obgleich jeder, der nach ihr etwas über die uns aufgegebene Materie in seiner Erzählung vortragen wird, sich gewiss innerhalb dieser Schranken wird halten müssen, so will ich mich doch nicht schämen, euch eine Geschichte mitzuteilen, die zwar vielleicht größere Unglücksfälle enthält, aber doch kein so glorreiches Ende nimmt. Wenn man darauf Rücksicht nehmen wollte, so würde man vielleicht meiner Erzählung weniger Aufmerksamkeit schenken. Da ich aber nichts Besseres zu geben vermag, so wird man mich entschuldigen. –
Man hält das Meerufer zwischen Reggio und Gaeta für eine der lieblichsten Gegenden Italiens. An diesem Ufer befindet sich in der Nähe von Salerno eine bergige Küstenstrecke, die über das weite Meer hinaussieht und von den Eingeborenen die Küste von Amalfi genannt wird. Sie ist mit einer Menge kleiner Städte und von Quellen bewässerter Gärten bedeckt, die von den reichsten und tätigsten Handelsleuten der Welt bewohnt werden. Unter diesen kleinen Städten ist eine namens Ravello, woselbst es zwar noch heutigen Tages an reichen Leuten nicht fehlt, doch zählte sie einst unter ihren Bürgern einen gewissen Landolfo Rufolo, der über alle Maßen reich war, dem aber seine Reichtümer dennoch nicht genügten, sodass er sie noch zu verdoppeln suchte und darüber in Gefahr geriet, nicht nur sie, sondern auch mit ihnen das Leben zu verlieren.
Nachdem er nach Art der Kaufleute seine Kalkulationen gemacht hatte, kaufte er ein großes Schiff, befrachtete es für seine eigene Rechnung mit Waren und segelte damit nach Zypern. Wie er aber ankam, fand er bereits eine große Anzahl Schiffe vor, die mit eben den Waren beladen waren, sodass er die seinigen, wenn er sie los werden wollte, nicht nur sehr wohlfeil verkaufen, sondern sie fast umsonst verschenken musste, worüber er aus der Haut fahren wollte. Als er nun vor lauter Verzweiflung nicht wusste, was er anfangen sollte, da er aus einem sehr reichen Mann in Kurzem beinahe zum Bettler geworden war, so beschloss er, entweder in den Tod zu gehen, oder sich durch Kaperei von seinem Verlust zu erholen, um nicht arm dahin zurückzukehren, von wo er als ein reicher Mann ausgefahren war. Er verkaufte sein großes Schiff, und mit dem Gelde, das er daraus löste, und mit demjenigen, das er für seine Waren empfangen hatte, kaufte er ein leichtes Fahrzeug zum Kreuzen, das er aufs Beste ausrüstete und mit allem Nötigen versah, das zu einem Piratenzuge nötig war, worauf er anfing, auf alles Jagd zu machen, vorzüglich aber auf die Türken. Das Glück war ihm bei diesem Gewerbe viel günstiger als ehemals bei seinen Handelsunternehmungen, und er nahm in Jahresfrist so viele türkische Fahrzeuge weg, dass er nicht nur alles wiedergewann, was er bei seinen Waren verloren hatte, sondern wohl noch einmal so viel dazu. Weil ihn nun sein erster Verlust gewitzigt hatte und er sah, dass er reich genug war, so glaubte er, um nicht zum zweiten Mal in die Schlinge zu fallen, müsse er sich begnügen. Er entschloss sich also, nach Hause zurückzukehren, und da er von Spekulationen genug hatte, so bekam er keine Lust, sein bares Geld noch einmal in Waren anzulegen, sondern er stach mit demselben Schiff, womit er es gewonnen hatte, in See. Wie er sich schon im Archipel befand, erhob sich ein Südoststurm, der ihm nicht nur entgegen war, sondern auch das Meer so unruhig machte, dass er sich nicht getraute, mit seinem kleinen Schiff die offene See zu halten, sondern in einer Bucht unter dem Schutz einer kleinen Insel vor Anker ging, um besseres Wetter abzuwarten. Wie er hier noch nicht lange gelegen hatte, warfen zwei große genuesische Kauffahrer, die von Konstantinopel kamen und sich mit Mühe gleichfalls dahin retteten, nach ihm Anker. Als diese seiner Nussschale gewahr wurden und erfuhren, dass es Landolfo war, von dessen Reichtümern sie schon gehört hatten, gedachten sie als geldgierige, räuberische Leute, es in ihre Hände zu bekommen. Den Weg nach der See hatten sie ihm bereits verlegt. Sie schickten also noch einen Teil ihrer Mannschaft mit Armbrüsten und anderen Waffen ans Land, um zu verhindern, dass sich jemand lebend von dem Schiffe dahin retten möchte, worauf sie mit ihren Booten, wobei ihnen die Meeresströmung zustatten kam, sich an die Seite des Schiffes bugsieren ließen und es nach einem schwachen Widerstande samt der ganzen Mannschaft wegnahmen, ohne einen einzigen Mann zu verlieren. Landolfo, dem sie nichts als eine armselige Jacke übriggelassen hatten, ließen sie an Bord einer ihrer Brigantinen bringen. Sein Schiff plünderten sie völlig aus und bohrten es dann in Grund. Als am folgenden Tage der Wind günstiger ward, lichteten sie die Anker und segelten nach Westen. Der Wind blieb ihnen auch den ganzen Tag günstig. Allein gegen Abend erhob sich ein Sturm, die See ging hoch, die beiden Schiffe wurden durch den Sturm getrennt, und das Unglück wollte, dass das, auf dem sich Landolfo befand, mit fürchterlicher Gewalt auf einer Sandbank oberhalb der Insel Cefalonia auf den Grund stieß und wie ein gegen eine Mauer geworfenes Glas klirrend und krachend zersprang. Die armen Schiffbrüchigen suchten sich in der finstern Nacht zu retten, so gut sie konnten, auf Waren, Kisten und Brettern, die umhertrieben. Wer schwimmen konnte, schwamm, und die Übrigen klammerten sich an das Erste, was ihnen in den Weg trieb. Unter diesen befand sich auch der arme Landolfo, der am vorigen Tage den Tod oft angerufen hatte, weil er lieber sterben als wie ein Bettler nach Hause zurückkehren wollte. Wie er aber den Tod vor Augen sah, fürchtete er sich doch vor ihm, so gut wie die anderen, und verschmähte es nicht, eine Planke zu ergreifen, in der Hoffnung, dass ihm der Himmel, wenn er sich vor dem Ertrinken retten könnte, doch wohl wieder Hilfe senden möchte. Er klammerte sich demnach mit Armen und Beinen an das Brett und erhielt sich auf ihm bis an den lichten Morgen, indes ihn Sturm und Wellen bald hierhin, bald dorthin schleuderten. Bei Tagesanbruch sah er rings um sich her nichts als Luft und Wasser und eine auf den Wellen treibende Kiste, die ihm oft zu seinem großen Schrecken sehr nahe kam. Denn er fürchtete, sie möchte ihm einen Prellstoß geben, der ihm gefährlich würde. So oft sie ihm zu nahe kam, suchte er sie mit den wenigen Kräften, die ihm übriggeblieben waren, von sich zu stoßen. Allein plötzlich erhob sich ein gefährlicher Windstoß und warf die Kiste mit solcher Gewalt gegen das Brett, dass Landolfo es musste fahren lassen und in den Wellen versank. Wie er wieder auftauchte und ihm die Angst mehr als seine Kräfte half, sich über Wasser zu halten, fand er, dass das Brett zu weit von ihm entfernt war, deswegen er die Arme nach der Kiste streckte, die ihm eben nahe genug trieb, um sie zu erreichen. Er stemmte sich mit der Brust auf den Deckel und steuerte sie mit den Armen so gut er konnte, und so trieb er den Tag und die ganze Nacht bald hierhin, bald dorthin auf den Wogen umher, ohne zu essen, weil er nichts hatte, dagegen er öfter zu trinken bekam, als ihn lüstete, und nichts als offenes Meer um sich sah, ohne zu wissen, wo er sich befand.
Am folgenden Tage erbarmte sich der Himmel seiner oder die Windrichtung. Er war schon porös geworden wie ein Schwamm und klammerte sich an die Seiten der Kiste verzweifelt fest, wie ein Ertrinkender in Todesangst. Da trieb er an das Ufer der Insel Korfu, wo von ungefähr ein armes Weib ihre Töpfe mit Sand und Seewasser scheuerte. Wie sie ihn und seine Arche schwimmen sah und keine deutliche Gestalt unterscheiden konnte, fürchtete sie sich und lief schreiend davon. Er selbst hatte nicht die Kraft zu sprechen oder auch nur zu sehen, sodass er ihr nichts sagen konnte. Doch wie ihn die Wogen ans Ufer spülten, ward das Weib erstlich die Kiste gewahr, dann die Arme, die sie umschlangen, hernach das Menschengesicht, und erriet nun endlich das Ganze. Vom Mitleid bewogen, watete sie ein wenig ins Meer hinaus, das sich schon beruhigt hatte, und zog ihn bei den Haaren samt der Kiste ans Land, wo sie mit Mühe seine Arme von ihr losmachte. Die Kiste ließ sie von ihrer Tochter, die bei ihr war, auf dem Kopfe tragen. Sie selbst trug Landolfo wie ein Kind auf ihren Armen nach Hause und brachte ihn in eine Badestube, wo sie ihn so lange rieb und mit warmem Wasser wusch, bis die erloschene Farbe sich auf seinen Wangen wieder einstellte und die verlorenen Kräfte allmählich wiederkamen. Wie sie glaubte, dass es Zeit wäre, nahm sie ihn aus dem Bad und erquickte ihn mit etwas gutem Wein und Backwerk und bewirtete ihn, so gut sie konnte, einige Tage, bis er wieder zu Kräften und völliger Besinnung kam, worauf sie es für Pflicht hielt, ihm seine Kiste, die sie geborgen hatte, wieder zuzustellen und ihm zu sagen, dass er nun wieder für sich selber sorgen könne. Er wusste zwar von keiner Kiste, doch nahm er sie gern an, wie die gute Frau sie ihm darbot, weil er dachte, sie müsste wenig wert sein, wenn sie ihm nicht einmal auf einen Tag zu seiner Zehrung verhelfe. Wie er sie aufhob und sehr leicht befand, verging ihm beinahe diese Hoffnung. Doch einst, wie die gute Frau nicht zu Hause war, erbrach er sie, um zu sehen, was darin wäre, und fand, dass sie eine Menge köstlicher Steine, gefasste und ungefasste, enthielt, von denen er einigermaßen ein Kenner war, und fand, dass sie von großem Werte waren. Er dankte dem Himmel, der ihn noch nicht verlassen hatte, und ward recht guten Muts. Weil ihn aber das Glück nun schon zweimal an der Nase herumgeführt hatte, so traute er ihm das dritte Mal nicht, sondern hielt für nötig, es sehr vorsichtig anzufangen, diese Kostbarkeiten nach Hause zu bringen. Er wickelte sie in alte Lumpen und sagte