nimma der arme Deanstknecht. Schau her! Deutet auf seine Orden. De hab i mir g’holt auf’n Schlachtfeld.
Der Vater: I liab mei Vaterland, du Hanswurscht, du dappiger, i liab’s aus vollem Herzen, wia’r a Kind sei Muatta liabt.
Miadei: Nacha muaßt aa den liaben, der wo’s verteidigt.
Der Vater: Dös is was anders. De feste Ordnung ist vom Herrgott g’setzt, daß de Tochta von an Bauern koan Knecht heiraten derf.
Seppei: Wo steht dös?
Der Vater: Dös steht in unserm Herzen g’schrieben.
Miadei: Na, Vata!
Der Vater: Ja, sag i, du triaugete Stallatern!
Seppei: So schmeißt also du den Sieger von Orleans außi?
Der Vater: I muaß, und wenn’s mi aa hart o’kimmt.
Seppei: Miadei, im heißesten Schlachtgetümmel is mir net so z’Muat g’wen, als wia in dera Stund! Der Säbelhieb von dem französischen Kürassier hat mi net a so g’schmerzt, als wia der Abschied vo dir, du armes Deandl.
Der Vater: Jetzt halt amal ‘s Mäu, du Bluatsmensch!
Der Postbote: A Briaf, a Briaf!
Der Vater: Vo wem?
Seppei hat den Brief genommen: Dös is unserm Kini sei Handschrift.
Miadei: Vom Kini? Von…
Der Vater: Von unserm Kini? Was schreibt de Majestät?
Seppei: Glei, glei… liest vor: »Es ist mein allerhöchster Wille, daß der Großbauer von Wall seine Tochter dem Unteroffizier Josef Brandstetter gibt, für bewiesene Tapferkeit.«
Der Vater: Steht dös wirkli drin?
Postbote: Jawoll, so hoaßts.
Der Vater: Wenn der Kini dafür is, ko da Großbauer net dagegen sein. In Gott’s Nam, heirats enk halt.
Alle rufen: Es lebe der Kini und das Bayerland!
Die Musik spielt die Königshymne. Bengalische Beleuchtung. Alpenglühen und Bergfeuer.
Finstere Zeitenoder Der Leberkas
Personen:
Der alte Eckmaurer
Xari und Schorschi, seine Söhne
Beni
Zenzi, Xaris Ehefrau
Zwei Kinder
Ein Volksredner
Spielt in einem Wirtsgarten in Giesing an einem sonnigen Montagnachmittag. Man hört eine Ziehharmonika aus der Ferne.
Der alte Eckmaurer traumverloren: Dös war selbigsmal, wie mir no zehn Stund g’arbet hamm…
Xari aufschreiend: Zehn… Schtund?!
Schorschi: G’arwat?!
Der alte Eckmaurer: Ja… ja… wenn i’s sag… zehn Schtund…
Der Volksredner zornig aufschnellend:Zehn Stunden Sklavenfron! Zehn lange Stunden! Blutrünst’ger Sklaverei! Die harten Hände Von Schwielen übersät, und so erlahmt, Daß keine Faust sich ballen konnt… o Volk!
Schorschi: Lassen S’ an Vater verzähln…
Zenzi ruft hinter die Szene: Pepi! Nanni! da kommts her! da kommts eina! Die Kinder kommen. Gehts zum Großpappi her, er verzählt von der bä… bä Arbeit… horchts no zua… daß ‘s beizeit’n an Abscheu kriagts… Die Kinder umdrängen den Eckmaurer.
Der alte Eckmaurer: Glei… glei. Wo hab i denn mei Brisilglasl?… Ah… so… Da waar i jetzt beinah mit ‘n Arm drauf g’sessen… öffnet mit zitternder Hand das Brisilglas und haut sich eine Prise auf die Hand… Ja… meine liab’n Kinder… dös Brisilglasl da… dös war oft mei Trost im Unglück… in der Gschlaverei… Also dös war selbigsmal. Von sechsi in der Fruah bis um sechsi auf d’ Nacht war i am Bau…
Beni: Dös san ja zwölf Stund!
Schorschi: Herrgottsaggera… wenn ma so was hört… heut derfat i koan Balier begegna… is guat, daß‘s Montag is…
Volksredner: O Sonne! Kaum entstiegst du deinem Bette, O Tag, kaum bleichtest du nach müder Nacht, Da schleppt sich dieser Märtyrer der Arbeit Zu neuer Qual…
Xari: An Vater laß red’n… Zwölf Stund… Vata?
Der alte Eckmaurer: Zwoa Schtund hamm ma Mittag gmacht, aber de ander Zeit… Ja, Leut, wenn man so dran denkt… um sechsi steigt ma nauf, ziahgt an Janker aus, ziahgt an Schurz o, suacht sei Latt’n, legt sei Brisilglas auf an Stoa, derwei hat ma sein Hammer vagess’n, steigt oba und holt’n, richt’ sei Kell’n her und wart auf d’ Mörteltruchn… Endli is simmi worn. Ja, Leut, da lernt ma, wia hart’s Wart’n is… um simmi komma s’ mit der Biertrag’n, no da nimmt ma sei Maß und trinkt amal, na nimmt ma an Stoa, dös hoaßt also an Ziagelstoa, und haut dro rum, bis der Genosse kimmt, der wo neben oan arwat und was wissen möcht. Na haut ma an Mörtelbatzen ani und setzt an Stoa auf und ruckt hin und ruckt her, und will mess’n, aber daweil hot der Genosse sei Latt’n vagess’n und hat de dei z’leich’n g’numma. No, na holt man sei Latt’n bei dem Genossen, und da fallt oan was ei, was ma wissen möcht, und na geht ma z’ruck und nimmt sein Stoa, nämli an Maßkruag, und trinkt amal. Und na nimmt ma d’ Latt’n und meßt… no und mit dera Arwat is langsam halwi neuni worn. Da is de erste Brotzeit g’wes’n; da san s’ mit der Biertrag’n komma… de hat a halbe Stund dauert, de Brotzeit.
Nachdem hat ma si wieder zu der Arwat g’richt, stellt sei Latt’n zuawi, legt sei Brisilglasl auf an Stoa und fängt wieder o. Ja Leut, aber dös war net dös härteste. Heute habts ös de Betriebsrät, de wo bloß Obacht geb’n, daß d’ Arwat rechtzeiti aufhört, selbigsmal hat’s Aufpasser geb’n, de beobacht hamm, daß d’ Arwat rechtzeiti o’fangt…
Schorschi, Xari, Beni erregt: Ja… ja! Ja… Bluat von da Katz!
Der alte Eckmaurer mit erhobener Stimme: Balier hamm ma g’habt, Balier, de san g’wen, wia sag i denn glei? Wia de Hyänen; de san um oan rum g’schlicha, hamm de g’schlitzt’n Aug’n auf oan g’richt’, san nimmer weg, hamm oan nimmer aus de Aug’n lass’n, und zählt hamm s’, wia oft daß ma si schneizt, und aufg’schrieben hamm s’, wia oft daß d’ mit Reschpekt nunter g’stiegen bist zu dein Bedürfnis. Sehr aufgeregt. »Dös möcht i derleb’n«, hat amal zu mir a Balier g’sagt, »dös möcht i derleb’n, daß Sie in der Brotzeit d’ Hos’n umdrahn«… in da Brotzeit, sagt er. »Sie«, sag i, »Herr Balier«, sag i… »d’ Natur laß ma’r i von Eahna net vorschreiben, und von da Natur«, sag i, »laß i mir mei Brotzeit net verkürz’n…«
Der Volksredner: Werktätig Volk, im innersten Empfinden Gekränkt, beleidigt, vergewaltigt oft, Wie mußte sich der Zorn in deinem Herzen Zur Lava ballen, bis sie glühend dann Von keiner Schranke mehr gehalten wurde, Und rauchend, Flammen speiend, fürchterlich Hernieder stürzte…
Schorschi: