Ted Bell

DER ZAR


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sie einen beschaulichen Anblick, vor allem die Zwillingsglockentürme in der Ferne.

      In der Ära des alten Ost-West-Konflikts hatte die Royal Navy geheime Überwachungsoperationen durchgeführt, um den Sowjets die Vermessenheit auszutreiben, den Atlantik für ihr Territorium zu halten. Zu jener Zeit war Bermuda ein Hauptmarinestützpunkt zur Verteidigung der Vereinigten Staaten gegen sowjetische Angriffe gewesen. Die britischen Seestreitkräfte verfügten nach wie vor über ein kleines Aufgebot vor Ort. Obwohl diesem jetzt praktisch keine tragende Bedeutung mehr zufiel, mochte Cs Vorhaben dazu führen, dass der alte Hafen bald wieder voll funktionsfähig war.

      Als Hawke nach rechts schaute, erkannte er, was sein Fahrer mit dem heiligen Boden gemeint hatte: Einen malerischen, alten Friedhof, eingeschlossen in einem Tal am Fuß zweier flacher Hänge, deren Kuppen mit hohen Kasuarinen bewachsen waren.

      »Liegen hier gefallene Soldaten der Navy?«, fragte er.

      »Ja, Sir. Der Friedhof wurde 1812 eingeweiht, als der Hafen noch nicht vollständig ausgebaut war. Da, der von Gras umwucherte Steinturm – viele Männer aus der britischen Infanterie und Marine liegen dort begraben. Die meisten starben an Gelbfieber, doch einige der neueren Kreuze markieren die letzte Ruhestätte von Seefahrern, die ihr Ende auf Schiffen vor der Küste der Bermudas fanden, während sie gegen deutsche Panzerkreuzer und U-Boote kämpften.«

      »Davon wusste ich gar nichts«, gestand Hawke, während sie durch das schmale Eingangstor fuhren. Sie setzten ihren Weg schweigend fort, vorbei an den verlassenen Docks und den beiden Glockentürmen.

      »Sehen Sie das Gebäude auf dem hohen Hügel da drüben. Dort treffen Sie sich mit Mr. Trulove, Sir. Es ist die ehemalige Hafenkommission. Soll ich auf Sie warten?«

      »Das wäre mir sehr lieb, Stubbs. Heute Nachmittag habe ich noch eine Verabredung draußen auf Saint George's. Könnten Sie mich hinbringen?«

      »Wird mir ein Vergnügen sein, Sir.«

      »Die Adresse heißt Powder Hill. Kennen Sie die Gegend?«

      Stubbs drehte sich im Fahrersitz um. »Das ist eine Insel in Privatbesitz, Sir. Sie müssen sich ein Boot nehmen. Die Sicherheitsbestimmungen dort sind sehr hoch. Niemand wird auch nur in die Nähe des Ufers gelassen.«

      »Man erwartet mich.«

      »Ach so, dann sind Sie fein raus.«

      Der Wagen stoppte. Hawke öffnete seine Tür und stieg aus. Das dreistöckige Gebäude vor ihm war recht ansehnlich. Da es aus der britischen Kolonialzeit stammte, hätte ihm eine Sanierung durchaus gutgetan. Von dem Hügel aus bot es einen tollen Ausblick aufs Meer. Die Befestigungsmauer des Stützpunkts verlief dicht davor, und Basteien, die immer noch mit Kanonen bewehrt waren, umgaben es zu allen Seiten. Die beiden oberen Etagen verfügten jeweils über eine breite Veranda mit Klappladentüren an allen vier Fassaden.

      Hawke erblickte Sir David, der im Schatten des Dachs über dem Eingang wartete. Während er sich näherte, bemerkte er, dass sein Vorgesetzter eine alte, weiße Segeltuchhose mit ausgestellten Beinen und spanischem Schnitt, einen passend südländisch gestreiften Pullover, Zehensteg-Sandalen und einen Sombrero trug, der wie aus der Zeit gefallen aussah.

      In Anbetracht von Cs exzentrischer Bekleidung, wollte Hawke seinen Augen kaum trauen. Noch dazu befand sich C in Begleitung einer Frau. Sie war blond und sehr attraktiv. Ein schlichtes Kleid aus lindgrünem Leinen betonte deutlich ihre spektakuläre Figur. Das musste Pippa Guinness sein, vermutete der Agent gegen die Sonne anblinzelnd, eine der engsten Vertrauten des MI6-Leiters in London.

      »Verzeihen Sie die Verspätung«, entschuldigte sich Hawke und schüttelte die Hand von C. »Wir wurden unterwegs aufgehalten.«

      »Aufgehalten?«, hakte Sir David nach.

      »Nicht weiter von Belang.«

      Die Auffassung des Mannes von dem Tropenklima gerechter Kleidung ließ Hawke schmunzeln. Jemanden in diesem Aufzug ernstzunehmen war schwierig. Er hatte sich daran gewöhnt, seinen Arbeitgeber mit frischem Seidenhalstuch in einem Dreireiher aus Kammgarn zu sehen, entweder in Marineblau oder Dunkelgrau vom Ausstatter Huntsman in der Londoner Einkaufsmeile Savile Row.

      C sprach weiter: »Sie erinnern sich bestimmt an Miss Guinness, oder, Alex? Guinevere Guinness. Sie beide arbeiteten im Rahmen eines Spezialeinsatzes zusammen, wenn ich mich recht entsinne. In Florida, richtig?«

      »Selbstverständlich. Wie könnte ich Pippa vergessen, Sir? Sie hinterlässt bleibenden Eindruck. Wie geht es Ihnen, Miss Guinness. Freut mich, Sie wiederzusehen.«

      Hawke war der Frau während jener Mission, die sie beide nach Key West geführt hatte, sehr nahe gekommen. Beim Geheimdienst zeichnete sie sich für Datenauswertung verantwortlich, und man hatte sie ihrem Kollegen bei einer Sicherheitskonferenz in der Karibik zur Seite gestellt. Nach ihrer unüberlegten Affäre waren sie nicht unbedingt im Guten auseinandergegangen. Nun wartete er gespannt auf ihre Reaktion.

      »Hallo Alex«, antwortete sie lächelnd, als sei sie wirklich begeistert, ihn zu sehen. Eine seltsame Frau, fürwahr. Bei ihrer ersten Begegnung war sie eine der Schreibdamen des Premierministers in Downing Street 10 gewesen. Zuletzt gesehen hatte er sie, als sie unter Tränen über die Landungsbrücke vom Deck seiner Jacht Blackhawke gestapft war.

      C brach das unbeholfene Schweigen. »Irgendwas Bedenkliches? Unterwegs hierher, meine ich.«

      »Ein junger Tunichtgut folgte mir vom Krankenhaus auf einem Motorrad. Ich stellte ihn zur Rede und machte ihm begreiflich, dass es unklug wäre, mir weiter nachzustellen.«

      »Er folgte Ihnen? Das gefällt mir nicht.«

      »Ich habe seinen Namen. Werde der Sache auf den Grund gehen.«

      »Machen Sie das. Sollen wir jetzt anfangen, wie wär's? Miss Guinness und ich, wir sind uns einig, die richtigen Räumlichkeiten gefunden zu haben.«

      »Nach Ihnen, Sir.«

      C ging voraus. »Die beiden unteren Etagen nimmt das Schifffahrtsmuseum ein. Wunderbare Ausstellungen, die sollten Sie sich ansehen, Alex. Kriegsgeschichte der Bermudas. Die hiesige Regierung erlaubt uns, das gesamte Obergeschoss zu nutzen.«

      Er führte sie durch einen Korridor und drei Treppen hinauf, deren Stufen aus herrlichem Bermuda-Wacholder bestanden. Das oberste Stockwerk war, wie Hawke feststellte, dank zahlreicher Glastüren und Fenster, durch die warmes Sonnenlicht einfiel, viel angenehmer als die beiden unteren.

      »Das ist es«, sagte Trulove. »Was halten Sie davon, Alex. Ist dies das künftige Hauptquartier unserer neuen Spionageabteilung?«

      »Toller Ausblick«, bemerkte Hawke. Man konnte nach Süden über den South Channel zur Hafeneinfahrt von Hamilton schauen. Segelboote, Fischkutter und Fähren bahnten sich ihre Wege auf der scheinbar blauen, unbewegten Oberfläche des Großen Sund.

      »Stimmt. Mir schwebte dieses Ende des Flurs für unsere Männer vor. Die jungen MI6-Agenten Griswold und Symington, die ich bereits erwähnte und nach Bermuda mitbrachte, bekommen die Räume dort unten in der Nähe Ihres Büros. Die Yankees könnten wir auch auf der anderen Seite unterbringen.«

      »Welche Yankees, Sir?«

      »Habe ich das nicht erwähnt? Es wird eine Gemeinschaftsoperation mit unseren Freunden aus Langley sein. Mit unserem Budget könnten wir das kaum alleine bewerkstelligen, und da wir zweifellos gemeinsame Interessen hegen, haben sich Direktor Brick Kelly und der CIA bereit erklärt, einen nicht unerheblichen Teil der Finanzen zu übernehmen. Er wählt gerade jemanden aus, einen amerikanischen Topagenten, der bei Rotes Banner als Mittelsmann für Sie arbeiten soll. Kelly möchte hier ein geheimes, gemeinsames Antiterror-Ausbildungslager aufziehen. Er versucht sogar gerade, das Pentagon dazu zu bewegen, wieder eine der alten U-Boot-Werften im Hafen in Betrieb zu nehmen, um eines der Atom-U-Boote ihrer Atlantikflotte dort zu stationieren, die SSBN 640.«

      »Ich finde diese Idee brillant, Sir«, bekräftigte Pippa mit ihrem einnehmenden Lächeln, bevor sie sich Hawke zukehrte. »Sie nicht auch, Alex?«

      »Planen Sie, sich länger hier in Bermuda