Manch ein US-Präsident erreichte seinen persönlichen Gipfel während seiner Amtszeit, andere wuchsen weiter und steigerten sich sogar noch, wie beispielsweise Ex-Präsident Jimmy Carter. Dessen Qualitäten als Präsident wurden von manchen angezweifelt. Doch nach seiner Amtszeit übte Carter noch mehr Einfluss aus als zuvor. Sein hohes Maß an Integrität und der unermüdliche Einsatz im Dienst an Menschen im Namen verschiedenster humanitärer Organisationen hat seinen Einfluss ständig vergrößert. In Mali wurde er vor kurzem geadelt, weil er die Wurmkrankheit dort ausrotten half. Jimmy Carter ist heute weltweit so hoch geachtet wie kein anderer ehemaliger US-Präsident.
SICH HOCHARBEITEN
Ein Sprichwort sagt: „Sieger werden nicht erst Champion im Ring – dort kommen sie nur groß raus.“
Das ist absolut richtig. Den Werdegang eines Champions erkennt man oft bereits an seinem Tagesablauf. So konstatiert der frühere Weltmeister im Schwergewicht Joe Frazier: „Du kannst dir einen Kampfplan oder Lebensplan aufstellen. Aber wenn’s dann los geht, läuft alles wie automatisch ab. Da zeigt sich eben, was vorher gelaufen ist. Wo man vielleicht vorher im Morgengrauen geschlurt hat, kommt dann total ans Licht in aller Öffentlichkeit.“ Die eigentlich etwas rüde Sportart Boxen ist deshalb ein guter Vergleich zur Entwicklung von Führungsqualitäten, weil das A und O dabei die tägliche Vorbereitung einnimmt. Selbst ein Naturtalent muss sich im Boxsport weiter entwickeln und diszipliniert trainieren, um erfolgreich zu werden.
Eine großartige Führungspersönlichkeit und Fan des Boxsports zugleich war Theodore Roosevelt. Eins seiner berühmtesten Zitate gebraucht ein Bild vom Boxen:
Nicht der Kritiker zählt, nicht der aufzählt, wie oft der Starke fiel oder wie man es hätte besser machen können. Man schaut auf den Mann in der Arena: sein Gesicht voller Staub und Schweiß und Blut, kraftvoll in jeder Bewegung, sein Versagen immer wieder schmerzlich; er kennt die große Begeisterung, das völlige Aufgehen in ein lohnenswertes Unternehmen. Am Ende erlebt er vielleicht gar den Triumph einer großen Leistung – oder schlimmstenfalls eine Niederlage –, doch das wenigstens nach einem Versuch, in den alles investiert wurde. Sein Platz ist nie bei den kalten, ängstlichen Seelen, die weder Sieg noch Niederlage am eignen Leib erfahren.
Roosevelt war selbst Boxer und ein ausgesprochener Tatmensch. Er war nicht nur eine effektive Führungspersönlichkeit, sondern auch der extravaganteste amerikanische Präsident. Der britische Historiker Hugh Brogan beschrieb ihn als „den fähigsten Mann im Weißen Haus seit (Abraham) Lincoln, den feurigsten seit … Jackson und den gelehrtesten seit John Quincy Adams“.
EIN TATMENSCH
Roosevelt, mit Spitznamen T.R., ist als ausgesprochener Tatmensch und als Verfechter eines dynamischen Lebensstils bekannt. Selbst im Weißen Haus betrieb er regelmäßig Sport wie Reiten, Boxen und Judo und unternahm ausgedehnte Wanderungen. Ein französischer Diplomat begleitete Roosevelt auf einer dieser Waldwanderungen. Als die beiden an einen tiefen Bach kamen, streifte T.R. einfach seine Kleider ab, um hinüber zu schwimmen. Von seinem Begleiter erwartete er dasselbe. Hindernisse waren für ihn schlichtweg zum Überwinden da.
Roosevelt kannte das Leben als Cowboy im Wilden Westen ebenso wie das Forscherleben in unbekannten Gebieten, das Dasein als Großwildjäger oder die raue Wirklichkeit als Kavallerist im Krieg gegen Spanien. Seine Einsatzbereitschaft und sein Durchhaltevermögen schienen grenzenlos. Als Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten reiste er im Wahljahr 1900 für Präsident McKinley über 30 000 km und hielt 673 Reden. Und noch als Ex-Präsident war er aktiv: In Milwaukee bereitete er sich gerade auf eine Rede vor, als ein Attentäter auf ihn schoss. Mit einer Kugel in der Brust und einer gebrochenen Rippe bestand Roosevelt darauf, seine vorbereitete einstündige Rede zu halten, bevor er sich ins Krankenhaus bringen ließ.
ALLER ANFANG IST SCHWER
Als Theodore Roosevelt seine Laufbahn begann, sah es überhaupt nicht danach aus, dass der schwächliche, dünne Junge einmal zu den zähesten Führern seines Landes gehören würde. Als Kind wohlhabender Eltern in Manhattan geboren, war der spätere Cowboy-Präsident zunächst einmal sehr dünn und litt an Asthma und Sehschwäche. Seine Eltern gingen nicht davon aus, dass er lange leben würde. Als er zwölf war, meinte sein Vater zu ihm: „Junge, du hast Köpfchen, aber ohne den Leib kann auch der Kopf nicht da hin, wo er will. Daran musst du arbeiten.“
Und das tat T.R. dann auch – gemäß dem Prinzip der Entwicklung.
Er investierte jeden Tag die Zeit, Körper wie Geist zu trainieren, und hielt das sein Leben lang kontinuierlich bei. Später sagte Roosevelt einmal, dass er als Kind „nervös und ängstlich war. Doch las ich gerne von Leuten, die keine Angst kannten und sehr selbstständig waren, genau wie mein Vater. Ich wollte sehr gerne so sein wie sie.“ Als T.R. dann die Harvard Universität beendete, war er wie seine heimlichen Helden bereit, es mit der Welt der Politik aufzunehmen.
ERFOLG KOMMT NICHT ÜBER NACHT
Doch auch Roosevelt fiel der Erfolg nicht über Nacht zu. Vom Polizeikommissar in New York arbeitete er sich über mehrere Stationen bis zum Präsidenten der Vereinigten Staaten hoch – und verstand sich dabei als ein beständig Lernender. Er arbeitete an seiner Persönlichkeit und wurde immer mehr zu einer starken Führungspersönlichkeit, ganz nach dem Prinzip der Entwicklung.
Roosevelt Leistungen sind wirklich bemerkenswert. Unter seiner Führung wurden die USA zu einer Weltmacht. Eine schlagkräftige Marine entstand. Er veranlasste den Bau des Panamakanals. Er führte die Friedensverhandlungen zwischen Russland und Japan und erhielt dafür den Friedensnobelpreis. Als man nach Präsident McKinleys Tod in Frage stellte, ob Vizepräsident Roosevelt die Regierung übernehmen dürfe, wurde er bei den vorgezogenen Wahlen mit der bis dahin größten Mehrheit für einen Präsidenten ins Amt gewählt.
Immer ein Mann der Tat, reiste Roosevelt nach seiner Amtszeit 1909 gleich nach Afrika, wo er eine wissenschaftliche Expedition anführte. 1913 leitete er eine Forschergruppe zu einem noch unerforschten Fluss in Brasilien, was er später so interpretierte: „Das war die Gelegenheit, noch einmal ein Junge zu werden – das konnte ich mir nicht entgehen lassen. Ich habe so viel dabei gelernt.“ Damals war er fünfundfünfzig Jahre alt.
Der Tod überraschte ihn am 6. Januar 1919 in seinem Bett. US-Vizepräsident Marshall kommentierte damals: „Der Tod musste schon im Schlaf kommen, denn sonst hätte ein Roosevelt garantiert um sein Leben gekämpft.“
Als man T.R. vom Bett nahm, fand man unter seinem Kissen ein Buch. Bis zum letzten Atemzug lernte Roosevelt noch und arbeitete an sich. Nach wie vor praktizierte er das Prinzip der Entwicklung.
Wenn Sie eine Führungspersönlichkeit sein wollen, lautet die gute Nachricht, dass Sie das schaffen können. Jeder hat das Potenzial dazu, nur reift das nicht über Nacht. Man darf eben keinesfalls das Prinzip der Entwicklung übersehen, denn an seiner Persönlichkeit sollte man sein ganzes Leben arbeiten.
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DAS PRINZIP DES LENKENS
Steuern können viele das Schiff, aber nur der Kapitän steckt den Kurs ab
IM JAHR 1911 STARTETEN zwei Expeditionen auf eine anspruchsvolle Mission. Mit unterschiedlicher Strategie und auf verschiedenen Routen hatten die beiden Expeditionen doch dasselbe Ziel: als erster den Südpol zu erreichen. Ihre Unternehmung ist ein lebensgefährliches Beispiel für das Prinzip des Lenkens.
Roald Amundsen leitete die erste Gruppe. Der Norweger wollte ursprünglich gar nicht in die Antarktis. Während seiner Vorbereitungen für die Eroberung des Nordpols kam ihm Robert Peary zuvor. Amundsen änderte die Richtung und wandte sich dem andern Ende der Erde zu. Norden oder Süden war ihm gleich – Hauptsache sein Plan stimmte.
AMUNDSEN STECKTE DEN KURS SORGFÄLTIG AB
Amundsen plante