wollt ihr denn hinziehen?« fragte Erik mit seiner gewohnten überlegenen Ruhe – für ihn kam es auch nicht so sehr in Betracht, da er demnächst auf die Universität sollte.
»Das wissen wir noch nicht, aber jedenfalls in eine größere Stadt.«
»Für uns ist es überall gut, wo wir zusammen sind und euch haben«, meinte Marianne; »– aber es war doch unser Nevershuus.«
»Ach, ihr solltet euch doch freuen, einmal in andre Umgebung zu kommen,« sagte der Vater wieder. »Hier versimpelt ihr auf die Länge, seht nichts von der Welt, wißt nichts von der Welt. Euer Nevershuus werdet ihr schon mit der Zeit vergessen.«
»Wie kannst du das sagen, Christian!« Der Freifrau ging es wie den Kindern, sie hing mit allen Fasern an dem alten Schloß – vierundzwanzig Jahre – ihre ganze Ehe – die Kinder, die hier geboren und aufgewachsen – ihr Ältester, der hier gestorben war! Sie begriff doch nicht recht, daß ihr Mann sich so leicht loslöste, es wie eine Befreiung empfand, wie einen neuen Lebensanfang, von hier fortzukommen.
Marianne saß mit ineinandergelegten Händen und sah nur ihren Vater an – er war grauer geworden in den letzten Jahren, die Stirn noch höher und gefurchter, aber heute schien er ihr so verjüngt. Sie wußte am besten, wie er sich von jeher hinausgesehnt aus diesem engumschlossenen Leben, in das die Verhältnisse ihn gegen seine Neigung hineingezwungen hatten.
Durch die offne Tür sah man in den Weihnachtssaal, die Lichter waren längst heruntergebrannt, das Silber auf den Tannen schimmerte matt im Dunkeln.
»Ihr lacht ja heute gar nicht«, sagte der Freiherr auf einmal, »was ist denn in euch gefahren?« Sonst mochte es ihm manchmal zu viel werden, wenn seine junge Schar bei jedem vernünftigen Gespräch, bei jeder ernsten Lektüre unweigerlich im Chor losplatzte, besonders an Festtagen, wenn die Bowle auf dem Tisch stand. Aber er vermißte doch etwas, wenn sie so unnatürlich ernst waren.
Aber sie saßen alle und dachten, daß diese Weihnachten nun die letzten in der alten Heimat wären, da wollte kein Gelächter in Gang kommen.
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