Howard Duff

Die großen Western 286


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Die großen Western – 286 –

      An der alten Eiche erwarten sie ihn.

      Rex Clayton sieht sie nicht sofort, und so reitet er in die gestellte Falle.

      Er verhält sein Pferd und blickt auf die fünf Männer, die ihn in einem Halbkreis eingeschlossen haben.

      »Was wollt ihr?« fragt Clayton hart, und seine Hand hängt über dem Kolben seines Colts. »Gebt mir den Weg frei, sonst…«

      »Spare dir deinen Atem, Clayton«, zischt ein untersetzter Mann, der auf einem großen Wallach sitzt. »Bis hierher geht dein Trail und keinen Meter weiter. Wir werden…«

      Er kommt nicht dazu, den Satz zu Ende zu sprechen, denn Rex Clayton hat gehandelt.

      Ein leichter Schenkeldruck und sein Pferd reagiert wie gewohnt. Er schnellt aus dem Stand durch den Ring der Reiter, die gar nicht so schnell reagieren können. Ehe sie ihre Colts gezogen haben, hat Rex schon einige Yards gewonnen.

      »Damned«, knurrt der Anführer des Trupps und versucht, sein erschrecktes Tier wieder in die Gewalt zu bekommen. »Los, hinterdrein. Er darf uns nicht entkommen.«

      »Braver Kerl«, lobt Rex sein Pferd und klopft ihm auf den schlanken Hals. Er blickt sich um, und er kann die Meute seiner Verfolger erkennen. Ein grimmiges Lächeln fliegt über sein markantes Gesicht mit den graublauen Augen. Er schiebt seinen Stetson in den Nacken, und sein blondes Haar kommt zum Vorschein.

      Clayton reitet eine kleine Anhöhe hinauf, dort wendet er sein Pferd, reißt seine Winchester aus dem Scabbard, zielt sorgfältig – und ehe die herangaloppierenden Verfolger begreifen, was ihnen geschieht, hat Clayton zwei Männer aus den Sätteln geschossen.

      Dann muß er weiter.

      Wie wütende Hornissen umzischen ihn jetzt die Coltkugeln, denn seine Gegner sind beträchtlich nahe gekommen. »Los, lauf Alter«, brüllt Rex und es scheint, als verstehe ihn sein Pferd, denn es streckt sich gewaltig.

      Und weiter geht die Jagd.

      Dann verhält Clayton abermals, erwartet mit der Winchester in der Hand seine Verfolger. Doch sie bleiben außerhalb seines Schußbereiches, kehren um. Sie haben erkannt, welchen Kämpfer sie hetzten. Sie müssen sich jetzt um ihre Verwundeten kümmern.

      Rex Clayton steckt sein Gewehr in den Scabbard zurück und gibt seinem Pferd die Zügel frei. Er blickt auf seine Verfolger, doch von diesen hat er keine Gefahr mehr zu erwarten.

      Langsam reitet er weiter. Er zündet sich eine Zigarette an und nimmt genußvoll einen tiefen Zug.

      Dann kommt die Stadt in Sicht.

      Es ist eine typische kleine Rinderstadt voll wilder und ausgelassener Männer, Spieler und Banditen. Es riecht nach dem Gestank von Tausenden von Rindern.

      Er stellt sein Pferd in den Mietstall und beschließt, im gegenüber liegenden Restaurant etwas zu essen. Dort ist noch kaum Betrieb, und so bekommt er das Gewünschte sehr schnell. Er ißt mit großem Appetit und trinkt hinterher noch einen doppelten Whisky.

      Dann erhebt sich Rex Clayton und verläßt das Restaurant. Er geht zum Sherman-Hotel und nimmt ein Zimmer. Er legt sich auf das Bett, und Sekundenbruchteile später verraten sei­ne kräftigen Atemzüge, daß er eingeschlafen ist.

      *

      »Er ist uns entkommen«, sagte der untersetzte Mann und springt von seinem grauen Wallach. »Er hat uns überlistet und noch zwei Männer vom Pferd geschossen. Wir haben ihn unterschätzt.«

      Norman Green sieht seinen Vormann mit einem düsteren Lächeln an. Auf dem breiten Gesicht des Ranchers bilden sich einige rote Flecken, und das ist immer das Zeichen, daß ein Wutausbruch kurz bevorsteht.

      »Es tut mir leid, Boß«, sagt sein Vormann Clerk Rider. »Wir werden die Scharte schon wieder auswetzen. Er ist in die Stadt geritten. Wir werden ihm gegen Abend einen Besuch abstatten.«

      Norman Green zieht an seiner dicken Zigarre, und seine Augen mustern kühl den vor ihm stehenden Mann.

      »Yeah«, knurrt er dann. »Er ist euch entkommen, und er wird also diesen Steve McCormik treffen. Es kann sehr unangenehm für uns werden.«

      Nachdenklich geht er einige Meter auf dem Ranchhof auf und ab. Er scheint nervös zu sein. Mit einem harten Ruck bleibt er vor Clerk Rider stehen.

      »Ihr werdet heute abend ganze Arbeit leisten, oder Sie können sich nach einem anderen Job umsehen.«

      Der Vormann zuckt zusammen. In seinen Augen ist ein tückisches Funkeln. Er sieht seinen Boß mit großen Augen an, doch er kann dessen Blick nicht standhalten.

      »Okay«, brummt er. »Wir werden es auf die ganz rauhe Art machen, und die Probleme sind für alle Zeiten erledigt.«

      Der Rancher wirft die halbgerauchte Zigarre auf den Boden und tritt sie mit seiner Stiefelspitze aus. Er wirft seinem Vormann noch einen kurzen Blick zu und läßt ihn dann einfach stehen.

      »Damned«, schnauft Clerk Rider und führt sein Pferd zum Stall hinüber. »Ich habe diesen Clayton unterschätzt. Jetzt kann ich die Angelegenheit ausbaden.«

      Zornig ballt er die Hände zu Fäusten. Doch dann huscht ein Lächeln über seine Gesichtszüge.

      Wir werden es dir heute abend schon zeigen, denkt er, und bei diesem Gedanken ist ihm wohler.

      *

      Rex Clayton hat mehrere Stunden fest geschlafen, und als er erwacht, dunkelt es bereits.

      Er beschließt den Devil-Saloon aufzusuchen. Dort wird er auf seinen Freund McCormik warten.

      Im großen über der Bartheke aufgehängten Spiegel beobachtet er die vielen Männer im Saloon. Doch diese haben von seinem Erscheinen nicht weiter Notiz genommen.

      »Hallo, Stranger«, sagt die Bardame mit den langen, feuerroten Haaren und lächelt ihm zu. »Darf ich Ihnen noch einen Drink bringen?«

      Er blickt auf sein leeres Glas und lächelt ihr freundlich zu. Sie füllt das Glas nach.

      »Sie sind fremd hier«, stellt sie fest und mustert ihn genau. »Suchen Sie jemanden?« fragt sie weiter, und sein Lächeln verliert sich. Sie erkennt seine wachsamen Augen.

      »Es geht mich nichts an«, sagt sie und entfernt sich, um einen anderen Gast zu bedienen.

      Er blickt ihr nach.

      Sie sieht seinen prüfenden Blick und wieder lächelt sie ihm zu. Er trinkt sein Glas leer und schiebt es ihr hin.

      Wortlos kommt sie und schenkt Whisky nach.

      »Ich suche Georg McCormik«, sagt Rex Clayton, und er sieht das kurze Aufblitzen in ihren Augen. »Ich bin mit ihm hier verabredet. Haben Sie ihn heute schon gesehen?«

      »Nun?«

      »Georg ist seit drei Tagen tot, Stranger«, sagt sie. Er stellt das Whiskyglas so hart auf die Theke zurück, daß es klirrend zerbricht.

      »Erschossen«, sagt sie ruhig und hält dem Blick seiner blaugrauen Augen stand. »Man hat ihn in den Rücken geschossen, er war sofort tot. Vom Täter fehlt jede Spur. Unser Sheriff tappt im Dunkeln, das heißt, er hat keinerlei Beweise.«

      Rex Clayton fühlt den heißen Zorn, der plötzlich in ihm hochsteigt. Sein Gesicht rötet sich, und mit einer fahrigen Handbewegung fährt er sich über das Gesicht.

      »Und was ist mit seiner Ranch«, fragt Rex weiter. Sie schiebt ihm ein volles Glas hinüber, und er greift, ohne sie aus den Augen zu lassen, danach.

      »Er hat noch einen Sohn«, sagt sie. »Steve. Der Junge ist ungefähr siebzehn Jahre.«

      »Yeah«, sagt er langsam. »Steve. An ihn habe ich gar nicht mehr gedacht. Wo kann ich ihn finden?«

      »Auf der Ranch natürlich«, antwortet sie. »Er will sie weiterführen, doch Norman Green wird ihm kaum eine Chance lassen. Er hat…«

      Sie bricht mitten im Satz ab, und es scheint ihr leid zu tun, daß sie schon soviel erzählt hat.

      »Weiter«, sagt er fordernd,