Henryk Sienkiewicz

Die wichtigsten historischen Romane von Henryk Sienkiewicz


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Du von dort nach Marienburg auf?«

      »Nach Marienburg oder in das gelobte Land, wenn Lichtenstein nur dort zu treffen wäre.«

      »Darob tadle ich Dich nicht. Dein Tod oder der seine!«

      »Gebt acht, bald überbringe ich Euch nach Bogdaniec dessen Handschuh, dessen Gürtel – hegt nur keine Furcht!«

      »Wenn Du Dich nur vor einem Ueberfall zu schützen weißt.«

      »Ich mache einen Fußfall vor dem Fürsten Janusz, damit er mir einen Geleitsbrief an den Großmeister gebe. Jetzt herrscht überall Ruhe. Mit dem Geleitsbriefe begebe ich mich nach Marienburg. Dort ist immer ein ganzer Haufen Ritter zu Gaste. Und wißt Ihr was? – Zuerst kommt Lichtenstein an die Reihe, dann werde ich Umschau halten, welche Ritter Pfauenbüsche auf dem Helme tragen – und einen nach dem andern fordere ich zum Kampfe. Gebe nur der Herr Jesus auch seinen Segen dazu, daß ich mein Gelübde vollbringen kann.« Bei diesen Worten lachte Zbyszko hell auf über seine eigenen Gedanken, und er sah aus wie ein Knabe, der verkündet, welche Ritterthaten er ausführen will, sobald er herangewachsen ist.

      »Ei,« sagte Macko, den Kopf schüttelnd, »wenn Du drei Ritter aus angesehenem Geschlechte den Garaus gemacht, hast Du Dein Gelübde erfüllt. Aber dann nimmst Du ihnen gewiß auch ihre Sachen ab! Du lieber Gott!«

      »Ach was drei!« rief Zbyszko aus, »schon im Gefängnisse sagte ich mir selbst, daß ich Danusia gegenüber nicht knausern werde. So viele müssen es sein als ich Finger an der Hand habe – nicht drei.«

      Macko zuckte die Achseln.

      »Ihr mögt Euch wundern, es nun glauben oder nicht, aber ich gehe sicherlich von Marienburg zu Jurand von Spychow. Weshalb sollte ich ihm nicht meine Verehrung bezeigen, da er doch Danusias Vater ist? Und mit ihm werde ich die Kulmer Deutschen überfallen. Ihr sagtet ja selbst, in ganz Masovien gebe es keinen Menschen, der einen solchen Ingrimm auf die Kreuzritter hat wie Jurand.«

      »Und wenn er Dir Danusia nicht giebt?«

      »Warum sollte er sie mir nicht geben? Er will sich an seinen Feinden rächen, ich mich an den meinigen. Und weiß er vielleicht einen, der besser ist als ich? Wenn die Fürstin die Ehe befürwortet, wird er nichts dagegen einzuwenden haben.«

      »Eines habe ich nun schon bemerkt,« sagte Macko, »Du willst alle Leute aus Bogdaniec mitnehmen, damit Du ein Gefolge und das Ansehen eines Ritters hast, aber dann würde es ja an Händen fehlen, die den Boden bebauen. So lange ich lebe, gebe ich es also nicht zu; doch nach meinem Tode wirst Du sie alle mitnehmen.«

      »Unser Herrgott wird mir für ein Gefolge sorgen, und da Janko von Tulcza mein Blutsverwandter ist, wird es mir nicht daran fehlen.«

      In diesem Augenblick öffnete sich die Thüre, und wie zum Zeichen, daß Gott in der That dem Zbyszko für ein Gefolge sorgen werde, erschienen plötzlich zwei untersetzte Männer mit dunkler Gesichtsfarbe, von denen ein jeder einen gelben Kaftan, wie er bei den Juden gebräuchlich war, weite Pluderhosen trug und ein rotes Käppchen auf dem Haupte hatte. An der Thüre stehen bleibend, legten sie die Finger an Stirne, Mund und Brust und verneigten sich bis zur Erde.

      »Wer sind diese Abtrünnigen?« fragte Macko, »was seid Ihr für Leute?«

      »Euere Sklaven.« erwiderten die Eingetretenen mit fremdländischem Accent.

      »Wie? Woher seid Ihr? Wer hat Euch hierher geschickt?«

      »Uns schickt Herr Zawisza als Geschenk für diesen jungen Ritter, damit wir ihm als Sklaven dienen.«

      »Guter Gott! Also zwei Leute mehr!« rief Macko voll Freude, »Und welchem Volke gehört ihr an?«

      »Wir sind Türken!«

      »Türken?« wiederholte Zbyszko. »Also werde ich zwei Türken im Gefolge haben. Habt ihr jemals Türken gesehen, Oheim?« Und auf sie zuspringend drehte er sie im Kreise umher und betrachtete sie wie ganz eigenartige, überirdische Geschöpfe.

      Macko aber sagte: »Gesehen habe ich noch keine Türken, doch ich hörte, daß der Herr aus Garbow Türken im Dienste hat, die er als Gefangene mit sich nahm, als er an der Donau unter dem deutschen Kaiser Sigismund kämpfte. – Aber wie, Ihr seid ja hundsföttige Heiden!«

      »Der Herr ließ uns taufen,« sagte einer der Gefangenen.

      »Hattet ihr keine Mittel, Euch loszukaufen?«

      »Von weit her, vom asiatischen Gestade, aus Grusso kommen wir.«

      Zbyszko, der sich immer gerne vom Krieg erzählen ließ, vornehmlich wenn es sich um die Thaten des hochberühmten Zawisza aus Garbow handelte, begann nun die beiden darüber auszuforschen, wie sie in Gefangenschaft geraten waren. Allein die Berichte der Gefangenen enthielten nichts Außergewöhnliches. Vor drei Jahren hatte Zawisza eine Schar Krieger in einem Hohlwege überfallen. Ein Teil davon wurde aufgerieben, ein Teil gefangen genommen und dann verschenkt.

      Zbyszko und Macko wußten sich nicht zu lassen vor Freude über das ansehnliche Geschenk, vornehmlich da es in jener Zeit an Leuten mangelte und man den Ritter reich nannte, der über viele gebot.

      Mittlerweile erschien Zawisza selbst, in Gesellschaft von Powala und Paszko Zlodziej aus Viskupice. Da sie alle an Zbyszkos Befreiung mitgewirkt hatten und froh waren, ihm dies zeigen zu können, brachte ihm jeder zum Abschied eine Gabe als Andenken. Der freigebige Herr aus Taczew gab ihm eine kostbare, mit goldenen Fransen benähte Pferdedecke, Paszko ein ungarisches Schwert, das zehn Greywna wert war. Diesen beiden Rittern folgten noch Lis aus Targowisko, Farnrej und Krzon aus Kozichglowy mit Martin aus Wrocimowice; zuletzt kam Zindram aus Maszkowice, ein jeder mit vollen Händen.

      Zbyszko begrüßte sie mit überströmendem Herzen, fühlte er sich doch doppelt glücklich, nicht nur der Geschenke wegen, sondern auch darüber, daß die berühmtesten Ritter im ganzen Reiche solche Freundschaft für ihn an den Tag legten. Sie aber fragten besonders danach, wie es sich mit der Reise und der Wunde Mackos verhalte, indem sie als erfahrene, wenngleich junge Leute, verschiedene Salben und Arzneien empfahlen, die bei der Heilung von Wunden schon Wunder gewirkt hätten.

      Doch Macko bat sie nur um Schutz für Zbyszko, weil er selbst bald in das Jenseits eingehen werde. Das Leben sei nicht leicht, wenn man einen Eisensplitter zwischen den Rippen habe, sagte er. Er beklagte sich auch darüber, daß er fortwährend Blut speie und nichts essen könne. Eine Quart ausgehülster Nüsse, zwei Spannen von einer Wurst, eine Schüssel mit einer Eierspeise – das sei seine ganze tägliche Nahrung. Der Pater Cybek habe ihm schon einige Male zur Ader gelassen, weil er es glaubte, daß dadurch das Fieber gebrochen werde und die Eßlust zurückkehre – allein auch dies habe nichts geholfen.

      Gleichwohl war er so erfreut über die seinem Bruderssohn dargebrachten Geschenke, daß er sich in diesem Augenblick weniger krank fühlte, und als der Kaufmann Amylej ein Faß Wein in die Stube bringen ließ, um so angesehene Gäste zu ehren, begann er mit ihnen zu zechen. Nun wurde Zbyszkos Befreiung und sein Verlöbnis mit Danusia eifrig besprochen. Die Ritter glaubten, Jurand aus Spychow werde sich dem Willen der Fürstin nicht widersetzen, besonders wenn Zbyszko Rache für dessen Gattin nehmen und die Danusia angelobte Helmzier noch erobern werde.

      »Was nun Lichtenstein anbelangt,« sagte Zawisza, »so weiß ich nicht, ob er sich Dir stellen wird, da er Ordensbruder ist und zudem die Würde eines Starosten bekleidet. Die Leute aus seinem Gefolge sagen sogar, wenn er es abwarten könne, werde er mit der Zeit sogar Großmeister.«

      »Lehnt er aber den Kampf ab, so geht er seiner Ehre verlustig,« ließ sich Lis aus Tarzowisko vernehmen.

      »Ihr irrt Euch,« entgegnete Zawisza. »Er ist ja kein weltlicher Ritter, und den Ordensrittern steht es nicht frei, sich zum Zweikampfe zu stellen.«

      »Und doch kommt es häufig vor, daß sie sich stellen.«

      »Weil die Gesetze des Ordens nicht befolgt werden. Aber zum Kampf auf Leben und Tod wird ein Kreuzritter, vornehmlich ein Komtur sich nicht stellen.«

      »Ha! Im Kriege wenigstens wird er Dir nicht entgehen!«

      »Aber