stand noch da und wartete.
„Wir gehen hinten herum, zwischen den Krautgärten; es ist näher, und überhaupt.“
Sie sagte nichts dagegen. Auf ihrem Gesicht stritt sich Lachen und Weinen. Aber als er sie über den Bretterzaun heben wollte und schon den Arm ausstreckte, glitt sie ihm aus und schlüpfte, ein paar Schritte weiter unten durch den Zaun. Man konnte da eine Latte aufheben und wieder an ihre Stelle rücken. Er sah sich verdutzt nach ihr um, da stand sie schon drüben. „Fang’ mich,“ rief sie, und flog vor ihm her, wie ein Vogel.
„So warte doch,“ rief er ärgerlich und keuchte hinter ihr drein.
Es war schon fast dunkel; von der Kirche her tönte das Betläuten; das hallte in großen, vollen Tönen über die stillen Gärten hin. Eine Fledermaus schwirrte mit flatternden Flügelschlägen hin und her. Lore hielt sich die Hände vors Gesicht. „Uh, ich fürchte mich,“ sagte sie. „Wem eine Fledermaus auf den Kopf sitzt, dem gehen alle Haare aus.“ Da deckte Franz einen Zipfel seiner Schürze auf das Lockengeringel, und nun gingen sie ruhig nebeneinander her. „So,“ sagte er, als das erste Haus, zu dem sie kamen, seinen Lichtschein auf die Straße warf, „jetzt muß ich hier hinunter. Ich will dir hier Lebewohl sagen.“
Da zog er das Päckchen aus dem Schürzenlatz und reichte es ihr hin.
Es war ein längliches, braunglänzendes Gebäck darin, das die Wiblinger Feiertagsbrot nannten. Er hatte es aber stark mit Rosinen und Mandeln gespickt, und es war seiner Hände Werk für sie.
„Du kannst es unterwegs essen oder wann du willst,“ sagte er gleichgiltig. „Ich komme vielleicht einmal durch Tübingen, so zufällig, das kann man nie wissen. Dann kann ich ja sehen, wie es bei euch steht, nicht?“ Sie nickte. „Das kannst du,“ sagte sie.
Da blieb er noch einen Augenblick unschlüssig stehen. Er hatte sich auf dem ganzen Weg ausgedacht, daß er sich einen Kuß von ihr ausbitten wolle. Sie war so ein feines, schönes, schlankes Ding, er mochte sie wohl leiden, obgleich sie oft so spitzig mit ihm tat. Es mußte fein sein, wenn sie ihre roten Lippen hergab. Seine Kameraden wußten von solchen Erlebnissen zu erzählen. Einer von ihnen, der schon siebzehn Jahr alt war, hatte einen Schatz, das war ein rundes, dralles Mädchen von fünfzehn Jahren und ging sechs Tage in der Woche über Feld ins Hölders Garnfabrik nach Rudersloch.
Das war lange nichts so feines. Wenn er dem erzählen könnte! Aber er war doch zu ungelenk. Und wenn sie es ihm abschlug? Da ließ er sie ihres Weges gehen, ohne etwas davon zu sagen.
„Reise gut,“ sagte er und drückte ihre Hand, daß es in den Gelenken leise knackte. „Leb’ wohl.“
Da fuhr sie ihm flink mit der andern Hand in seinen aufrechten Haarschopf und zauste ihn ein weniges.
Das hielt er für eine Liebkosung und vielleicht war es auch eine, wer konnte das wissen? Er stand und sah ihr nach, bis sich der letzte Schein ihres hellen Röckchens im Dunkel der Gasse verlor.
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