, o Meister, der Verstand,

      Der übt sich nur mit Leuten die verstehen.

      Es ist nicht schön, für sich allein

      Und nicht für andre mit zu sorgen:

      Ihr könntet vielen nützlich sein,

      Und warum bleibt ihr so verborgen?

      Meister Man hat’s bequemer heut zu Tag,

      Als unter meine Zucht sich zu bequemen:

      Das Lied, das ich so gerne singen mag,

      Das mag nicht jeder gern vernehmen.

      Schüler O sagt mir nur, ob ich zu tadeln bin,

      Daß ich mir diesen Mann zum Muster auserkoren?

      Er deutet auf das Bild, das er kopiert hat.

      Daß ich mich ganz in ihn verloren?

      Ist es Verlust, ist es Gewinn,

      Daß ich allein an ihm mich nur ergetze,

      Ihn weit vor allen andern schätze,

      Als gegenwärtig ihn, und als lebendig liebe,

      Mich stets nach ihm und seinen Werken übe?

      Meister Ich tadl’ es nicht, weil er fürtrefflich ist;

      Ich tadl’ es nicht, weil du ein Jüngling bist:

      Ein Jüngling muß die Flügel regen,

      In Lieb’ und Haß gewaltsam sich bewegen.

      Der Mann ist vielfach groß, den du dir auserwählt,

      Du kannst dich lang’ an seinen Werken üben;

      Nur lerne bald erkennen, was ihm fehlt:

      Man muß die Kunst, und nicht das Muster lieben.

      Schüler Ich sähe nimmer mich an seinen Bildern satt,

      Wenn ich mich Tag für Tag damit beschäft’gen sollte.

      Meister Erkenne, Freund, was er geleistet hat,

      Und dann erkenne, was er leisten wollte:

      Dann wird er dir erst nützlich sein,

      Du wirst nicht alles neben ihm vergessen.

      Die Tugend wohnt in keinem Mann allein;

      Die Kunst hat nie ein Mensch allein besessen.

      Schüler So redet nur auch mehr davon!

      Meister Ein andermal, mein lieber Sohn.

      Galerieinspektor tritt zu ihnen

      Der heut’ge Tag ist uns gesegnet,

      O, welch ein schönes Glück begegnet!

      Es wird ein neues Bild gebracht,

      So köstlich, als ich keins gedacht.

      Meister Von wem?

      Schüler Sagt an, es ahndet mir.

      Auf das Bild zeigend, das er kopiert.

      Von diesem?

      Inspektor Ja, von diesem hier.

      Schüler Wird endlich doch mein Wunsch erfüllt!

      Die heiße Sehnsucht wird gestillt!

      Wo ist es? Laßt mich eilig gehn.

      Inspektor Ihr werdet’s bald hier oben sehn.

      So köstlich, als es ist gemalt,

      So teuer hat’s der Fürst bezahlt.

      Gemäldehändler tritt auf

      Nun kann die Galerie doch sagen,

      Daß sie ein einzig Bild besitzt.

      Man wird einmal in unsern Tagen

      Erkennen, wie ein Fürst die Künste liebt und schützt.

      Es wird sogleich herauf getragen;

      Es wird erstaunen wer’s erblickt.

      Mir ist in meinem ganzen Leben

      Noch nie ein solcher Fund geglückt.

      Mich schmerzt es fast es wegzugeben:

      Das viele Gold, das ich begehrt,

      Erreicht noch lange nicht den Wert.

      Man bringt das Bild der Venus Urania herein und setzt es auf eine Staffelei.

      Hier! wie es aus der Erbschaft kam,

      Noch ohne Firnis, ohne Rahm.

      Hier braucht es keine Kunst noch List,

      Seht, wie es wohl erhalten ist!

      Alle versammeln sich davor.

      Erster Meister Welch eine Praktik zeigt sich hier!

      Zweiter Meister Das Bild, wie ist es überdacht!

      Schüler Die Eingeweide brennen mir!

      Liebhaber Wie göttlich ist das Bild gemacht!

      Händler In seiner trefflichsten Manier.

      Inspektor Der goldne Rahm wird schon gebracht.

      Geschwind herbei! geschwind herein!

      Der Prinz wird bald im Saale sein.

      Das Bild wird in den Rahmen befestiget und wieder aufgestellt.

      Der Prinz tritt auf und besieht das Gemälde.

      Das Bild hat einen großen Wert;

      Empfanget hier, was ihr begehrt.

      Der Cassier hebt den Beutel mit den Zechinen auf den Tisch und seufzet.

      Händler zum Cassier

      Ich prüfe sie erst durchs Gewicht.

      Cassier aufzählend

      Es steht bei euch, doch zweifelt nicht.

      Der Fürst steht vor dem Bilde, die andern in einiger Entfernung. Der Plafond eröffnet sich, die Muse, den Künstler an der Hand führend, auf einer Wolke.

      Künstler Wohin, o Freundin, führst du mich?

      Muse Sieh nieder und erkenne dich!

      Dies ist der Schauplatz deiner Ehre.

      Künstler Ich fühle nur den Druck der Atmosphäre.

      Muse Sieh nur herab, es ist ein Werk von dir,

      Das jedes andre neben sich verdunkelt,

      Und zwischen vielen Sternen hier

      Als wie ein Stern der ersten Größe funkelt.

      Sieh, was dein Werk für einen Eindruck macht,

      Das du in deinen reinsten Stunden

      Aus deinem innern Selbst empfunden,

      Mit Maß und Weisheit durchgedacht,

      Mit stillem treuem Fleiß vollbracht!

      Sieh, wie noch selbst die Meister lernen!

      Ein kluger Fürst, er steht entzückt,

      Er fühlt sich im Besitz von diesem Schatz beglückt;

      Er geht und kommt, und