diesem Nachmittag wurde in der Schule nur gesungen und gelesen.
»Nun hätte es gar nicht so geeilt mit der Tafel,« dachte Gretchen halb ärgerlich.
Da, ganz unverhofft, als Luise am Lesen war, rief der Lehrer von seinem Pult aus: »Du, komm einmal heraus zu mir und bring' deine Tafel mit,« dabei nahm er schon sein Rohr in die Hand.
Ach, was wäre das für Luise für ein schrecklicher Augenblick gewesen!
Alle Kinder wandten neugierig die Köpfe nach ihr um, Gretchen aber sah ihr ganz beglückt nach, als sie tapfer auf den Lehrer zuging und ihm die neue Tafel vorhielt.
»So,« sagte dieser, »das ist dein Glück, daß du eine andere Tafel hast und dazu noch eine so schöne; so ist's recht, geh nur wieder an deinen Platz.«
Gretchen und Luise waren nicht die einzigen, die an diesem Nachmittag vergnügt aus der Schule kamen. Auch des Schäfers Hans war in glücklicher Stimmung. Ihm war heute ein großes Licht aufgegangen: in der Schule lernte man schreiben, das hatte er bisher noch nicht gewußt; wenn er aber schreiben konnte, so dachte er weiter, dann konnte er ja seiner tauben Großmutter alles mitteilen, was er wollte, wie er das schon manchmal vom Vater gesehen hatte. Wie oft hatte er sich das schon gewünscht! Er konnte nur noch nicht recht glauben, daß die Großmutter auch seine Buchstaben lesen konnte. Sobald er nach Hause kam, nahm er seine Tafel, die noch ganz voll »i« war und zeigte sie der Großmutter. Ob sie wohl wußte, daß das »i« waren? Die Großmutter sah die Tafel an und nickte. Damit war der Hans aber nicht zufrieden. Er hielt ihr noch einmal die Tafel hin und blickte so fragend auf, daß die Großmutter wohl merkte, er wolle etwas von ihr wissen.
»Es ist schön,« sagte sie jetzt.
Aber das war immer noch nicht das rechte. Die Großmutter ging in die Küche, dort hatte sie zu tun. Da kam der Hans hinaus, hielt ihr zum drittenmal seine Tafel hin, zugleich aber brachte er ihr auch ihre Brille, denn das hatte er schon bemerkt, wenn die Großmutter etwas lesen wollte, nahm sie immer ihre Brille. Und richtig, jetzt verstand die Großmutter was er wollte. Sie deutete auf den ersten Buchstaben und las »i«. Triumphierend sah der Hans, daß die Großmutter wirklich lesen konnte, was er geschrieben hatte. Als die gute alte Frau seine Freude sah, deutete sie mit ihrem zitternden Finger von einem Buchstaben zum andern und las immer wieder »i«. Der Hans aber war sehr glücklich. Den ganzen Abend schrieb er, löschte es wieder aus und schrieb aufs neue und machte so fort, bis es Nacht wurde. Die letzten Buchstaben aber, die auf der Tafel blieben, waren gar schön und gleichmäßig und standen in Reih und Glied unter einander wie Soldaten.
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