Abbildung 3-1: Verlauf der Anomalie der globalen Mitteltemperatur seit 1880 nach Berechnung der „National Ocean and Atmosphere Administration“ (NOAA, USA). Referenz ist die globale Mitteltemperatur des 20. Jahrhunderts. 5
Klimaschwankungen gab es doch immer schon?
Wenn man sich vor Augen führt, dass in normalen Jahren die Schwankung der globalen Mitteltemperatur kleiner als 0,1 °C ist und selbst außergewöhnliche El-Niño-Jahre oder sehr starke Vulkanausbrüche nur eine vorübergehende Temperaturabweichung von etwa 0,3 °C auslösen, wird verständlich, dass der bisher beobachtete Anstieg der globalen Mitteltemperatur von rund 1 °C etwas höchst Außergewöhnliches darstellt. Diese Zunahme der Energie in den bodennahen Luftschichten ist ein klares Signal, dass im Klimasystem der Erde eine Veränderung im Gange ist, welche bereits weitreichende Folgen zeigt und noch weitere auslösen wird.
Oftmals hört man das Argument, dass es ja nichts schade, wenn es ein paar Grade wärmer wird. Dies mag zwar für gewisse Gelegenheiten, Örtlichkeiten und Jahreszeiten durchaus zutreffen, aber wie beschrieben kann man eine globale Mitteltemperatur nicht mit einer normalen Temperatur an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit vergleichen. Gerne kommt dann noch der Einwurf, dass es Klimaschwankungen ja immer schon gegeben habe – man denke nur an die Eiszeit – und es daher „natürlich“ sei, dass sich das Klima verändert. Dabei wird gleichzeitig unterstellt, dass die Auswirkungen nicht so schlimm sein können, da die Erde ja schon früher mit Klimaschwankungen fertig geworden ist.
Es ist richtig, dass sich im Laufe der Entwicklung der Erde auch immer wieder das Klima verändert hat. Häufig werden sogar diese Klimaveränderungen verwendet, um die Übergänge von einem Erdzeitalter in ein anderes zeitlich zu verorten. Dabei muss man aber auch berücksichtigen, dass diese Veränderungen in „geologischen“ Zeitskalen abgelaufen sind und sich die Erde dadurch auch immer wieder grundlegend verändert hat. Wichtig ist auch, dass wir die den Veränderungen zugrunde liegenden Prozesse meist gut kennen, wobei bei diesen geologischen Zeitskalen die Alterung der Sonne, die Zusammensetzung der Atmosphäre, die sich verändernde Land-Meer-Verteilung sowie Extremereignisse wie die Ausbrüche von Supervulkanen und Meteoriteneinschläge die wichtigsten Faktoren sind.
Es ist jedoch ein Märchen, dass diese natürlichen Klimaschwankungen unproblematisch verlaufen sind, ganz im Gegenteil. Starke und lang anhaltende Klimaveränderungen haben immer zu Verwerfungen geführt, wovon die Biosphäre immer am stärksten betroffen war.
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Seit dem Entstehen des Lebens auf der Erde vor ungefähr 500 Millionen Jahren hat es aufgrund von Klimaschwankungen fünf Massensterben gegeben, bei denen die Erde nur knapp einer vollständigen Auslöschung allen Lebens entkommen ist:
+ Vor rund 440 Millionen Jahren (Ende Ordovizium) wanderte der Superkontinent Gondwanaland über den Südpol. Dies führte zu großflächigen Vereisungen und Vulkanismus und daraus folgend zu einer Eiszeit, bei der 85 Prozent des damals existierenden Lebens ausgelöscht wurde.
+ Vor rund 360 Millionen Jahren (Ende Devon) führte eine Eiszeit zum Absterben von 75 Prozent der Lebewesen in den Ozeanen. Die Ursache für die Abkühlung ist noch nicht vollständig geklärt, jedoch dürfte Vulkanismus eine wichtige Rolle gespielt haben.
+ Vor rund 250 Millionen Jahren (am Übergang vom Perm zum Trias) erfolgte das schlimmste Massensterben der Erdgeschichte. 75 Prozent aller Landlebewesen sowie 95 Prozent aller Wassertiere starben aus. Dieses Ereignis stellt auch den Übergang vom Erdaltertum (Paläozoikum) zum Erdmittelalter (Mesozoikum) dar. Ausgelöst wurde das Sterben durch eine Eiszeit, die durch die Bildung des Superkontinents Pangea und dessen Lage zu den Polregionen verursacht wurde.
+ Vor rund 200 Millionen Jahren (Ende Trias) erfolgte das fünftgrößte Massensterben, das wahrscheinlich durch verstärkten Vulkanismus und anschließende klimatische Veränderungen ausgelöst wurde.
+ Das letzte große Massensterben erfolgte vor rund 65 Millionen Jahren und stellt den Übergang vom Erdmittelalter (Mesozoikum) zur Erdneuzeit (Känozoikum) dar. Etwa 75 Prozent aller Lebewesen starben aus, am bekanntesten ist das vollständige Verschwinden der Dinosaurier. Es gibt zwei konkurrierende Theorien zur Auslösung des Massensterbens: Vulkanismus oder Meteoriteneinschlag. Wesentlich sind jedoch in beiden Fällen die daraus resultierenden klimatischen Veränderungen, welche erst zu den gravierenden Auswirkungen auf die Biosphäre führten.
Klimaschwankungen haben, wie man aus diesen Fällen von Massensterben sieht, das Potenzial, das gesamte Leben auf der Erde in Gefahr zu bringen. Aber nicht nur diese Extremereignisse greifen auf die Entwicklung des Lebens auf der Erde ein, auch gemäßigtere Klimaschwankungen prägen ganze Landschaften und verändern Ökosysteme.
Die Erde in einem instabilen Klimazustand – das Eiszeitalter
Wir leben seit rund 2,6 Millionen Jahren in einem Eiszeitalter – auch heute noch. Von einem Eiszeitalter spricht man, wenn beide Pole vereist sind und zumindest 10 Prozent der Erdoberfläche ständig mit gefrorenem Wasser in Form von Gletschereis, Meereis oder Schnee bedeckt sind. Die vereisten Flächen führen dazu, dass mehr Sonnenstrahlung zurück in den Weltraum reflektiert wird und damit weniger Energie für das Klimasystem zur Verfügung steht. Dadurch ist die Temperatur während eines Eiszeitalters niedriger als sonst.
Während eines Eiszeitalters ist die Erde klimatisch gesehen in einem wenig stabilen Zustand, und das Klima kann bereits durch relativ geringe Veränderungen des Energieeintrages gestört werden, wenn diese nur lange genug andauern. Ursache dafür ist, dass – wie in Kapitel 2 erwähnt – durch eine länger andauernde schwache Erwärmung oder Abkühlung die Eis- und Schneeflächen bei Abkühlung größer werden und bei Erwärmung kleiner. Damit wird jedoch ein Rückkopplungsprozess ausgelöst, da größer werdende Eis- und Schneeflächen mehr Sonnenstrahlung reflektieren, dadurch weniger Energie dem Klimasystem zur Verfügung steht und dies zu einer weiteren Abkühlung führt. Bei einer Erwärmung führen hingegen die schrumpfenden Eis- und Schneeflächen zu mehr Energieeintrag und dadurch zu einer zusätzlichen Erwärmung.
Während eines Eiszeitalters gibt es daher Schwankungen zwischen zwei einigermaßen stabilen Zuständen, den Warmzeiten und den Kaltzeiten (Interglaziale und Glaziale). Umgangssprachlich werden Kaltzeiten auch als „Eiszeiten“ bezeichnet, was häufig zur Verwechslung mit dem Eiszeitalter führt. In den letzten rund 1,5 Millionen Jahren dauerte ein Zyklus von Warm- und Kaltzeiten jeweils rund 100.000 Jahre, davor war der Zyklus kürzer und lag bei etwa 40.000 Jahren. Der Temperaturunterschied zwischen den Warm- und Kaltzeiten beträgt im Mittel etwa 4 °C und zwischen den kältesten Phasen der Kaltzeiten und den wärmsten Phasen der Warmzeiten etwa 6 °C. Dies macht wiederum deutlich, welche gravierenden Auswirkungen eine Veränderung der globalen Mitteltemperatur um ein paar Grade verursacht.
Ausgelöst werden diese Schwankungen während des Eiszeitalters durch einen veränderten Energieeintrag von der Sonne, vor allem auf der Nordhalbkugel. Verursacht werden diese durch regelmäßige Veränderungen der Umlaufbahn der Erde um die Sonne sowie der Neigung der Erdachse. Durch Überlagerung mehrerer dieser Faktoren kann es zu Schwankungen im Energieeintrag von einigen wenigen Watt pro Quadratmeter kommen. Dies entspricht zwar nur etwa 1 Prozent des Energieeintrages der Sonne auf die Erde, aber der veränderte Energieeintrag hält über mehrere Jahrtausende an. Der Effekt wird durch Rückkopplungsprozesse wie der Schnee-/Eis-Rückkopplung verstärkt und kann daher zu den beobachteten starken Veränderungen zwischen den Warm- und Kaltzeiten