berief man den Kapuziner-Guardian von Staufen, der wegen seiner Frömmigkeit weit und breit bekannt war. Derselbe beschwur die Geister in Säcke und trug mit zwei Männern sie auf den Feldberg, wo er und die beiden andern, rückwärts gehend und ohne umzuschauen, sie in den Feldsee abluden. In diesen und einen weiten Bezirk umher bannte er die Gespenster, welche daselbst in den heiligen Zeiten sich zu zeigen pflegen. Zuweilen fischen sie am See, oder jagen, in Jagdkleidung, im Walde. Einem Löffelschnitzer von Menzenschwand begegneten sie, in ihrer Ordenstracht, einer hinter dem andern gehend, auf der Bärhalde. Der vorderste, durch sein goldenes Kreuz als Abt kenntlich, sprach: »O Weh!« der zweite: »Die Armuth!« Der dritte: »Das ungerechte Gut!« Mit diesen Worten gingen sie an dem Manne vorüber, wobei er bemerkte, daß ihre Gesichtshaut wie Tannenrinde aussah.
Zu drei andern Menzenschwandern, die am Vorabend des Christtags über den Feldberg gingen, kamen sie, in ihren schwarzen Kutten, auf Kohlrappen geritten. Sie sprengten um die Männer, die keine Köpfe an ihnen wahrnahmen, her und riefen stets: »Unrechtes Gut, du hast uns betrogen!« Nachdem sie so die davon eilenden Männer eine gute Strecke begleitet hatten, verschwanden sie an einem Kreuzwege.
48. Der Titisee.
Unterhalb der Seesteige stand in alter Zeit eine reiche Stadt mit einem Kloster. Als die Ueppigkeit ihrer Bewohner so groß geworden war, daß sie die Weißbrodleiber aushöhlten, die Brosame dem Vieh verfütterten und in der Kruste, wie in Schuhen, umhergingen, versank die Stadt in die Erde, und an ihrer Stelle entstand der Titisee. In dessen Tiefe ist bei hellem Wetter die Thurmspitze des Klosters noch sichtbar, das, wann jenes zu Friedenweiler versinkt, wieder aus dem Wasser emporsteigt. Vor vielen Jahren begann der See an der Schanze auf der Höllensteige auszubrechen. Da kam in der Nacht eine alte Frau, verstopfte, indem sie etwas sprach, die Oeffnung mit ihrer weißen Haube und verhinderte dadurch den Ausfluß. Von der Haube verfault jedes Jahr ein Faden, und wenn der letzte verwest ist, bricht der See heraus und überschwemmt das ganze Dreisamthal. Einige sagen, daß, zur Abwendung dieses Unglücks, in dem Freiburger Münster täglich eine Messe gelesen werde.
Nachdem schon manche vergebens gesucht hatten, die Tiefe des Sees zu ergründen, nahm einer sich vor, dieselbe schlechterdings auszumitteln. Er fuhr mit einem Kahn in die Mitte des Sees und warf an einer fast endlosen Schnur das Senkblei aus. Schon waren achtzehn Spulen Faden im Wasser und noch genug zum Nachlassen vorhanden, da rief aus den Wellen eine fürchterliche Stimme:
»Missest du mich,
So fresse ich dich!«
Oder, wie andere sagen:
»Willst du mich messen,
So will ich dich fressen!«
Voll Schrecken ließ nun der Mann von seinem Unternehmen ab, und seitdem hat niemand mehr gewagt, nach der Tiefe des Sees zu forschen.
In einem Sumpf bei Hinterzarten, eine Stunde vom See, ist einmal ein Paar zusammengejochter Ochsen versunken, und ihr Joch einige Jahre nachher im See an der Wutachbrücke gefunden worden.
49. Das Uebelthal.1
In dem dritthalbstündigen Thale, welches von Burg hinauf gegen St. Märgen zieht, war vor Zeiten keine Kirche. Da hieraus für die Bewohner viel Beschwerden entstanden, so beschlossen sie, sich eine Kirche zu bauen; allein sie konnten über deren Platz nicht einig werden. Die Leute des obern Thales wollten sie dort, die des untern sie bei sich haben, und jeder Theil fällte schon Bauholz und führte es an die von ihm gewünschte Stelle. Bei einer gemeinschaftlichen Berathung schlugen einige vor, in die Mitte des Thals zu bauen, aber sie wurden von den Reichen, welche meistens an dessen Enden wohnten, überstimmt, und die Versammlung trennte sich spät in der Nacht mit dem Entschlusse: gar keine Kirche aufzuführen. Am nächsten Morgen lag das Bauholz nicht mehr an seinen Stellen, sondern beisammen auf einem hohen Berge in der Mitte des Thales. Jeder streitende Theil hielt dies für einen Streich des andern, ohne zu bedenken, daß dieser unmöglich in einer halben Nacht das Holz hinaufschaffen konnte, zu dessen Herabbringen beide Theile zusammen einige Tage bedurften. Als sie hiermit fertig waren, kam in der folgenden Nacht all das Holz wieder auf den nämlichen Berg. Nach dem Rathe der Klostergeistlichen von St. Peter, bei denen man die Sache angezeigt, wurde nochmals das Holz ins Thal geschafft, und dabei ein Zimmergesell als Nachtwache aufgestellt. Um ja nicht einzuschlafen, fing derselbe an zu rauchen, aber trotz dessen fielen ihm die Augen zu, und als er sie wieder aufschlug, lag er, die brennende Pfeife im Munde, mit allem Bauholz auf dem Berge. Da überdies auf dem Platze ein großer Lindenbaum stand, der Tags zuvor noch nicht dagewesen, erkannte man endlich den Willen Gottes und baute dort die Kirche Maria-Linden, jedoch ohne dabei einen Geistlichen anzustellen. Wegen dieses Mangels mußte der Gottesdienst von St. Peter aus versehen werden, was so manche Unbequemlichkeit hatte, daß die Kirche nach einigen Jahren fast gar nicht mehr besucht wurde. Zur Strafe hierfür brachen drei Jahre nacheinander in dem Thale Seuchen aus, die zuerst alles Hornvieh, dann die Pferde und zuletzt die Schweine und Schafe wegrafften. Größer noch wurden die Drangsale, als man die Kirche abgebrochen und deren Geräth mit dem Gnadenbild der Muttergottes verkauft hatte. Verheerende Brände nahmen überhand, eine Menge taubstummer und krüppelhafter Kinder kam zur Welt, und ansteckende Krankheiten wütheten so heftig, daß viele Häuser gänzlich ausstarben. Wegen dieser Trübsale bekam die Gegend den Namen Uebelthal, und die meisten Bewohner zogen von da weg nach dem Dorfe Espach. Weil dieses das Gnadenbild und das Geräth von Maria-Linden für seine neue Kirche gekauft hatte, ward es auch mit Strafen heimgesucht. Sieben taubstumme Kinder wurden dort ineinem Jahre geboren, und viel solche Geburten kamen so lange vor, bis die Espacher, auf den Rath ihres Geistlichen, Maria-Linden wieder aufbauten und alles, was sie daraus gekauft, dahin zurückgaben. Da hörten die Leiden Espachs und des Uebelthals mit einem Male auf, und der Name des letztern wurde nachher in »Ibenthal« umgeändert.
Fußnoten
1 In dem Büchlein: Heylbringender Linden-Baum etc. von Philipp Jakob Steyrer, Freiburg 1741, findet sich nichts von dieser Sage.
50. Spuk und Schatz beim Bankenbrunnen.
Ein armes Mädchen aus Wittenthal, welches in der Umgegend Brod zusammengebettelt hatte, ging damit nachts seiner Heimath zu. Bei dem Bankenbrunnen, der unweit des Dorfes auf dem Felde hervorquillt, sah es ein Männlein mit einem Halbmaltersack zwischen den beiden Stämmen eines Zwieselbaums stehen. Dasselbe winkte ihr mehrmals, hinzukommen, indem es den Sack aufhob; allein sie hatte dazu nicht den Muth und lief zuletzt vor Angst davon. Da fuhr das Männlein, ganz feurig, am Baum hinauf, und der Sack, der voll Geld war, versank klingend in den Boden.
Mehrere Leute aus Steurenthal sahen, spät in der Nacht, bei dem Brunnen eine unzählbare Menge Lichter. »Was ist denn das?« rief einer der Männer, der betrunken war, und im Augenblick fuhren die Lichter alle zusammen und bildeten eine riesenhafte Flamme. Zugleich entstand ein Gebrause, und es klang wie versinkendes Geld, worüber die Leute erschrocken davoneilten.
In der Nähe des Brunnens ist ein Grasplatz, um den vier uralte Eichen stehen. Daselbst scharrte eines Tags ein Schaf von der Heerde des Bankenhofs etwas Blinkendes aus der Erde. Einer der Hirtenbuben ging hin und sah, daß es mehrere alte Silbermünzen, so groß wie Kronenthaler, waren. Sogleich rief er seinem Genossen, welcher eben die Heerde zusammentrieb, zu dem Funde herzukommen; aber derselbe hielt es für Scherz und kam nicht, worauf der Bube allein im Boden suchte und so viel solche Münzen fand, daß er seinen ganzen Hut damit füllte. Voll Freude lief er zu den Leuten, die auf dem Felde des Bankenhofs arbeiteten,