ich ihm meine Vermählung mit Danusia kund gethan. Als eine Versündigung gegen Gott bezeichnete er diese That; da ich ihm aber bedeutete, es sei Gottes Wille gewesen, beruhigte er sich – verzieh er mir. Auf der ganzen Fahrt behauptete er stets, seine Tochter sei von niemand anderm als von den Ordensbrüdern entführt worden. Was sich aber dann ereignet haben mag, ist mir unerklärlich. Jenes Weib, das mir seiner Zeit ein Heilmittel in den Jagdhof überbracht hatte, kam mit einem Boten nach Spychow. Jurand schloß sich mit den beiden zu einer Unterredung ein. Was die drei besprochen haben, weiß ich nicht; nachdem sie jedoch auseinander gegangen waren, vermochten Jurands eigene Knechte ihren Herrn kaum mehr zu erkennen, schien er doch wie von Furcht und Schrecken erstarrt. Er erklärte auch: ›Nicht die Kreuzritter sind die Schuldigen‹, allein er entließ nicht nur de Bergow, sondern auch alle andern Gefangenen aus der Haft, er selbst aber entfernte sich aus der Burg ohne einen Knappen, ohne Knecht … Mir wurde gesagt, er wolle sich zu den Räubern Danusias begeben, um diese loszukaufen, ich möge in Spychow seine Rückkehr erwarten. Nun denn, ich wartete! Plötzlich kam die Nachricht aus Szczytno, Jurand habe unzählige Deutsche erschlagen, sei aber dann selbst gefallen. O wohledler Herr, mir brannte der Boden von Spychow unter den Füßen, mir drohte der Wahnsinn. Den Mannen befahl ich, zu Pferde zu steigen – ich wollte Jurands Tod rächen. Da sagte Pater Kaleb zu mir: ›Du kannst die Burg nicht stürmen, einen Krieg darfst Du nicht beginnen. Begieb Dich zu dem Fürsten, vielleicht hörst Du durch ihn von Danusia‹. So kam ich hierher und traf gerade noch recht ein, um jenen Hund belfern zu hören, um zu vernehmen, wie er sich über das den Kreuzrittern zugefügte Unrecht, über Jurands Wahnwitz ausließ. Ich habe seinen Handschuh aufgehoben, weil ich ihm schon einmal eine Herausforderung habe zugehen lassen, und wenn ich auch nichts weiß, weiß ich doch so viel, daß die Kreuzritter teuflische Lügner sind – ohne Scham, ohne Ehre, ohne Treue! Seht, allergnädigster Fürst, erhabene Fürstin, die Ordensritter haben de Fourcy ermordet, auf meinen Knappen versuchten sie jedoch die Schuld zu laden. Bei Gott, wie ein Vieh haben sie de Fourcy hingeschlachtet, dann aber erschienen sie vor Dir, o Herr, und forderten Vergeltung, forderten Rache. Wer kann schwören, daß sie nicht vor Jurand ebensolche Lügen vorgebracht haben, wie jetzt vor Dir, o Herr? Wohl weiß ich nicht, wo Danusia ist, trotzdem aber habe ich den Kreuzritter gefordert. Der Tod ist mir erwünscht. Was gilt mir noch mein Leben ohne sie, die Heißgeliebte!«
Von Verzweiflung ergriffen, riß er sich das Netz von dem Haupte und grub schluchzend seine Hände in die nun über seine Schultern herabwallenden Haare.
Auch Anna Danuta war tief erschüttert. Der Raub Danusias hatte sie schwer getroffen. Nun legte sie ihre Hand auf das Haupt Zbyszkos und sagte: »Gott der Herr wird Dir beistehen, er wird Dich segnen, er wird Dich trösten.«
Fünftes Kapitel.
Der Fürst widersetzte sich dem Zweikampfe nicht. Der herrschenden Sitte gemäß lag dies auch gar nicht in seiner Macht. Dagegen forderte er, daß Rotgier an den Meister und an Zygfryd ein Schreiben des Inhalts sende, er selbst habe zuerst dem masovischen Ritter den Handschuh vor die Füße geworfen. Daraufhin sei es zum Kampfe mit dem Ehegemahl von Jurands Tochter gekommen, der ihm übrigens schon viel früher eine Herausforderung geschickt habe. In diesem Briefe gab der Kreuzritter dem Großmeister auch die Erklärung ab, er stelle sich nur deshalb ohne vorherige Erlaubnis zum Zweikampfe, weil es sich um die Unterdrückung eines widerlichen Verdachtes handle, der Schimpf und Schande auf den Orden häufen würde. Für die Ehre des Ordens sei aber er, Rotgier, jederzeit bereit, sein Blut zu opfern. Dieser Brief wurde sofort durch einen Knecht des Ordensritters an die Grenze geschickt, von wo er dann weiter nach Marienburg mit der Post befördert ward, welche die Kreuzritter schon viele Jahre in ihrem Gebiete eingerichtet hatten.
Mittlerweile wurde in dem Burghofe der Schnee festgetreten und mit Asche bestreut, damit die Füße der Kämpfenden nicht einsinken oder auf der glatten Oberfläche ausgleiten konnten. In der ganzen Burg herrschte eine ungewöhnliche Lebendigkeit. Eine solche Erregung hatte sich der Ritter und des Hofes bemächtigt, daß in der, dem Kampfe vorangehenden Nacht kein Auge den Schlaf fand. Man wurde nicht müde, sich gegenseitig zu versichern, daß ein Kampf zu Pferde mit Lanze oder Schwert fast stets Verwundungen herbeiführe, ein Kampf zu Fuß, der zudem mit der fürchterlichen Streitaxt ausgefochten werden sollte, immer einen tödlichen Ausgang nehme.
Die Herzen aller waren auf der Seite von Zbyszko. Aber gerade wegen der großen Vorliebe eines jeden für ihn oder für Danusia gedachten auch die meisten voll banger Sorge der Berühmtheit und Gewandtheit des Kreuzritters. Viele der Frauen verbrachten die Nacht in der Kirche, wo Zbyszko vor dem Zweikampfe bei Pater Wyszoniek die Beichte ablegte. Beim Anblick der fast knabenhaften Züge des jungen Ritters sprach eine zu der andern: »Das ist ja noch ein wahres Kind – weshalb soll sein jugendliches Haupt unter den deutschen Schwertstreichen fallen!« Und mit noch tieferer Inbrunst beteten sie um Schutz für ihn. Als er sich indessen bei Anbruch der Morgendämmerung von seinen Knien erhob und durch die Kapelle schritt, um sich in der Rüstkammer zu wappnen, da faßten die Frauen wieder frischen Mut. Denn wenn auch Zbyszko ein knabenhaftes Antlitz hatte, zeichnete er sich doch durch einen weit über das gewöhnliche Maß hinausgehenden, hohen, kräftigen Wuchs aus und machte dadurch den Eindruck eines geradezu vor Kraft strotzenden Jünglings, der es mit jedem aufzunehmen vermochte.
Der Kampf sollte in dem von einer Säulenhalle umgebenen Burghofe ausgefochten werden.
Kaum tagte es völlig, so erschienen der Fürst und die Fürstin mit den Kindern. Sie nahmen in der Mitte der Säulenhalle Platz, da man von hier aus den ganzen Vorhof am besten überblicken konnte. Ihnen zur Seite ließen sich die Vornehmsten des Hofes nieder, die Edelfrauen und die Ritter. Allmählich füllte sich jeglicher Winkel der Halle. Hinter einem von Schnee aufgeworfenen Walle stellte sich der größte Teil des Gesindes auf. Etliche kletterten sogar auf die Fenstergesimse oder auf das Dach.
»Gebe Gott, daß sich der Unsrige nicht ergeben muß!« flüsterten diese einfachen Leute einander zu.
Der Tag war feucht, kalt, aber klar. Ein Schwarm von Dohlen, die unter den Dachfirsten und in den Zinnen der Türme nisteten und von dem ungewöhnlichen Lärm aufgescheucht worden waren, flogen wild mit den Flügeln schlagend über der Burg hin und her. So groß war die Erregung von all den hier Versammelten, daß sie die herrschende Kälte durchaus nicht empfanden. Als aber nun gar der erste Trompetenstoß ertönte, der das Nahen der Kämpfer verkündete, da klopften die Herzen aller zum Zerspringen. Jene hingegen betraten von zwei entgegengesetzten Seiten die Schranken und blieben innerhalb der ihnen bestimmten Grenzen stehen. Den Zuschauern stockte der Atem in der Brust. Ein jeder sagte sich: »In nicht allzuferner Zeit werden vielleicht zwei Seelen vor dem Richterstuhle Gottes stehen, werden vielleicht zwei Leichname auf dem Schnee liegen.« Die Lippen, die Wangen der Frauen erbleichten bei diesem Gedanken, die Männer hingegen hielten die Blicke unverwandt fest auf die Widersacher gerichtet, hofften sie doch nach deren Erscheinung und Ausrüstung voraussagen zu können, auf wessen Seite sich der Sieg neigen werde.
Der Kreuzritter trug einen glänzenden, bläulich schimmernden Harnisch, das gleiche Hüftblech und einen ebensolchen Helm mit offenem Visier und mit einem prächtigen Pfauenfederbusche als Helmzier. Zbyszko erschien in der wunderbar schönen mailändischen Rüstung, die er seinerzeit von den Friesen erbeutet hatte. Sein Haupt schützte er durch einen schmucklosen, mit einer breiten Kante versehenen Helm, dessen Visier gleichfalls offen war. Mit der linken Hand hielten beide Ritter ihren mit Wappen versehenen Schild. Den Schild des Kreuzritters zierten oben Schachfelder, unten drei Löwen, die auf den Hinterbeinen standen. Auf dem Schilde Zbyszkos befand sich ein stumpfes Hufeisen. Die Rechte umfaßte die breite scharfe Streitaxt, deren eichener, schwarzgewordener Stil an Länge den Arm eines Mannes überragte. Hinter den Rittern schritten deren Knappen einher. Hlawa, von Zbyszko Glowacz genannt, und van Krist, die mit dunkeln Harnischen aus Eisenblech bekleidet, mit Axt und Schild bewaffnet waren. Van Krist führte einen Ginsterstrauch im Wappen, das Wappen des Böhmen ähnelte dem Wappen, das »Pamian« genannt wurde, nur daß statt der Axt, die den Stierkopf spaltete, ein kurzes Schwert bis zur Hälfte in dessen Auge steckte.
Ein zweiter Trompetenstoß erscholl. Beim dritten sollte,