während eines Zeitraums von fünf Jahren wöchentlich an jedem sechsten Tage zu ihrem Seelenheil und zu ihrer Erinnerung an das Leiden Christi fasten und womöglich nur Wasser und Brot erhalten. Auch soll sie gehalten sein, die kanonischen Stunden aufmerksam und fromm innezuhalten. Ihre Einkünfte und Renten, sowie die Früchte ihrer Brautgabe sollen, solange sie lebt, dem genannten Kloster zugewiesen werden, nach ihrem Tode aber mit ihrer Brautgabe an das Kloster di Santa Margherita zurückfallen. Aller Würden und Privilegien, sowie des aktiven und passiven Wahlrechts wird sie verlustig erklärt.«
Das zweite Urteil wurde am 24. Januar 1609 gegen den Priester Arrigone publiziert, nachdem zuvor ein Fiskal, der Advokat Sebastiano Ricci an der erzbischöflichen Kurie, aufgetreten war. Die einzelnen Verbrechen wurden aufgezählt und Arrigone der Beihilfe an den Verbrechen des Osio, der versuchten Verführung an Virginia und der vollendeten Verführung an der Schwester Candida Colomba für schuldig erklärt.
Er wurde nach vorgängiger Beratung mit dem Erzbischofe zu einer zweijährigen Galeerenstrafe und zu ewigem Exil, fünfzehn Meilen von Monza entfernt, verurteilt.
Arrigone ergriff das Rechtsmittel der Berufung an den Papst und focht das Urteil als ungerecht an, weil er die Verbrechen, deren er für schuldig erachtet worden sei, nicht begangen habe, vielmehr seine Feinde alles, was gegen ihn vorgebracht worden sei, erdichtet hatten. Aus den Akten ist indes nicht zu ersehen, ob die Berufung irgendeinen Erfolg gehabt hat.
Am 16. Juli 1609 erteilte der Erzbischof von Mailand dem Vikar Lancilotto die Ermächtigung, das Kloster Santa Margherita mit einem Notar zu betreten und gegen die Nonnen Benedetta – die in das Kloster zurückgebracht worden war –, Silvia und Candida die Untersuchung einzuleiten, gegen die ersteren, weil sie das sträfliche Verhältnis zwischen Osio und Virginia unterstützt, gegen die letztere, weil sie dasselbe getan und sich auch selbst mit dem Priester Arrigone vergangen habe. Der Vikar erhielt die Befugnis, diese Nonnen, wenn er es zur Ermittelung der Wahrheit für nötig hielte, auf die Folter spannen zu lassen.
Sie gestanden, was ihnen zur Last gelegt wurde, und schon am 26. Juli 1609 konnte das Urteil gefällt werden. Es lautete dahin, daß alle drei Nonnen eingemauert werden sollten. Eine Berufung nach Rom, die ihre Verwandten einlegten, scheint vergeblich gewesen zu sein.
Während über die unglücklichen Nonnen eine so fürchterliche Strafe längst ausgesprochen worden war, lebte der Hauptverbrecher Giampaolo Osio noch immer auf freiem Fuße. Der Senat von Mailand verfolgte ihn zwar durch seine Delegierten, den Senator und Doktor der Rechte Giovanni di Salamanca und den Generalfiskal Francesco, auf das eifrigste, und nicht bloß ihn allein, sondern auch seine Diener Camillo, genannt Rosso, Nicolao Perrina und Luigi Panzuglio. Die Diener sollten ihrem Herrn bei der Ermordung des Drogisten Reineri Roncini, der im Oktober 1607 in Monza in seinem Laden erschossen worden war, geholfen und dann sich mit Osio verabredet haben, den Priester Arrigone als Mörder anzugeben.
Es gelang jedoch nicht, die Missetäter zu ergreifen, deshalb wurden durch ein Kontumazialurteil vom 25. Februar 1608 Giampaolo Oslo wegen Mordes zum Tode am Galgen und seine Diener zum Tode durch das Schwert verurteilt und ihr gesamtes Vermögen eingezogen. Der Statthalter Graf di Fuentes erließ am 5.April 1608 eine öffentliche Bekanntmachung, laut welcher er demjenigen, der den zum Tode verurteilten Osio lebendig in die Hände der Gerichte liefere, eine Belohnung von tausend Scudi zusicherte und ihm ferner versprach, daß ihm für den Osio vier Verbrecher freigegeben werden sollten. Dem, der den Osio tot liefere, wurden fünfhundert Scudi und die Freigabe von zwei Verbrechern verheißen. Gleichzeitig, wurde das dem Osio gehörige Haus in Monza niedergerissen, dem Boden gleichgemacht und dann auf jener Stelle eine Schandsäule errichtet.
Allein Osio hatte auch in Monza Freunde; nach wenigen Tagen fand man die Schandsäule umgestürzt auf der Erde liegen. Es kam nicht heraus, von wem dieser Frevel begangen worden war, obwohl für die Entdeckung des Täters ein Preis von hundert Scudi ausgesetzt wurde. Auch die tausend Scudi für die Ergreifung Osios verdiente sich niemand, und dennoch wurde die Strafe an ihm vollzogen. Das trug sich so zu. Osio irrte unstet und flüchtig lange Zeit umher, seine Einnahmequellen versiegten, weil sein Vermögen in Beschlag genommen worden war, er litt oft bittere Not und war nirgends willkommen, wo er anklopfte. Zuletzt kehrte er heimlich nach Mailand zurück und wurde von einem seiner früheren Freunde, der dort in großem Ansehen stand, aufgenommen. Mehrere Tage blieb er in dessen Hause verborgen, eines Morgens aber sah man auf dem Schafott, das auf einem freien Platze stand, das Haupt des Verbrechers aufgepflanzt. Sein Gastfreund hatte ihn köpfen und das vom Rumpfe getrennte Haupt auf das Schafott stecken lassen. Ob er ihn töten ließ, um sich von dem Verdachte zu reinigen, daß er dem Mörder Herberge gewährt habe, oder weil er dadurch die Gunst des Statthalters zu erlangen hoffte, oder um anderer unbekannter Ursachen willen – wir wissen es nicht. Aber es wird berichtet, daß bei der Hinrichtung auch eine gewisse feierliche Form beobachtet worden sei. Der nichts Schlimmes ahnende Osio soll mitten in der Nacht geweckt, in ein unterirdisches Gemach gebracht, dort in Fesseln gelegt und, nachdem er einem daselbst anwesenden Priester gebeichtet habe, enthauptet worden sein.
Die Nonnen Virginia, Benedetta, Silvia und Candida wurden lebendig eingemauert, sie büßten in ihrem furchtbaren Gefängnis den Bruch ihres Klostergelübdes. Virginia lebte noch lange Jahre in ihrer Einsamkeit, sie erreichte ein Alter von mehr als sechzig Jahren und wurde als ein Muster tiefer Reue und wahrer Gottesfurcht allgemein verehrt. Der berühmte mailändische Maler Daniele Crespi (1592-1630) erhielt vom Erzbischof die Erlaubnis, sie zu malen. Das merkwürdige Bild soll noch jetzt in Mailand vorhanden sein. Der Kardinal-Erzbischof Federigo Borromeo erwähnt die so hart gestrafte Nonne in einem Briefe vom 21. Juni 1627 nach Madrid, wo man sich für das tragische Geschick dieses edelgeborenen Mädchens lebhaft interessierte. Der Erzbischof sagte von ihr, sie könne ein Spiegel ernster Reue genannt werden. Das deutet darauf hin, daß er Mitleid für sie fühlte; indes enthalten unsere Quellen nichts darüber, ob ihr Los etwa später gemildert worden wäre.
So endete dieser berühmte Prozeß. Er läßt uns einen Blick tun in die Roheit und Gewalttätigkeit des italienischen Adels in der Zeit des siebzehnten Jahrhunderts und nicht minder in die Verwilderung des Priesterstandes und die Sittenlosigkeit, die in den Klöstern damals zu Hause war.
Geständnis des Räubers Karl Friedrich Masch
Ich bin der jüngste Sohn des Handarbeiters Martin Masch und wurde am 28. April 1824 im Forsthaus Brunken bei Berlinchen geboren. Meine Eltern zogen bald nach meiner Geburt nach Hohenziethen, wo ich in die Schule gegangen und konfirmiert worden bin. Mein Vater trank, war aber fleißig und kam selten den Tag über nach Hause. Die Sorge für die Erziehung der Kinder überließ er der Mutter. In die Schule ging ich ungern, das Lernen wurde mir zwar leicht, aber ich hatte keine Freude an den Büchern und sprang lieber in Feld und Wald umher. Ich fing Tauben ein und verkaufte sie, stellte Sprenkel, nahm Vogelnester aus und plünderte mit meinen Kameraden die Obstgärten der wohlhabenden Bauern. Die Mutter strafte mich zwar mitunter, aber ihre Züchtigungen waren mir meistens sehr gleichgültig; wenn sie ja einmal derb zuschlug, lief ich davon und hielt mich tagelang verborgen, damit sie sich recht ängstigen sollte.
Der Vater kränkelte viel und starb, nachdem ich eingesegnet war. Im Jahre 1838 trat ich auf dem Rittergute Hohenziethen in Dienst; anfangs mußte ich die Ochsen hüten, als meine Körperkräfte zunahmen, wurde ich zu den gewöhnlichen Arbeiten der Knechte herangezogen. Es verdroß mich, daß mein Herr nicht zufrieden mit mir war, am liebsten wäre ich bei dem ersten unfreundlichen Wort weggelaufen, denn Tadel vertrug ich nun einmal nicht. Vier Jahre hielt ich aus, dann wurde ich weggeschickt, weil ich mich betrunken und im betrunkenen Zustande unbesonnene Streiche gemacht hatte.
Bei einem Bauer in Beyersdorf fand ich ein Unterkommen. Mein Bruder Johann Gottlieb diente in demselben Orte und richtete sich damals durch seine Leidenschaft, die er nicht beherrschen konnte, zugrunde. Er hatte mit der Tochter seines Dienstherrn eine Liebschaft angeknüpft und überwachte das Benehmen seiner Geliebten mit eifersüchtigen Augen. Es fiel ihm auf, daß sie auch gegen andere Burschen freundlich war, er bildete sich ein, daß er von ihr betrogen werde, und schwor ihr Rache. Als er sie eines Tages bei der Arbeit allein