Hermann Stehr

Gesammelte Heimatromane


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       Hermann Stehr

      Gesammelte Heimatromane

      Der Heiligenhof, Das Geschlecht der Mächler, Der begrabene Gott, Leonore Griebel, Die Krähen…

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       [email protected]

      2017 OK Publishing

      ISBN 978-80-7583-105-7

       Leonore Griebel

       Der begrabene Gott

       Drei Nächte

       Der Heiligenhof

       Peter Brindeisener

       Droben Gnade drunten Recht: Das Geschlecht der Maechler

       Das Mandelhaus

       Der Schindelmacher

       Die Krähen

       Gudnatz

       Der Schatten

       Der Graveur

       Meicke, der Teufel

      Leonore Griebel

       Inhaltsverzeichnis

       I.

       II.

       III.

       IV.

       V.

       VI.

       VII.

       VIII.

       IX.

       X.

       XI.

       XII.

       XIII.

       XIV.

      Doch uns ist gegeben,

       Auf keiner Stätte zu ruhn,

       Es schwinden, es fallen

       Die leidenden Menschen

       Blindlings von einer

       Stunde zur andern,

       Wie Wasser von Klippe

       Zu Klippe geworfen,

       Jahrlang ins Ungewisse hinab.

       Hölderlin: Hyperions Schicksalslied

      I.

       Inhaltsverzeichnis

      Es gibt starke Geschlechter, deren Leben in gleicher Gestalt durch Jahrhunderte schreitet. Die Grundsätze der Vorväter verpflichten und zwingen wortlos, wie die blinden Gesetze des Stoffes das Wohl des Leibes bauen.

      Aus einer solchen Familie stammte der Tuchmacher Joseph Griebel aus Altenrode.

      Das große Haus auf der Walkergasse, welches er bewohnte, war seit Menschengedenken so. Durch das zweiflügelige Hausthor gingen immer dieselben Menschen aus und ein. Behäbige Männer, mit eigentümlich kurzen, dicken Beinen, langsam und gravitätisch —, und ihre großen Hände fuhren von Zeit zu Zeit liebkosend über die feisten Wangen. Dazu blickten die blauen Augen milde und lieb.

      Die Mütter und Töchter waren groß und breithüftig, recht zur Rührigkeit geschaffen, mit derben, graden Gesichtern, über die sich mit der Zeit ein strenger Zug legte.

      Das aber war absonderlich. Das Haus lebte die Geschichte des Geschlechtes mit. Nicht so, daß es restlos in ihr aufging, nein, in geheimnisvollen Linien senkte es den Zwang seines fertigen Wesens in die bildsame Seele der Menschen, die dauernd in den Bannkreis seiner Fundamente kamen.

      Mit Lachen füllte allemal, wenn ein Alter hinausgefahren war auf den Totenacker, das junge Weib seine weiten, hohen Räume. Sie schmückte die hohen Fenster mit weißen Vorhängen und zwang den steifen, kalten Mauern mit ihrer Lebensfreude einen heiteren Ton ab:

      Dann gingen die großen Thüren leise und schwingend. Die Hausthore sprangen auf und die Sonne vertrieb mit leichtem, sonnigem Atem den kalten Dunst, der sonst im Hausflur lag. Wie dann selbst die Stufen der Stiege neckisch quietschten, wenn flinke Kinderfüßchen über sie hineilten, und die Traillen des gebräunten Geländers schnurrten vergnügt dazu. Selbst der alte Löwenkopf am Ende der Stiege, der sonst so grimmig mit weitem Rachen auf die Straße schrie in stummer Wut, blinzelte verschmitzt mit den stieren Augen, in deren Winkeln die Kruste seines hohen Alters lag.

      Ja, der alte Bau wurde sogar geschwätzig. Er verlockte die Kinder in das Dämmern seiner verwinkelten Bodenkammern. Diese waren mit vielen verstaubten Laden und Kasten angefüllt, in denen verblichene Gewänder lagen: Spitzenhauben mit blumigen Bändern und mattem Goldgewebe, Schnebbentaillen, Radröcke, lange, blaue, ernste Tuchröcke mit ehrwürdigen, breiten Kragen.

      Dann erzählte er den Kindern verklungene Geschichten, süße, verschnörkelte Märchen. Er holte mit seiner breiten Feueresse ächzend Atem, um dann wieder mit der summenden, heißen Stille weiterzumummeln. Die Kleinen aber saßen vor den bunten Sachen und lauschten mit leuchtenden Augen.

      Das alte Leben tanzte mit wehenden Röcken und fliegenden Bändern auf hohen Hackenschuhen über die Dielen der Dachkammern. Es schritt in Kniehosen einher und das spanische Rohr klopfte bedächtig auf. Nur wenn es auf einen Ast traf, klang es schrill und der