zur Straße lagen dicke Felsbrocken und einige schwere Baumäste. Ein improvisiertes, aber perfektes Hindernis. Um weiterzukommen, mußten Rander und Parker aussteigen.
»Darf ich Sie darauf hinweisen, Sir«, sagte Parker leise, »daß wir zumindest von einem Gewehrschützen belauert werden?«
»Habe ich mir fast gedacht«, gab Mike Rander zurück, ohne sich seinerseits aus der Ruhe bringen zu lassen. »Tun wir so, als hätten wir ein gutes Gewissen.«
Rander und Parker beschäftigten sich mit einem schweren Baumast. Sie hatten ihn kaum zur Seite gezogen, als sie unwillkürlich zusammenzuckten. Ein Schuß peitschte nämlich auf. Das Geschoß ließ den lockeren Pulverschnee dicht in ihrer Nähe hochstäuben.
»Nehmt die Hände hoch!« grölte eine rauhe Stimme. »Keine falschen Bewegungen, Leute, sonst knallt’s noch einmal!«
Rander und Parker gehorchten. Sie blieben unbeweglich stehen. Sie sahen aus wie zwei Durchschnittsbürger, die Angst hatten.
Der Schnee im dichten Unterholz knirschte.
Kurz darauf trat ein stämmiger Mann an den Straßenrand. Er hielt eine Winchester im Anschlag. Der Mann trug derbe, aber zweckmäßige Kleidung. Ein große Sonnenbrille tarnte sein Gesicht.
»Rückt schon raus, was euch der Mann unten im Wagen in die Hand gedrückt hat«, sagte der Mann.
»Sie irren sich, er hat uns nichts in die Hand gedrückt«, antwortete Mike Rander höflich.
»Er hat euch was zugesteckt. Ich hab’s doch mit eigenen Augen gesehen.«
Der Mann trat etwas näher. Er hielt das Gewehr jetzt im Hüftanschlag. Seine Bewegungen zeigten deutlich, daß er mit dieser Waffe umzugehen verstand. – Leicht zu täuschen war er gewiß nicht. Zudem war nicht sicher, ob er allein war.
»Sie haben sich wirklich getäuscht, Sir«, schaltete sich Josuah Parker ein. »Ich will allerdings einräumen, daß der betreffende Mann sich bemühte, mir noch einige Worte zu sagen. Er war nämlich noch nicht tot. Leider aber reichten seine Kräfte dazu nicht mehr aus. Das ist die Wahrheit, so wahr ich Pete Traggs heiße.«
»Gleich knallt’s!« rief der Mann scharf zurück. »Mich könnt ihr doch nicht reinlegen!«
Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, feuerte der Mann ohne jede Vorwarnung einen weiteren Schuß ab. Wieder stäubte Schnee hoch. Mit einiger Verspätung stieß Josuah Parker einen gekonnten Aufschrei der Angst aus und klammerte sich an dem überraschten Mike Rander fest.
»Ein Schuß, Sir!« keuchte der Butler laut. »Ich fürchte, Sir, das war ein Schuß.«
»Und ob das ein Schuß war …!« Der Mann mit der Winchester kam noch etwas näher. Er konnte sich ein Grinsen nicht verbeißen. Parker sah in seiner panischen Angst aber auch zu lächerlich aus.
»Sie erschrecken meinen Butler zu Tode«, beschwerte sich Mike Rander. Er ging auf das Spiel seines Butlers sofort ein. »Sie vergeuden Ihre Munition. Der Mann hat uns nichts zugesteckt.«
»Laß sie ziehen …!« rief eine Stimme aus dem Unterholz. »Diese Witzblattfiguren wissen von nichts.«
»Los, rein in den Wagen!« kommandierte der Mann mit der Sonnenbrille. »Vergeßt, daß ihr mich gesehen habt. Dann habt ihr auch noch was vom Leben!«
»Herzlichen Dank«, sagte Josuah Parker. Dann lief er mit kleinen Trippelschritten auf den Caravan zu. Mike Rander folgte, aber doch etwas langsamer. Als auch er den Wagen erreicht hatte, war der Gewehrschütze bereits wieder im dichten Unterholz verschwunden.
»Ganz nette Abwechslung«, meinte der Anwalt. »Ihre schauspielerische Leistung, Parker, war reif für Hollywood. Ich werde Sie dort empfehlen.«
»Ich mußte die beiden Gangster ablenken, Sir«, sagte Parker. »Gern tat ich es nicht, wie ich am Rande feststellen möchte. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, Sir, ich hätte große Lust, mich mit diesen beiden Wegelagerern zu befassen, zumal einer von ihnen der Mörder dieses Jim Raston ist.«
»Und wie stellen Sie sich das vor?«
»Im Gepäck befinden sich Ski, Sir.«
»Können Sie denn damit umgehen?«
»Als ich seinerzeit den Vorzug und die Ehre hatte, Sir, für den Duke of Ramsy zu arbeiten, war ich häufig gezwungen, Ski zu benutzen, zumal der Duke die Schweiz als Erholungslandschaft geschätzt hat.«
»Eine verrückte Idee, die mir aber gefällt.« Rander dachte kurz nach. »Im Schnee dürften deutliche Spuren zu finden sein. Nur allein möchte ich Sie nicht gehen lassen.«
»Eine andere Möglichkeit, Sir, dürfte es aber nicht geben. Der Wagen muß auf jeden Fall weiterfahren, sonst werden die beiden Gangster gewarnt.«
»Schön, nach der nächsten Kurve können Sie aussteigen, Parker. Hoffentlich hat der Duke of Ramsy Ihnen genug beigebracht.«
»Ich werde mich seiner würdig erweisen, Sir.«
Parkers Augen hatten einen verräterischen Glanz angenommen. Er witterte wieder einmal ein Abenteuer …
*
Es war schon eine recht seltsame Gestalt, die da auf langen Schneebrettern stand und in rasanter Schußfahrt einen Berghang hinunterfuhr. Einem neugierigen Eichhörnchen fielen fast die dunklen Augen aus dem Kopf. Es verlor das Gleichgewicht und wäre beinahe von einem Zweig herabgefallen.
Ein Braunbär, bereits an Erfahrung reich, ging sicherheitshalber hinter einem hohen Dornbusch in Deckung. Er traute diesem schnellen Wesen nicht, das dicht an ihm vorbeizischte.
Ein Fuchs ergriff die Flucht und hatte es derart eilig, daß er sich nicht noch einmal umsah. Er schoß wie eine Rakete in seine Röhre und dachte bis zum Einbruch der Dunkelheit darüber nach, welch seltsames schwarzes Wesen das wohl gewesen sein mochte.
Kurz, Josuah Parker auf Brettern erregte einiges Aufsehen in der Tierwelt. Er verfolgte die Spur, die die beiden Gangster hinterlassen hatten. Sie zeichnete sich im Schnee besonders deutlich ab und führte allem Anschein nach paßabwärts.
Der Butler war nicht wiederzuerkennen.
In Hocke glitt er über den steilen Hang. Er übersprang kleine Hindernisse, ohne auch nur einmal aus dem Gleichgewicht zu kommen. Er umfuhr hinderliche Bäume, die ihm im Weg standen und gab sich durchaus sportlich. Der schwarze Fellmantel störte dabei überhaupt nicht. Und die pelzbezogene schwarze Melone hätte im Falle eines Sturzes doch nur als Sturzhelm gedient, kurz, Josuah Parker war wieder einmal bestens ausgerüstet. Seine Einkäufe in Chikago bestanden die erste Feuerprobe.
Weniger Glück hatte er mit seinen Nachforschungen.
Durch das Unterholz schimmerte das weiße Band der breiten Straße. Die beiden Gangster, die übrigens Schneeschuhe benutzten, waren zur Straße zurückgekehrt, nachdem sie einen weiten Bogen geschlagen hatten. Josuah Parker konnte bereits im voraus sagen, was sie bezweckten.
Kaum gedacht, war es bereits geschehen.
Der Butler hörte das röhrende Aufheulen eines Automotors, den man auf hohe Touren gebracht hatte. Parker schob sich noch näher an die Straße heran.
Zu spät.
Er sah nur noch, daß Jim Rastons Kleinlaster sich langsam in Bewegung setzte. Der Wagen war gewendet worden und fuhr zurück in Richtung Fairbanks. Wer statt Raston nun am Steuer saß, war klar. Die beiden Gangster beseitigten alle Spuren. Einfacher konnten sie es nicht haben. Sie brauchten ja nur den Wagen samt Raston wegzuschaffen. Mehr war nicht zu tun.
Als Parker den Straßenrand erreicht hatte, bog der Kleinlaster bereits um eine Straßenbiegung und entschwand seinen Blicken. Nur einige Glassplitter im Schnee zeigten an, welch eine schreckliche Tragödie sich hier abgespielt hatte.
Parker drehte resigniert ab. Er trug es mit Fassung, daß er zu spät gekommen war. Da er nun aber schon hier war, suchte er nach dem Standort des Mörders. Er fand die Stelle nach einigem Suchen. Der