Städte geschaffen. Tatsächlich finden wir denn auch im 13. und im 14. Jahrhundert eine Vermehrung der Städte, die schnell eine bedeutende Stellung einnahmen. Eine organische Entwicklung des Städtewesens kennt Polen nicht. Die Städte wurden vielmehr als fertige Organismen vom deutschen Nachbar übernommen, wie sie auch mit Deutschen besiedelt wurden. Ebenso wie die Dörfer erhielten sie deutsches Recht, und zwar Magdeburger Recht, entweder direkt oder in der in Neumarkt in Schlesien bzw. in Kulm gehandhabten Form. (Diese beiden Vermittelungsstellen sind charakteristisch für die Stellung Schlesiens und des Ordenslandes im Germanisationsprozess!) Die ältesten Städte sind königliche Gründungen. Geistlichkeit und Adel folgten erst später.
Der Gründungsvorgang entspricht dem für die Dörfer geschilderten. Der Lokator wurde zum Vogt (analog der im 13. Jahrhundert auch in Deutschland meist noch herrschenden frühen Städteordnung); er erhielt mehrere Hofstellen lastenfrei überwiesen, dazu einen Prozentsatz der Abgaben. Das Amt war erblich. Die übrigen Bürger erhielten nur eine Hofstelle (area), von verschiedener Größe, in Krakau z. B. 36 Ellen breit und 72 Ellen tief. In den kleinen Landstädten wurde außerdem den Bürgern oder wenigstens einem Teil auch Ackerland gegeben. Ihre einzige Verpflichtung gegenüber dem Grundherrn bestand in der Zahlung des census terrestris. Im übrigen sind sie vollständig frei, doch ist die ständische Gliederung der deutschen Städte von vornherein zu erkennen. (Das deutsche Zunftwesen hat sogar die Polonisierung überdauert.)
Die Gerichtsbarkeit wurde ausgeübt durch einen Gerichtshof, bestehend aus dem Vogt und gewöhnlich sieben Schöffen, die alljährlich gewählt wurden. Die Städte hatten auch die hohe Gerichtsbarkeit. Die Berufung ging anfangs stets, später meist an den Fürsten. In wichtigen Angelegenheiten aber wandte man sich an die Mutterstadt um ein Urteil oder um Rechtsbelehrung. Auf diese Weise blieb der Zusammenhang mit den deutschen Städten und der deutschen Rechtsentwicklung gewahrt.
Für die Verwaltung stand wahrscheinlich von vornherein dem Vogt ein von der Gemeinde gewählter Rat von vier bis acht Ratsherren zur Seite. Auch der Rat wurde meist jährlich neu gewählt. In einigen Städten lag die Ernennung auch in den Händen des Stadtherrn. (Das Bürgermeisteramt, das mit der wachsenden Macht des Rates ganz wie in Deutschland die Stellung des Vogtes vollständig änderte, ist erst im 14. Jahrhundert erkennbar.)
Charakteristisch für die deutschen Städte ist die Anlage: ein viereckiger Marktplatz, von dessen Ecken parallele Straßen nach den Stadttoren führen. In der heutigen Provinz Posen lassen sich für das 13. Jahrhundert 29, für das 14. Jahrhundert 48 deutsche Städte nachweisen. Bei den wenigen schon bestehenden polnischen Städten wurden deutsche Neustädte angelegt, die deutsches Recht erhielten, während die alten Städte bei ihrer bisherigen Verfassung bleiben mußten. So entstanden die deutschen Städte Breslau (1241–61), Posen (1253), Liegnitz (1255), Sandomir (1255), Krakau (1259), Gnesen (1282), Kalisch (1282), Wieliczka (1290), Łęczyca (1292), Lublin (1317).
Deutsche Sprache und Kultur verbreiteten sich damals überaus rasch in Polen. Die meisten Piasten waren deutschfreundlich gesinnt; einzelne, nicht nur die schlesischen, konnten überhaupt nicht Polnisch sprechen. Mancher verdankte seine Herrschaft seinem guten Verhältnis zu seinen deutschen Städten. Die schlesischen Piasten konnten sich nur deshalb einige Zeit auf dem Großfürstenthron behaupten, weil alles, was deutsch hieß, zu ihnen hielt. Die dreifache Einwirkung durch das Reich, durch den Orden und durch die Deutschen im Lande hätte bei einer ungestörten Entwicklung der Dinge ganz Polen mit Sicherheit dem Beispiel Schlesiens folgen lassen.
Drittes Buch.
Der Sieg des Adels.
8. Kapitel.
Das Zeitalter Kasimirs des Großen.
Schon zu Lebzeiten Wenzels II. hatte Władysław I. (IV.) (1288 bzw. 1306–1333) mit dem Beinamen Łokietek 1288 bis 1333 (Ellenlang) wieder einen Stützpunkt in Polen gefunden, indem er an der oberen Weichsel das Gebiet von Wiślica eroberte. Von dort aus fand er Anerkennung in Sandomir, Sieradz und einem Teil von Krakau. Nach Wenzels III. Tode gelangte er im ganzen Lande zur Herrschaft, mit Ausnahme Großpolens, das Heinrich I. von Glogau anerkannte, und Masowiens, dessen Herzöge ihm bis zu seinem Ende feindlich gesinnt blieben.
Während der kurzen Regierung Wenzels III. war Pomerellen, der polnisch gebliebene Teil Pommerns zwischen der Weichsel und der Leba mit dem wichtigen Danzig, an Brandenburg abgetreten worden. Die Versuche Łokieteks, dieses Land wiederzuerobern, mißlangen und hatten nur zur Folge, daß es aus brandenburgischem in Ordensbesitz überging, im Jahre 1309, demselben Jahre, in dem Siegfried 1309 von Feuchtwangen den Hochmeistersitz von Venedig nach der Marienburg verlegte. Im selben Jahre starb allerdings auch Heinrich von Glogau, so daß Łokietek wenigstens in Großpolen freie Hand bekam. Zwar kämpften die Deutschen für die ihrem Volkstum ergebenen schlesischen Fürsten, in Posen unter der Führung des Vogtes Primko, in Krakau des Vogtes Albert und des Bischofs Johann Muskata, eines Schlesiers. Aber der Sieg blieb doch auf seiten des Großfürsten, der durch diese Ereignisse sowohl, wie durch die ganze politische Lage in einen Gegensatz zum Deutschtum gedrängt wurde. Nun war das ganze Reich bis auf Masowien wieder in einer Hand vereinigt. Als so seine Stellung genügend befestigt erschien, ließ er sich durch den Gnesener Erzbischof Janisław am 20. Januar 1320 zum Könige krönen, allerdings nicht in Gnesen, 1320 sondern in Krakau, das fortan nicht nur Residenz, sondern auch Krönungsstadt wurde. Diese Krönung bekundete auch äußerlich die Wiederherstellung des Reiches und den Anbruch einer neuen Zeit.
Den Rest seines Lebens widmete er dem Kampfe gegen den Deutschen Orden, den er richtig als den gefährlichsten Feind Polens erkannte, nachdem die böhmische Gefahr vorüber war. Er strengte gegen den Orden einen Prozeß wegen Pomerellens an und erreichte die Einsetzung einer päpstlichen Kommission, die unter dem Bischof Gerward von Kujawien im Jahre 1321 zu Hohensalza entschied, daß der 1321 Orden Pomerellen zu räumen habe, — eine Entscheidung, die natürlich auf dem Papiere blieb, da keine Machtmittel ihr Nachdruck verliehen, und die der Orden später wieder rückgängig zu machen wußte. Durch Bündnisse mit den skandinavischen Königen, durch die Verheiratung seiner Tochter Elisabeth mit dem Ungarnkönig Karl Robert von Anjou und seines Sohnes Kasimir mit einer Tochter Gedymins von Litauen suchte sich Łokietek Helfer zu schaffen. Der Orden aber hatte Böhmen und Brandenburg auf seiner Seite.
Bei den ununterbrochenen Einfällen und Verheerungen, 1326 die von 1326 bis zu Łokieteks Tode dauerten, litten die polnischen Grenzlande Masowien und Kujawien namenlos und wurde 1331 auch Großpolen von dem Ordensmarschall Dietrich von Altenburg verwüstet. 1331 Aber trotz der Niederlage, die der König dem Orden im selben Jahre bei Płowce (in der Nähe des kujawischen Brześć) beibrachte, konnte er nicht verhindern, daß von den Rittern 1332 Kujawien behauptet wurde, daß Johann von Böhmen einen Feldzug nach Litauen durch 1332 Polen unternahm, sich von dem (masowischen) Fürsten von Płock huldigen ließ und Posen belagerte. Endlich kam durch die Bemühungen des päpstlichen Nunzius ein Waffenstillstand zustande, nach dessen Abschluß Łokietek starb. 73 Jahre ist dieser zweite Erneuerer Polens alt geworden, und wenn sein Leben auch scheinbar mit einem Mißerfolge endigte, so zeigte sich unter der nächsten Regierung doch, daß das Reich gefestigt war.
Sein Sohn und Nachfolger Kasimir I. (III.) der Große (Wielki), der 1333 1333 bis 1370 als Dreiundzwanzigjähriger zur Herrschaft gelangte und bis 1370 regierte, war seit langer Zeit der erste polnische Fürst, dessen Thronbesteigung keine inneren Wirren hervorrief.
Den Waffenstillstand mit dem Orden verlängerte er zunächst. Auch mit Böhmen suchte er zu einer Verständigung zu gelangen, indem er die Kämpfe um das Erbe Herzog Heinrichs von Kärnten und Tirol geschickt ausnutzte. Durch Vermittelung seines ungarischen Schwagers kam 1335 der 1335 erste Visegráder Vertrag zustande. Johann entsagte gegen Zahlung von 20 000 Schock böhmischer Groschen seinen Ansprüchen auf die polnische Krone, wogegen Kasimir auf alle schlesischen Fürstentümer,