G. Michael Hopf

BLUT, SCHWEISS UND TRÄNEN (The End 5)


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pflichtete ihr Gordon bei. Seine blauen Augen leuchteten noch genauso kräftig wie in seinen besten Jahren, doch als sie hineinschaute, konnte sie auch seinen Schmerz erkennen. Er hatte ungeheuer viel Tod und Tragik in seinem Leben erlebt. Leid war ihm schon in seiner frühesten Jugend zuteilgeworden.

       In diesem Zimmer saßen nun die einzigen direkten Verwandten, die er noch besaß. Auch wenn die Jungs nicht seinen Nachnamen trugen, floss doch sein Blut durch ihre Adern.

      Gordon schüttelte seinen Schwermut ab und fuhr fort: »Also, das Gefecht um die Rainbow Bridge. Nun, hinterher geschah gar nicht mehr viel. Wie in den meisten Kriegen kommt es zu Schlachten und danach passiert oft tage- oder wochenlang gar nichts. Damals war es genauso. Dass dieser Sieg noch weitere kleine nach sich zog, war unser Glück. Außerdem erhielten wir schon früh tatkräftige Verstärkung. Gunny hatte Master Sergeant Simpson ausfindig machen und ihn dazu überreden können, sich uns anzuschließen. Zunächst hatte er sich nicht für unsere Sache stark machen wollen, hielt es dann aber nach allem, was ihnen der Colonel zugemutet hatte, für das Beste, seine Marines zu fragen, was diese wollten. Sie stimmten mit überwältigender Mehrheit dafür, nach Kaskadien überzusiedeln.«

      Hunter unterbrach Gordon und fragte: »Wie? Wie hat es Gunny geschafft, sie zu überreden?«

      »Ganz einfach, jeder sehnt sich doch nach einem Ort, an dem er sich zu Hause fühlen kann«, antwortete der alte Mann.

      »Das klingt plausibel«, sagte Hunter.

      »Mit den Marines des Sergeants und vielen lokalen Rekruten bekamen wir eine stattliche Armee zusammen. Bei den meisten Angeworbenen, und damit meine ich ungefähr fünfundsiebzig Prozent, handelte es sich um ganz normale Durchschnittstypen ohne Erfahrung, Ausbildung oder militärische Kenntnisse. Nach unserem Sieg ließen wir nichts anbrennen. Ich wusste, dass ich jetzt nicht still sitzen und zulassen durfte, dass die Leute träge oder selbstgefällig wurden. Auch ohne Chenoweths Hilfe beeilte ich mich gemeinsam mit ein paar anderen, unser neues Heer auszubilden und auszurüsten.«

      »Chenoweth, Chenoweth, woher kenne ich diesen Namen bloß?«, sagte Hunter nachdenklich. »Wer war er noch mal?«

      »Ich würde lieber nicht weiter über ihn sprechen«, deutete Gordon an.

      Haley brummte etwas Unverständliches.

      »Was? Wer war er denn?«, erkundigte sich der Junge neugierig und beugte sich weiter über den breiten Wohnzimmertisch. Er war gespannt darauf, etwas zu hören, das nur wenige je erfahren hatten.

      »Er war ein …«, blaffte Haley verächtlich, doch Gordon lenkte ein und sagte: »Liebes, du brauchst deinen Blutdruck nicht unnötig in die Höhe zu treiben.«

      Hunter ließ allerdings nicht locker. »Ihr müsst es mir sagen.«

      »Du wirst schon bald erfahren, wer Mr. Chenoweth war«, beschwichtigte ihn Gordon.

      »Na gut, aber du hast mich definitiv neugierig gemacht. Erzähl mir wenigstens, wie der Angriff auf Mountain Home gelaufen ist«, bat Hunter.

      Gordon schaute zu Sebastian hinüber, der bedächtig an seinem Glas nippte. Er ignorierte Hunter nicht, sondern überlegte stattdessen, weshalb die beiden Jungen so gegensätzlich waren. »Du bist wirklich kein redseliger Mensch, oder?«

      Überrascht von dieser Frage richtete sich Sebastian auf und antwortete: »Nein, ich halte mich eher bedeckt, außer es geht um etwas, das wirklich wichtig ist.«

      »Du hältst nichts von alledem für wichtig?«, hakte Gordon erstaunt nach.

      »Das meinte ich damit nicht. Ich möchte schon sehr gerne herausfinden, wie alles begonnen hat, möchte euch deshalb aber nicht mit endlosen Fragen löchern wie jemand, den ich kenne.« Die Bemerkung war ein ganz offensichtlicher Seitenhieb gegen Hunter.

      Dieser konterte: »Er ist nur maulfaul, sonst nichts. Na ja, wenigstens arbeite ich nicht für …«

      »Nicht schon wieder«, schnauzte ihn Sebastian an, um ihn abzuwürgen.

      »Jungs, das reicht.« Gordon belehrte die beiden. »Ihr müsst lernen, wie viel Verwandte und Familie für euch bedeuten, und euch bewusst machen, dass euch gegenüber hier die einzige Person sitzt, der ihr vertrauen könnt.«

      »Ich ärgere mich aber einfach ständig über ihn«, sagte Hunter.

      »Lasst euch nicht durch Belanglosigkeiten davon ablenken, worauf es wirklich ankommt, wenn man das größere Ganze in Betracht zieht«, betonte Gordon. »Ihr braucht einander.«

      Sebastian entschuldigte sich: »Sorry.«

      Gordon schaute Hunter intensiv an, damit dieser das Gleiche tat. Der Junge erwiderte seinen Blick nervös, bevor er sich an Sebastian wandte: »Sorry.«

      »Prima. Und nun lasst mich weitererzählen. Wir hatten also Schmidt geschlagen und die darauffolgenden acht Wochen mit der Ausbildung von Rekruten für unsere neue Armee zugebracht. Vereinzelt kam es immer wieder zu kleinen Auseinandersetzungen mit US-Truppen, vor allem Einheiten der früheren Nationalgarde von Idaho, die man zu uns hinaufgeschickt hatte, aber keine größeren Kämpfe bis zum Angriff auf Mountain Home. Mir war klar, dass der einzige Weg, um diesen Krieg zu gewinnen, in offensivem Verhalten bestand. Wir hatten zwar einen Vorteil, mussten aber verhindern, dass Conner eine weitere Streitmacht ins Feld schickte, also war es wichtig, ihn an einem empfindlichen Punkt zu treffen.«

      Hunter konnte sich nicht zügeln, denn eine weitere Frage brannte ihm auf den Lippen: »Warum dort und nicht in Fort Lewis, das nicht so weit von Olympia entfernt war?«

      »Wir sandten ein kleines Aufgebot nach Washington, doch es kam nur bis Yakima. Ich hatte gedacht, den Krieg möglichst schnell für uns entscheiden zu können, indem ich versuchte, Conner auf seinem eigenen Boden zu schlagen und Cheyenne zu erobern, wobei Mountain Home halt auf dem Weg lag. Wäre es uns gelungen, seine Hauptstadt zu belagern, hätten wir einen Friedensvertrag aushandeln und alles rasch zu Ende bringen können. Deshalb ließ ich meine Armee gegen Charles' Willen nach Süden ausrücken. Darüber hinaus musste ich auch das Wetter berücksichtigen, denn ich wollte nicht, dass sie während der Wintermonate im Tal stecken blieben.«

      »Dennoch bist du ein hohes Risiko eingegangen, sie im Herbst nach Cheyenne zu schicken«, schob Hunter ein.

      »Schön und gut, doch zu dieser Zeit brauchten wir dringend ein eindeutiges Erfolgserlebnis, um Conner, Olympia und dem Volk zu beweisen, dass wir gewinnen konnten, und zwar im großen Stil. Du musst eines verstehen, Hunter: Nicht alle Einsätze werden ausschließlich unter militärstrategischen Gesichtspunkten durchgeführt, sondern auch aus politischen Gründen und zum Heben der Moral. Mit dem Überfall auf Mountain Home hatten wir alle unsere Ziele erreichen wollen. Das Erste bestand darin, jeglichen Zweifel daran aufzuheben, unsere frühen Siege seien lediglich Zufälle gewesen. Außerdem hegte ich die Hoffnung, dass Conner im Falle eines Sieges unsererseits bezüglich Mountain Home einfach nur verhandeln wollte. Natürlich wurde ich enttäuscht.« Gordon machte eine Pause, um einen Schluck Scotch zu trinken.

      »Sag ihnen wieso, Dad«, verlangte Haley.

      Hunter schaute erst sie an und dann ihn.

      Selbst Sebastian wurde nach den Worten seiner Mutter hellhörig.

      Gordon schüttelte sichtlich frustriert den Kopf.

      »Ich weiß nicht, warum dich das immer noch aufreibt. Wir alle wissen doch, wie es letzten Endes ausgegangen ist«, meinte Haley.

      »Ich war einfach nur ein Dummkopf. Als ich jünger war, habe ich mich zu leicht von meinem Zorn leiten lassen«, gestand ihnen Gordon und blickte auf, um nun Hunter zu fixieren. »Lass nicht zu, dass dich der Zorn in Beschlag nimmt, der uns Van Zandts so zu eigen ist. Lenke ihn lieber in andere Bahnen und beherrsche ihn; verhindere, dass er dich beherrscht.«

      Der Junge nickte.

      Sebastian tat es ebenfalls, weil er genau wusste, dass auch ihm schnell die Sicherungen durchbrannten.

      »Was geschah dann?«, fragte Hunter ungeduldig, weil er seinem Großvater keine Pause gestatten wollte.

      Gordon