Friederike von Buchner

Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman


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Kreuzstichen auf dem weißen Leinen.

      Rosa war glücklich. Die Sonne schien durch die offenen Fenster. Die junge Frau schaute sich um. Liebevoll streifte ihr Blick die schönen Bauernmöbel mit den Malereien auf den Türen des Küchenschrankes.

      Nach dem Frühstück wanderte Rosa noch einmal durch alle Räume. Sie fühlte sich geborgen in diesem alten Bauernhaus. Es würde ihr und ihren Kindern ein Heim sein. Wie unterschiedlich war es zu der Nüchternheit der Neubauwohnung in der Stadt.

      Dann mußte Rosa an Frizzi denken. Die arme Frizzi! Sicherlich sah es auf dem Villinger Hof ähnlich aus. Wie mußte Frizzi diese Atmosphäre vermissen?

      Plötzlich kam Rosa ein Gedanke. Schnell zog sie ihre Jacke über und eilte hinaus. Ansgar kam über den Hof. Er breitete beide Arme aus und Rosa flog ihm entgegen. Nach vielen zärtlichen Küssen fragte Ansgar:

      »Willst du fort?«

      »Ja, ich bin aber bald wieder zurück!«

      »Willst mir net sagen, wo du hingehst?«

      »Laß dich überraschen, Ansgar!« antwortete Rosa geheimnisvoll und blinzelte ihm zu. »Ich hoffe, ich bin bis zum Mittag zurück.«

      Dann schwang sich Rosa in ihr Auto und fuhr vom Hof.

      Sie mußte sich im Dorf erst durchfragen. Doch dann fand sie den Maierhofer Hof und parkte laut hupend vor dem offenen Scheunentor.

      Ein Mann kam auf sie zu und schaute sie verwundert an.

      »Warum machst du einen solchen Lärm, Madl?«

      »Bist du der Bauer?« fragte Rosa.

      Sie hatte am Abend zuvor in den Wirtshäusern schnell gelernt, wie die Menschen sich hier in Waldkogel untereinander ansprachen.

      »Ja, i bin der Maierhofbauer! Und du? Wer bist du?«

      »Ich bin die Rosa! Ich heirate in zwei Wochen den Ansgar Natterer.«

      »Mei, schau an! Du bist die Rosa! Des ganze Waldkogel spricht von dir, Madl. Bist wirklich ein fesches Madl. Da hat der Ansgar wirklich ein großes Glück.«

      »Ich bin auch mit dem Ansgar sehr, sehr glücklich. Ich könnte aber noch glücklicher sein. Deshalb bin ich da. Kann ich dich sprechen, Bauer? Und die Bäuerin auch? Es ist wirklich wichtig für mich.«

      Verwundert schaute Titus Maierhofer die junge Frau an. Er war neugierig.

      »Mei, dann komm mal mit mir ins Haus. Meine Burga is drin.«

      Mit großen Schritten schritt er über den Hof. Rosa folgte ihm.

      »Burga, schau! Da bring i dir die Rosa, des Madl vom Natterer Ansgar. Das Madl will uns unbedingt sprechen.«

      Burga begrüßte Rosa. Sie setzten sich an den Tisch. Burga schenkte sich und Rosa einen Kaffee ein. Der Bauer nahm ein Bier.

      »So, Madl’! Jetzt red! Was hast auf dem Herzen?«

      Rosa schaute dem Maierhofbauern in die Augen. Ihr Herz klopfte. Sie hatte ein wenig Angst.

      »Hör, Bauer! Das ist etwas kompliziert, weil ich doch so glücklich bin – und es jemand gibt, der nicht so glücklich ist. Da dachte ich, es wäre den Versuch wert zu helfen. Wenn ich es nicht tue, dann mache ich mir vielleicht ein Leben lang Vorwürfe, daß ich es nicht probiert habe.«

      Titus und Burga schauten sich fragend an. Rosa sah wirklich zerknirscht aus.

      »Wenn ihr mir nicht helfen könnt oder wollt, dann wird niemand je erfahren, daß ich hier war. Das schwöre ich!«

      »Nun rede schon, Madl!«

      »Gut, das werde ich! Doch bitte, laßt mich ganz ausreden. Bitte!«

      Sie nickten.

      »Also, wie gesagt, ich heirate den Ansgar. Dann wohne ich auf dem Natterer Hof. Ich weiß, daß ich eine Zugereiste bin. Aber vielleicht kann ich gerade als Außenstehende helfen. Ich verstehe da etwas nicht. Wie kann es kommen, daß zwei Familien so verfeindet sind. Die Frizzi ist meine Freundin und ich kenn auch den Dominik. Die beiden lieben sich wirklich und quälen sich schon so lange mit ihrer heimlichen Liebe herum. Ihr müßt mir nicht erzählen, was damals vorgefallen ist. Aber es kann doch nicht so schlimm sein, daß es jetzt auch noch nach so vielen Jahren drei Familien unglücklich macht. Ihr seid nicht glücklich, die Villingers sind nicht glücklich und Frizzi und der Dominik sind auch nicht glücklich. Ich kann nicht richtig glücklich sein, wenn ich weiß, daß meine Freundin unglücklich ist und der Dominik auch nicht glücklich ist. Bitte, denkt mal darüber nach. Das wollte ich euch sagen. Liebe ist doch etwas Schönes. Ich kann nicht verstehen, daß die Frizzi und der Dominik für ihre Liebe bestraft werden sollen. Die Liebe kommt einfach. Da kann man sich nicht dagegen wehren. Es ist doch so schön. Es ist doch wirklich das Wunder der Liebe. Als ich den Ansgar zum ersten Mal gesehen habe, da wußte ich, daß er es ist. Er oder keiner, sagte ich mir. Dann hat es noch lange gedauert, bis er endlich den Mut gefunden hatte, mich anzusprechen. Er hat mir gesagt, daß er sich auch vom ersten Augenblick sicher war, daß er mich liebt. Bei uns war es eben etwas komplizierter, weil ich nicht von hier bin. Doch jetzt haben wir uns gefunden. Ich bin so glücklich, daß ich mir einfach wünsche, daß alle so glücklich wären wie ich – glücklich wären wie Ansgar und ich. Das kannst du doch verstehen, Bauer? Du, Bäuerin, kannst das doch auch verstehen?«

      Rosa schaute beide an.

      Sie schwiegen.

      Rosa trank ihren Kaffee aus, grüßte und ging hinaus. Ihr zitterten die Beine etwas. Sie stieg in ihr Auto und fuhr vom Hof.

      Ihr nächstes Ziel war der Villinger Hof. Gleichzeitig mit ihr hielt ein Landrover. Ein Mann sprang heraus. Eine Frau lief aus dem Haus.

      »I hab’ sie nirgends gefunden! I hab’ wirklich überall gesucht.«

      Das sind Frizzis Eltern, dachte Rosa.

      »Grüß Gott! I bin die Rosa, eine Freundin von Frizzi«, sagte Rosa laut und stellte sich neben die beiden.

      »Dann bist du des Madl vom Ansgar!«

      »Ja, die bin ich!«

      »Weißt, wo unsere Frizzi ist? Des Madl is heute Nacht nicht heimgekommen. Wir haben schon überall gesucht und gefragt.« Senta Villingers Stimme klang verzweifelt.

      »Ja, des weiß ich. Die Frizzi ist beim Dominik!«

      »Drüben auf dem Maierhofer Hof?« fragte Joseph.

      Rosa schüttelte den Kopf.

      »Nein!«

      »Wo ist der Dominik dann?«

      »Da, wo die Frizzi ist!«

      »Mei, Madl! Des ist doch keine Antwort. Die Frizzi ist da, wo der Dominik ist und der Dominik ist da, wo die Frizzi ist. Aber an welchem Ort?«

      »Also eine Wohnung haben die beiden noch nicht gefunden. Aber sie suchen. Jetzt sind sie bei Freunden.«

      In diesem Augenblick fuhr ein weiteres Auto auf den Hof. Burga und Titus Maierhofer stiegen aus. Verlegen gingen Titus und Joseph aufeinander zu.

      »Unser Bub ist fort, Joseph!«

      »Unser Madl ist auch fort, Titus! Die sind zusammen fort. I hab’ die

      Frizzi schon überall gesucht. Nirgends eine Spur!«

      »Wir haben die Frizzi gesucht, um ihr zu sagen, daß sie von uns aus den Dominik heiraten kann. Die beiden können gern bei uns wohnen«, erklärte Senta mit fester Stimme.

      »Wir haben auch nix mehr dagegen, daß die beiden heiraten. Wo die Liebe hinfällt, da kann man nix machen.«

      »Diese Einsicht kommt dir aber spät, Titus. Wenn du das damals schon eingesehen hättest, dann wäre vieles anders gewesen.«

      »Wollen wir die alte Sache net begraben, Joseph? Es geht doch jetzt um höhere Dinge. Wir können doch das Leben unserer Kinder net zerstören. Außerdem