Sehen Sie, ich könnte mir für Sie die größte Mühe geben, — jedes Opfer bringen, um Ihnen eine glückliche Zukunft, eine ehrenvolle Laufbahn zu schaffen, — aber Liebe, Chevalier — Liebe — ich glaube nicht, daß es das ist, — ich glaube, ich kenne die Liebe nicht und werde sie vielleicht auch niemals kennen.«
Der Chevalier senkte traurig den Kopf.
»Vielleicht,« fuhr die Gräfin sinnend fort, »würde ich die Liebe kennen lernen, — wenn ich einen Mann fände, zu dem ich hoch hinauf sehen könnte, — dessen Hand mit Herrscherkraft das Leben erfaßte, — dessen Geist alle die glänzend aufgeputzten Marionetten dieses Hofes an den Fäden seines Willens lenkte — vor dem ich mich beugen müßte, zu dem ich scheu und bewundernd aufblickend sprechen könnte: Du bist mein Herr! Aber wo ist ein solcher Mann,« sagte sie, verächtlich die Achseln zuckend, »in dieser Welt des goldenen Flitters, des Scheins, der Heuchelei — der Erbärmlichkeit? Stolz und hochmüthig treten sie einher, um sich demüthig zu beugen, wenn ein Höherer erscheint, — nicht ein Höherer an Geist und Kraft, sondern ein Höherer durch Laune und Zufall, durch einen leeren Titel — durch eine Perle mehr auf der Krone seines Wappens, durch ein breiteres Band auf seiner Schulter, — und wenn ich dann sehe, daß diese Alle sich wieder in den Staub beugen vor dem Höchsten, — und daß dieser Höchste wieder das willenlose Werkzeug ist in den Händen einer Frau, — vor der sie Alle kriechen und die sie Alle hassen — dann kann ich doch wahrlich den Mann nicht finden, an dem meine Liebe sich emporranken möchte.«
»O Gräfin,« rief der Chevalier, — »ich fühle allen Muth, alle Kraft, allen Willen in mir, um dieser Mann zu sein, — und, ich fühle es, ich werde das Ziel erreichen, das Ziel, in welchem meinem Ehrgeiz die Krone und meiner Liebe des Glückes duftiger Blütenkranz winkt.«
Die Gräfin trat zu ihm heran und sah ihm gedankenvoll in die Augen.
»Sie, Chevalier — Sie wollen es unternehmen, in der Welt dieses Hofes Ihre Hand nach der Herrschaft auszustrecken? — Sie — das unerfahrene, das schüchterne, das furchtsame Kind? — denn ein Kind sind Sie,« sagte sie, indem sie mit der Hand über seine Stirne strich, — »ein liebenswürdiges, ein reizendes Kind, — aber Sie würden zermalmt werden von dem Räderwerk der Intriguen — bleiben Sie fern in stiller Ruhe — Sie sind nicht geschaffen, um hier Ihren Weg zu machen, um die Männer zu beugen und die Frauen zu beherrschen — weiß ich doch kaum,« fuhr sie lächelnd fort, »ob Sie nicht eine verkappte Frau sind, — wenn ich diese zierliche Gestalt, — dieß weiche, sanfte Gesicht sehe —«
Der Chevalier wendete sich von ihr und trat heftig mit dem Fuß auf.
»O wie böse, Gräfin,« rief er, »Sie waren so gut, so freundlich — und nun dieser Spott! Und wieder ist es die Mißgunst der Natur, welche meine feurige, glühende Seele in diese schwache, gebrechliche, weibische Form einschloß, — die mich der Verachtung der Männer, dem Hohn der Frauen aussetzt, die mich ängstlich und schüchtern macht! Aber bei Gott — ich will zeigen, daß der Willen zum Herrschen auch in dieser Gestalt wohnen kann! Ich will mich erheben über alle die Scheinbilder männlicher Kraft, welche auf den Parkets dieser Säle sich durcheinanderdrängen, — mein Wort darauf, Gräfin,« sagte er bitter — »so schwach und klein ich bin — Sie sollen zu mir emporblicken.«
»Ruhig — ruhig, Chevalier,« sagte die Gräfin, nach einer kleinen, durch einen japanischen Schirm verdeckten Seitengalerie hinhorchend, — »die Marquise kommt, — regen Sie sich nicht auf, — denken Sie an Ihre Zukunft — und,« — fügte sie muthwillig hinzu, — »beginnen Sie die Ausführung Ihrer Herrschaftspläne bei dieser Herrscherin über den Höchsten unter den Hohen.«
»Gut, Gräfin,« rief der Chevalier, dessen weiches und zartes Gesicht in flammender Aufregung erglühte, — »Sie sollen sehen, daß das Kind zum Manne wird!«
Die Gräfin eilte an ihm vorüber, — der Chevalier wich erschrocken zurück, denn hinter dem bunten Schirm hervor trat die vielgehaßte und vielgefürchtete Freundin Seiner Majestät Ludwig's des Vielgeliebten in den Salon.
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