Reinhard Pohanka

Dokumente der Freiheit


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suchen, um den Menschenrechten weltweit Geltung zu verschaffen. Alle Menschen auf der Welt sollten Grundrechte und Grundfreiheiten besitzen. Das war eines der wichtigsten Ziele, die zur Gründung der Vereinten Nationen führten. Durch den Zusammenschluss aller Staaten sollten die Menschenrechte nicht mehr die Angelegenheit eines einzelnen Staates sein, sondern zur Angelegenheit der internationalen Staatengemeinschaft werden. Festgehalten wurde dies in der Charta der Vereinten Nationen von 1945. In ihr heißt es, dass alle Mitgliedstaaten sich verpflichten, gemeinsam und jeder für sich, mit der Organisation zusammenzuarbeiten, um die Ziele der Organisation, und dazu zählt die Durchsetzung der Menschenrechte, zu erreichen. Durch diesen Artikel ist jedes Mitglied der Vereinten Nationen verpflichtet, die Menschenrechte zu achten. Um diese zu definieren, haben die Vereinten Nationen eine »Allgemeine Erklärung der Menschenrechte«, eine Aufzählung der Menschenrechte, verfasst, die von der Generalversammlung 1948 angenommen wurde.

      Die »Allgemeine Erklärung der Menschenrechte« markiert den Beginn des Bemühens um universale politische und rechtliche Durchsetzung der Menschenrechte. Sie will den Widerspruch zwischen globalem Anspruch und nationaler Geltung der Menschenrechte aufheben. Man könnte in der Entwicklung der Menschenrechte noch weitergehen, wenn man sie nur als einen nächsten Schritt sieht, in dem es darum geht, im Dialog der Religionen und Kulturen aller Menschen ein Weltethos festzulegen, um die Zweifel an der Universalität der in Europa entstandenen und christlich geprägten Menschenrechte auszuräumen und sie für alle Kulturen und Religionen anwendbar zu machen.

      Es sollte aber nicht vergessen werden, dass die Menschen- und Grundrechte nicht immer freiwillig gewährt wurden, sondern oft durch Kampf und Revolution eingefordert werden mussten. Es sind Rechte, die auch heute noch nicht von allen Staaten akzeptiert oder dort gebrochen werden, wo es Staaten politisch dienlich erscheint. Es muss daher ein Anliegen aller Menschen sein, diese Rechte weiter zu beschützen, zu bewahren und anzuwenden, oder zu akzeptieren, dass ohne sie die Menschheit wieder zum Urzustand, zum Krieg aller gegen alle, zurückkehren muss. Die Menschenrechte sind nur ein dünner Schild, der zwischen dem Menschen und seiner wilden Natur steht. Sie müssen stets von Neuem erkämpft und gesichert werden.

      1. Der Augsburger Religionsfriede (1555)

      Freiheiten entstehen weder von selbst, noch werden sie von den Mächtigen gerne gewährt. Freiheiten mussten oft in einer langen Reihe von Auseinandersetzungen erkämpft werden. An erster Stelle stand in der Geschichte nicht der Kampf um politische Freiheiten, sondern um die Religionsfreiheit, die Freiheit, nach seinem Gewissen zu leben.

      Als im Jahre 1517 Martin Luther seine 95 Thesen an die Türe der Schlosskirche zu Wittenberg anschlug, löste er die größte kirchliche, religiöse und auch politische Krise in der deutschen Geschichte aus.

      In rascher Folge schlossen sich zahlreiche deutsche Fürsten der reformierten Religion an, nicht nur deshalb, weil sie die Erneuerung der Kirche anstrebten, sondern auch, um sich als Widerpart gegen die immer stärker werdende Position der habsburgischen Kaiser im Reich zu etablieren. Innerhalb weniger Jahre wuchs die »protestantische Kirche« in verschiedensten Ausformungen, deren stärkste die lutherische Kirche war, zu einer politischen Kraft im Reich heran, die sich jedem Versuch des Kaisers, sie wieder in die katholische Kirche einzubinden, widersetzte.

      1530 wurde durch die protestantischen Stände auf dem Reichstag zu Augsburg versucht, die Anerkennung der reformierten Kirche, also eine erste grundlegende Religionsfreiheit, nämlich die Wahlfreiheit der Religion, zu erreichen. Das hierbei veröffentlichte Augsburger Bekenntnis (»Confessio Augustana«) war noch bestrebt, die Gemeinsamkeit mit der Katholischen Kirche wiederzuerlangen, sie war noch ein ökumenisches Bekenntnis, wurde aber in der Folge zur zentralen Bekenntnisschrift der Lutheraner, und somit ein erster Schritt auf dem Weg zur Kirchenspaltung. Kaiser Karl V., der dies erkannte, verweigerte daher dem Augsburger Bekenntnis die Anerkennung. In der Folge kam es zu innerdeutschen Auseinandersetzungen im Kampf zwischen dem Kaiser und den Protestanten im Reich, die bis 1547 andauerten und mit einem vorläufigen Sieg des Kaisers endeten. 1548 erließ Karl V. das »Augsburger Interim«, mit dem er die Protestanten zur Vereinigung mit der Katholischen Kirche zwingen wollte. Dieser Versuch endete 1552 mit dem Aufstand der protestantischen Fürsten im Reich, worauf im »Vertrag von Passau« die Gleichberechtigung der beiden Konfessionen bis zum nächsten Reichstag ausgesprochen wurde.

      Kaiser Karl V. zog sich daraufhin aus der deutschen Politik zurück, sein Bruder Ferdinand I. berief in seiner Vertretung für 1555 einen Reichstag nach Augsburg ein, wo er mit den lutherischen Protestanten den »Augsburger Religionsfrieden« schloss.

      Die Kernpunkte dieses Dokumentes, mit dem im Reich eine friedliche Koexistenz beider Konfessionen erreicht werden sollte, umfasst zwei Rechte:

      Das »ius reformandi« ist das Recht des Landesherren, in seinem Herrschaftsgebiet die zu praktizierende Religion zu bestimmen. . Daraus aber, und das ist das revolutionäre Gedankengut des Augsburger Religionsfriedens, leitet sich ein zweites Recht ab, das »ius emigrandi«. Es ist dies das Recht der Andersgläubigen, ein konfessionell definiertes Herrschaftsgebiet zu verlassen und nach Bezahlung einer Abzugssteuer in ein Gebiet ihres Glaubens überzusiedeln. Erlaubt war dies aber nur Katholiken und Lutheranern, während Reformierte, Calvinisten und Anhänger Zwinglis davon ausgenommen waren.

      Im Augsburger Religionsfrieden wurde damit erstmals ein Individualrecht festgeschrieben, das im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten, in denen die Verfolgung Andersgläubiger durch Zwang und durch den Henker durchgeführt wurde, als fortschrittlich bezeichnet werden konnte. Damit kann das »ius emigrandi« als erstes niedergeschriebenes Grundrecht in der deutschen Geschichte bezeichnet werden.

      § 14 – Landfriedensformel

      Setzen demnach, ordnen, wollen und gebieten, dass fernerhin niemand, welcher Würde, Standes oder Wesens er auch sei, den anderen befehden, bekriegen, fangen, überziehen, belagern, […] [möchte], sondern ein jeder den anderen mit rechter Freundschaft und christlicher Liebe entgegentreten soll und durchaus die Kaiserliche Majestät und Wir alle Stände, und wiederum die Stände Kaiserliche Majestät und Uns, auch ein Stand den anderen, bei dieser nachfolgenden Religionskonstruktion des aufgerichteten Landfriedens in allen Stücken lassen sollen.

      Und damit solcher Friede auch trotz der Religionsspaltung, wie es die Notwendigkeit des Heiligen Reiches Deutscher Nationen erfordert, desto beständiger zwischen der Römischen Kaiserlichen Majestät, Uns, sowie den Kurfürsten, Fürsten, und Ständen aufgerichtet und erhalten werden möchte, so sollen die Kaiserliche Majestät, Wir, sowie die Kurfürsten, Fürsten und Stände keinen Stand des Reiches wegen der Augsburgischen Konfession, und deren Lehre, Religion und Glauben in gewaltsamer Weise überziehen, beschädigen, vergewaltigen oder auf anderem Wege wider Erkenntnis, Gewissen und Willen von dieser Augsburgischen Konfession, Glauben, Kirchengebräuchen, Ordnungen und Zeremonien, die sie aufgerichtet haben oder aufrichten werden, in ihren Fürstentümern, Ländern und Herrschaften etwas erzwingen oder durch Mandat erschweren oder verachten, sondern diese Religion, ihr liegendes und fahrendes Hab und Gut, Land, Leute, Herrschaften, Obrigkeiten, Herrlichkeiten und Gerechtigkeiten ruhig und friedlich belassen, und es soll die strittige Religion nicht anders als durch christliche, freundliche und friedliche Mittel und Wege zu einhelligem, christlichem Verständnis und Vergleich gebracht werden.

      Doch sollen alle andere so obgemelten beiden Religionen nicht anhängig in diesem Frieden nicht gemeint, sondern gänzlich ausgeschlossen sein.

      Wo ein Erzbischof, Bischof, Prälat oder ein anderer geistliches Standes von Unser alten Religion abtreten würde, dass derselbige sein Erzbistum,