tückischen Hohns, des verbissenen Hasses? – Und dagegen – mit welcher offenen Biederkeit, mit welchem unverstellten Frohsinn wedeln wir! – Bedenke das, mein Lieber, und schätze Hunde! –
Ich. Wie sollte ich das nicht! – Du, lieber Berganza, flößest mir eine wahre Ehrfurcht gegen dich und deinesgleichen ein, die ich zeitlebens nähren werde. Doch fahre jetzt in deiner schauerlichen Erzählung fort.
Berganza. Ich biß wütend um mich, ohne das Ungetüm zu verletzen. Hart an die Mauer mich drängend, trat ich endlich kräftig in das Gewand, das sich um meine Pfoten geschlungen hatte, und so gelang es mir, das Weib herabzuziehen. – Nun faßte ich mit den Zähnen ihren Arm – sie stieß einen entsetzlichen Schrei aus, und mit einem starken, kühnen Sprunge schleuderte ich sie weit hinter mir zurück.
Ich. Gott sei Dank, du bist erlöst.
Berganza. O höre nur weiter! – In voller Furie rannte ich nun bei dem Hospital vorbei zum Tore hinaus – fort – fort unaufhaltsam in die Nacht hinein. Von weitem glänzte mir ein Feuer entgegen, in drei Sprüngen war ich auf dem Kreuzwege, in dessen Mitte unter einem Dreifuß, auf dem ein seltsam geformter Kessel stand, das Feuer glühte, das ich schon in der Ferne gesehen. Eine ungeheure, in häßlichen glänzenden Farben gesprenkelte Kröte saß aufrecht bei dem Kessel und rührte mit einem langen Löffel darin, daß schäumend, zischend und prasselnd der kochende Gischt übergärte in die Flammen hinein, aus denen blutrote Funken emporfuhren, die in garstigen Gebilden zur Erde fielen. Eidechsen mit albern lachenden Menschengesichtern, spiegelglatte Iltisse, Mäuse mit Rabenköpfen, allerlei widriges Ungeziefer rannte wild durcheinander in immer enger und engeren Kreisen, und ein großer schwarzer Kater mit funkelnden Augen haschte gierig danach und schluckte knurrend den Fang herunter. – Wie festgezaubert stand ich da; eine Eiskälte glitt über mich hin, und ich fühlte, daß meine Haare sich sträubten wie Borsten. Die Kröte mit ihrem unwandelbaren Treiben und Rühren im Kessel, mit der Larve, die, etwas Menschliches in sich tragend, das Menschliche höhnte, war ein scheußlicher Anblick. – Aber über den Kater wollte ich her! Aus dem knurrenden, murrenden, schmeichelnden, schwänzelnden, falschen Geschlecht, das dir von Natur zuwider, dachte ich, ist dieser schwarze Kerl? und in dem Augenblick fühlte ich Mut, auch das Teuflische zu bekämpfen, da es sich in der Gestalt meines natürlichen Feindes darstellte. Ein Tritt – ein Biß, und der ganze Spuk ist vernichtet! Schon lauerte ich auf den günstigen Moment, wenn der Kater sich mir genug nahen würde, um ihn sicher und derb zu fassen, als eine kreischende Stimme durch die Lüfte fuhr: »Montiel! Montiel!«
Ich. Ach, Berganza! – ich merke Unrat. – Doch weiter.
Berganza. Du siehst, wie mich die Erzählung angreift; noch jetzt ist das Bild jener verhängnisvollen Nacht mir so lebhaft, als es je war, da meine Existenz – doch ich will nicht vorgreifen. –
Ich. So erzähle weiter. –
Berganza. Mein Freund! – es hört sich ganz bequem zu, aber der Erzähler keucht und schwitzt, um all die Wunder, all die seltsamen Abenteuer, von denen sein Gemüt befangen, gehörig in Worte und wohlgebaute Perioden zu fassen. – Ich fühle mich recht matt und sehne mich recht sehr nach einer wohlzubereiteten Bratwurst, meiner Lieblingsspeise; aber da das hier nun nicht zu erlangen, so muß ich nun freilich ohne alle Erquickung mein Abenteuer fortsetzen.
Ich. Ich bin begierig darauf, wiewohl ich mich eines geheimen Schauers nicht erwehren kann. Daß du sprichst, ist mir nun gar nichts Ungewöhnliches mehr, ich schaue nur immer in die Bäume, ob nicht so eine vertrackte Eidechse mit einem Menschengesicht herauslacht.
Berganza. »Montiel! Montiel!« schallte es durch die Lüfte – »Montiel! Montiel!« neben mir. Plötzlich sah ich mich umgeben von sieben riesenhaft großen, dürren alten Weibern; siebenmal glaubte ich die vermaledeite Cannizares zu sehen, und doch war es wieder keine, denn eine stets wechselnde Varietät in diesen verschrumpften Gesichtern mit den spitzigen Habichtsnasen, den grünfunkelnden Augen, den zahnlosen Mäulern, machte das Bekannteste fremd, das Fremdeste bekannt. Sie fingen einen kreischenden Gesang an, indem sie sich wilder und wilder mit wunderlichen Gebärden um den Kessel drehten, daß die rabenschwarzen Haare weit in die Lüfte flatterten und die zerrissenen Gewänder ihre gelbe ekelhafte Nacktheit kaum deckten. Der schwarze Kater schrie in den grellsten Tönen dazwischen, und indem er ganz nach Katzenart prustete und nieste, sprühten die Funken umher. Bald sprang er diesem, bald jenem Weibe an den Hals, die sich dann, indem die andern stillstanden, im Wirbel drehte und tanzend ihn an sich drückte, bis er von ihr abließ. – Nun schwoll die Kröte mehr und mehr auf, und plötzlich stürzte sie sich in den dampfenden Kessel, daß er überflutete in das Feuer, und nun gärte und zischte und knisterte und flackerte Feuer und Wasser in tausend abscheulichen Gebilden, die in Sinne beängstendem, rastlosem Wechsel hervorblitzten und verschwanden. – Da waren es seltsamliche häßliche Tiere, Menschengesichter nachäffend; da waren es Menschen, in gräßlicher Verzerrung mit der Tiergestalt kämpfend, die ineinander, durcheinander fuhren und, miteinander ringend, sich verzehrten. Und in dem dicken Schwefeldampf des lodernden Kessels tanzend, drehten sich wilder und wilder die Hexen! –
Ich. Berganza – das ist zu gräßlich – selbst deine Physiognomie – unterlasse, ich bitte dich, ein gewisses Rollen deiner übrigens geistreichen Augen. –
Berganza. Jetzt keine Unterbrechung, mein Freund! Höre lieber das geheimnisvolle grausige Hexenlied, das ich noch treu im Gedächtnis trage.
»Eulen-Mutter! Eulen-Mutter!
Eulen-Mutter hergeflogen,
Junker hat den Sohn betrogen,
Sohn muß Sohnes Mutter sühnen,
Blut in Glut ist bald erschienen.
Eulen-Mutter! Eulen-Mutter!
Eulen-Mutter hergeflogen!
Hat der rote Hahn gelogen,
Muß den Hahn der Kater würgen,
Mutter stellt den treuen Bürgen.
Eulen-Mutter! Eulen-Mutter!
Eulen-Mutter hergeflogen!
Ist im Fünf die Sieb'n gewogen.
Kobold, Salamander weichen,
Seht sie durch die Lüfte streichen.
Eulen-Mutter! Eulen-Mutter!«
So lauteten die Worte des Gesanges, den die sieben Furchtbaren abkreischten. Hoch durch die Lüfte erscholl es: »O mein Sohn Montiel, trotze dem Junker, trotze dem Junker!« – Da sprang, grimmig schnaubend und Funken prustend, der schwarze Kater auf mich zu; ich aber nahm meine Kraft zusammen, und da ich nun eine besondere Stärke und Geschicklichkeit in meinen Vordertatzen (Tatze gefällt mir viel besser als das weichliche weibliche: Hand! Könnte ich nur sagen: der Tatz, aber das verbieten eure frisierten Adelunge!) – ich wollte sagen: da ich nun eine besondere Stärke und Geschicklichkeit in meinen Vordertatzen besitze, so trat ich meinen Feind zu Boden und packte ihn mit meinem scharfen Gebiß fest, das lumpichte Raketenfeuer nicht achtend, das nun aus Nase, Auge, Maul und Ohr prasselnd emporfuhr. Da heulten und schrien im schneidenden Jammer die Hexen und warfen sich zur Erde und rissen die schlotternden Brüste blutig mit den langen Nägeln der knöchernen Finger. Ich aber ließ meinen Fang nicht fahren. – Ein Flattern – ein Brausen in der Luft. – Auf einer Eule herab kommt ein altes graues Mütterlein, ganz anders wie die übrigen gestaltet. Das verglaste Auge lacht gespenstisch in mich hinein. »Montiela!« kreischen die Sieben – ein Schlag zuckt durch meine Nerven – ich lasse den Kater los. – Ächzend und schreiend fährt er davon auf einem blutroten Lichtstrahl. Dicker Dampf umquillt mich – ich verliere Atem – Besinnung – ich sinke hin. –
Ich. Berganza, halte ein; deine Darstellung hat fürwahr ein lebhaftes Kolorit; ich sehe die Montiela – die Flügel ihrer Eule wehen mir eine gewisse schauerliche Kälte zu – ich kann nicht leugnen, daß ich mich nach deiner gänzlichen Befreiung sehne.
Berganza. Als ich wieder zur Besinnung kam, lag ich an der Erde; ich konnte keine Pfote regen, die sieben Gespenster saßen am Boden gekauert um mich herum und