Richtung hin erregt, so stark wird, dass er dem Wachsthum der Koralle Halt gebietet. In solchen Gallen erkennt man immer zwei sich ziemlich genau gegenüberstehende feine Spalten. So verhindert der Strom im Meeresarme das seitliche Ausbreiten der Korallen, die nun alle ihre Triebkraft senkrecht nach oben wenden, und es entstehen bald mehr bald weniger schroffe Abstürze der Korallenwandung, je nachdem der seitlich vorbeifliessende Strom stärker oder schwächer war. Nur da, wo wie im Kanal von Basilan der Strom immer nach derselben Richtung mit grosser Stärke geht, wachsen die Korallen absolut senkrecht in die Höhe. Hier aber kommen ganz eigenthümliche Verhältnisse in’s Spiel. Während in der nahe gelegenen Strasse von Zamboanga die Strömung wechselt mit den Monsunen und der Ebbe und Fluth, liegt der Kanal von Basilan so eigenthümlich, dass der östliche Strom wohl durchtreten kann, der westliche dagegen in einen östlichen verwandelt wird. Wo aber die Strömungen wechseln, wie in allen weiteren Kanälen, da hebt sich die hindernde Wirkung derselben theilweise auf und so entstehen hier senkrechte Wandungen der Korallenstöcke nur dann, wenn bei hinreichender Stärke die wechselnden Strömungen keinen Winkel miteinander machen. Ungehindert nach allen Seiten breiten sich die Korallenstöcke in jenen Dreiecken aus, welche durch das Aufeinandertreffen zweier Ströme oder durch die im Anprall gegen eine Insel bewirkte Theilung eines einfachen Stromes gebildet werden, und in denen mannigfach abgelenkte, in ihrer Richtung gänzlich unbestimmbare und schwache Strömungen entstehen. Aus dem Innern des Landes durch die Flüsse und Bäche herabgeführter Schlamm wird den einzelnen Korallenstöcken ebenso verderblich, wie das reinste süsse Wasser eines Bergstromes. Wo mächtig anschlagende Wogen immer in gleicher Weise senkrecht gegen die Richtung des Landes, dem sich die Riffe anschmiegen, einwirken, da entsteht dicht am Ufer ein hochgethürmter Aussenwall des Riffes; aber von ihm ab gegen die Höhe des Oceans zu vertieft sich das Riff ganz allmälig, bis es endlich langsam und ohne schroffen Abfall in die Tiefe verschwindet.
Ein specielles Beispiel soll die schon angedeuteten Wirkungsweisen verschiedener Momente, namentlich aber der Strömungen, näher erläutern.
Von ziemlich compacter Gestalt, mit nur geringer Küstenentwickelung liegt die Insel Bohol (siehe Karte II) so zwischen Cebú, Leyte und Mindanao eingekeilt, dass sie den von Norden kommenden Kanal zwischen Leyte und Cebú in 2 Arme theilt, denen sie ihre westliche und östliche Seite zuwendet, während die südliche und südöstliche von der Nordküste Mindanao’s durch einen sehr viel breiteren Kanal getrennt ist. In diesem letzteren verbinden sich die Strömungen, welche aus den Strassen von Surigao mit einer Geschwindigkeit von 4–6 Seemeilen in der Stunde herauskommen mit den weniger starken zwischen Leyte und Bohol. Je nach Ebbe und Fluth wechseln diese Strömungen in entgegengesetzter Richtung ab, oder wirken mit wechselnder Stärke, aber dann immer in gleicher Richtung, wenn der Nordost- oder Südwest-Monsun ihre volle Kraft erreicht haben. So treten die Meeresströme—gegen welche mitunter sogar die spanischen Regierungsdampfer der Marine vergebens ankämpfen—tangirend nahe an die östliche und südliche Küste Bohols heran, an welchen demzufolge nur eine sehr geringe Breitenausdehnung des bei Ebbe trocken gelegten Riffes zu bemerken ist. Aber in wenigen Schiffslängen Entfernung vom Rande des Riffes schon findet das Senkblei erst Grund in mehr als 100 Faden Tiefe—ein Beweis des jähen Absturzes der Korallenwand, wie er hier nach Richtung und Stärke des Stromes wohl zu erwarten war. Das Südwestmeer der Insel wird durch die von ihr nur durch einen Seichtwasserkanal getrennte Insel Panglao bezeichnet, welche aus gehobenem Korallenkalk besteht. Sie ist langgestreckt und liegt in dem Winkel zwischen dem östlichen Strome des Südrandes von Bohol und dem von Norden herkommenden Strom des Canals zwischen Cebú und Bohol, und als eine in demselben Winkel liegende untermeerische Fortsetzung derselben findet sich hier ein weit vortretendes, mit seinem breiten Aussenrande bei tiefer Ebbe gänzlich trocken gelegtes Riff. Von der südwestlichen Spitze desselben durch einen schmalen Canal getrennt, liegt eine sehr kleine ringsum von Riffen umgebene Insel, abgerissen offenbar durch die hier schon stark wirkenden fressenden Ströme des Meeres. Das Keilriff der Insel Panglao hat im Osten wie Westen, den beiden Wetterseiten einen etwas erhöhten Rand, und mitten in der bis zu 4 Faden Tiefe ausgehöhlten innern Fläche mehrere aus Sand und Korallentrümmern bestehende Inseln. An der Westküste Bohols wird das zuerst wegen des nahe herantretenden Stromes sehr schmale Riff allmälig gegen Norden hin breiter und nimmt endlich an der Nordküste der Insel ganz den Character eines Barrenriffes an. Parallel der Küste gestreckte, bei tiefer Ebbe fast gänzlich trocken gelegte Riffe ziehen sich in meilenweiter Ausdehnung hin, und sind von der Insel selbst durch einen bis zu 10 Faden tiefen Canal getrennt, welcher nach Westen in den sehr tiefen Canal zwischen Cebú und Bohol, nach Osten hin in den zwischen Bohol und Leyte liegenden Meeresarm übergeht. Zahlreiche meist sehr niedrige, nur von Pandanusgebüschen oder Mangrovehainen bewachsene Inseln machen die Schifffahrt in den Canälen innerhalb des Riffes gefährlich und mühselig. Dieses ganze Labyrinth von Inseln und Canälen und Riffen liegt aber, wie ein Blick auf die Karte lehrt, abermals in einem vergleichsweise stillen Dreieck zwischen den beiden Strömen, in welche sich der einfache Strom des Canals zwischen Leyte und Cebú bei seinem Anprall gegen die Insel Bohol theilen musste. So sehen wir hier im Grossen sich ganz dasselbe wiederholen, was wir im Kleinen an den Wachsthumserscheinungen der einzelnen Korallenstücke bemerkten. Ueberall wo Wirbel oder gänzlich stille Flecken im Meere gefunden werden, lösen sich das Riff und die auf ihm entstehenden Inseln in eine grosse Menge verschieden gebildeter Inselchen auf, ganz wie unter ähnlichen Verhältnissen die einzelnen Korallenknollen sich zu keiner zusammenhängenden Masse, zu keinem eigentlichen Riffe verbinden. Wo aber constante Strömungen in immer gleicher Richtung auf ein Riff oder einen einzelnen Korallenstock treffen, da deutet die Form beider das Gleichgewicht der entgegenwirkenden Kräfte an.
So sind sämmtliche Inseln der Philippinen von einem Kranz von Korallen umsäumt, welche sich bald an das Ufer anlehnen, ohne ein eigentliches durch den aufgeworfenen Aussenrand bezeichnetes Riff zu bilden, bald aber zu echten Riffen werden, die nun als Küstenriffe oder als Barrenriffe—letzteres allerdings in den seltensten Fällen—die zahllosen Meeresarme zwischen den Inseln noch mehr einengen. Zwischen ihren Aesten siedeln sich eine Unzahl von Thierchen an; auf den abgestorbenen Flächen der gehobenen Riffe oder im Sande der tieferen Canäle liegen die kostbaren Perlenmuscheln und die essbaren Holothurien; am Ufer der sandigen Inseln der Riffe legt die Karettschildkröte ihre Eier ab und auf den von Seepflanzen dicht bewachsenen schlammigen und versandeten Riffen grast nächtlich der Dujong, während sich in den Canälen derselben, wie im hohen Meere zahllose essbare Fische tummeln. Ueberall bietet sich dem küstenbewohnenden Malaien eine reiche und leichte Erndte in der Ausbeutung der werthvollen Producte des tropischen Meeres.
Die Holothurien3 oder der im Handel so genannte Trepang, balate, gehören jener bekannten Gruppe von Lebensmitteln an, welche wie die essbaren Vogelnester und die Haifischflossen ausschliesslich von den üppig lebenden Chinesen genossen werden. Für den Zoologen aber vereinigen sie sich durch ihre gesammte Organisation mit den wohlbekannten Seesternen und Seeigeln zu dem Kreise der Echinodermen oder Stachelhäuter. Wie sie im Bau ihrer Organe eine wunderbare Vollkommenheit und Mannichfaltigkeit zeigen, so sind sie auch in ihren Sitten und Gebräuchen durch zahlreiche auffallende Eigenthümlichkeiten ausgezeichnet. Hier zerfliesst eine Holothurie in wenig Minuten in formlosen Schleim, wenn man sie der Luft aussetzt; ja nur ein leiser Windhauch, der sie berührte, macht es dem Malaien unmöglich, sie durch Kochen so zu erhärten, dass sie nachher der trocknenden Sonnenwärme ausgesetzt werden kann. Mit dem Seewasser muss sie gleich in der grossen Kochschale aus dem Meer gehoben werden, wenn sie nicht ein Lüftchen in Schleim verwandeln soll. Fasst man diese Thiere an, so vergehen sie unter den Händen. Andere Formen zeigen Eigenschaften, um die sie mancher Mensch beneiden möchte. Die Synapta ärgert der hintere Theil ihres Körpers; so wirft sie denselben von sich und lebt auch ohne ihn ruhig weiter, oder bildet ihn in kurzer Zeit neu wieder aus. Eine andere Holothurie vereinigt alle Specialitäten des ärztlichen Standes in sich. Eine selbst gemachte Wunde ihrer Haut heilt sie in wenig Stunden, ohne eine Nath anzulegen; ihre krankhaften Organe stösst sie von sich ab und macht sich in wenig Tagen vollständig neue; wenn sie keine Lungen mehr zum Athmen hat, so athmet sie das Wasser in die Leibeshöhle ein.
Wie oft habe ich nicht auf meinen Reisen diese Thiere beneidet. Wenn ich unter den Wilden nur Wurzeln und Krebse zu essen fand, oder ein schlecht besetzter Mittagstisch eines Wirthshauses mir alle Freude am Genusse verdarb, so musste ich jedesmal an meine Holothurien denken, die gefangen in kleinen Schalen mit reinem Seewasser, ohne ihre