Günter Dönges

Der exzellente Butler Parker 6 – Kriminalroman


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diese Nachhilfe sein?« erkundigte sich Parker, ohne eine Miene zu verziehen.

      »Wenn Sie nicht sofort das Fenster öffnen, schießen wir«, drohte der Untersetzte. »Und ich versichere Ihnen, wir sind nicht zu Scherzen aufgelegt.«

      »Darf man Sie darauf hinweisen, daß die Scheiben aus schußsicherem Glas bestehen? Es steht ihnen natürlich frei, diese Behauptung zu überprüfen. Verbandszeug zum Versorgen der durch Querschläger entstehenden Wunden ist in ausreichender Menge verfügbar, wie man Ihnen versichern darf«, gab Parker höflich zurück.

      Der Anführer stutzte einen Augenblick, dann schüttelte er den Kopf und hob die Maschinenpistole. Er hatte offensichtlich die Absicht, Parkers Behauptung praktisch zu überprüfen. Bevor er abdrücken konnte, schob jedoch der neben ihm stehende Mann die Mündung der Waffe beiseite. Die sich lösende Salve prasselte in ein Gebüsch am Straßenrand.

      »Man kann Sie zu diesem weisen Eingreifen nur beglückwünschen, Sir«, ließ sich Parker gemessen vernehmen. »Sie haben damit sich und Ihrem Kollegen gewisse Blessuren erspart.«

      »Nun ist aber Schluß, Mister Parker. Sorgen Sie endlich dafür, daß ich mit diesen Lümmeln sprechen kann«, forderte Lady Agatha ungeduldig aus dem Fond. »Stellen Sie mir diese Subjekte für mein Verhör zur Verfügung.«

      »Wie Mylady zu wünschen belieben.« Parker bediente einen weiteren Schalter auf dem üppig ausgestatteten Armaturenbrett und sah nach draußen. Plötzlich wallten rings um den Wagen dunkle Wolken hoch und hüllten die Männer total ein.

      Einen Augenblick später begannen die Ford-Insassen zu husten und um die Wette zu bellen, bis schließlich Ruhe einkehrte und absolut nichts mehr zu hören war.

      Der Butler wartete, bis sich der Nebel einigermaßen verzogen hatte, dann schob er die Tür auf und stieg aus. Die vier in Khaki gekleideten Herren lagen zu beiden Seiten des ehemaligen Londoner Taxis und rührten sich nicht. Ihre Waffen neben den ausgestreckten Armen warteten nur darauf, von Parker eingesammelt zu werden.

      »Sehr schön, Mister Parker, ich bin einigermaßen zufrieden mit Ihnen«, erklärte die Lady und sah lächelnd auf die bewußtlosen Männer hinab. »Natürlich hätte das alles noch ein wenig perfekter ablaufen können, aber ich will nicht kleinlich sein. Hoffentlich wachen die Lümmel bald wieder auf.«

      »Eventuell könnten Mylady ein wenig nachhelfen«, schlug Parker vor.

      »Wie habe ich das zu verstehen, Mister Parker? Ich hoffe, Sie verfügen über einen brauchbaren Vorschlag«, gab sie zurück und blickte ihren Butler an.

      Parker begab sich zum Kofferraum seines Jagens und öffnete ihn. Er holte einen Plastikeimer hervor, dessen als Griff dienender Drahtbügel mit einem soliden Seil versehen war. Damit begab sich Parker zum nahegelegenen Hafenbecken und warf den Eimer hinein, um ihn gleich darauf gefüllt wieder an Land zu ziehen. Einen Augenblick später überreichte er seiner Herrin den mit Brackwasser gefüllten Eimer und verbeugte sich andeutungsweise. »Wären Mylady mit dieser Erfrischung für die Herren gedient?« erkundigte er sich würdevoll.

      »Pfui Teufel, das stinkt ja scheußlich, Mister Parker!« erwiderte sie und schwenkte unternehmungslustig den Eimer. Im nächsten Moment ergoß sich die Brühe über den Anführer und weckte ihn abrupt aus seinen Träumen.

      Prustend und schnaubend erhob er sich und sah sich verwirrt um. Dann war er wieder im Bild und wollte sofort angreifen, hatte aber nicht mit Myladys Geistesgegenwart und Schlagfertigkeit gerechnet.

      Bevor er richtig auf den Beinen stand, flog ihm der Eimer um die Ohren, und Agatha Simpson sah zufrieden zu, wie er stöhnend zu Boden ging und sich an den malträtierten Kopf griff.

      »Das wird sie lehren, eine harmlose, alte Frau anzugreifen«, bemerkte sie dazu und rieb sich die Hände.

      »Ich erwarte Ihre Vorschläge, was die übrigen Subjekte betrifft, Mister Parker«, erklärte sie danach und sah ihn herausfordernd an. »Hüten Sie sich aber vor allzugroßer Zimperlichkeit, Sie wissen ja, das kann ich nicht ausstehen.«

      »Vielleicht wollen Mylady den Herren einen Freiflug verschaffen und zu einem einmaligen Überblick über das Hafengelände verhelfen«, konnte Parker mit einem akzeptablen Vorschlag dienen.

      »Klingt nicht schlecht, Mister Parker. Und wie stelle ich mir das vor?« ging die ältere Dame sofort darauf ein.

      »Mylady denken sicher daran, sich eines intakten Ladekrans zu bedienen, um die Herren ein wenig zu unterhalten«, schlug Parker vor. »Mylady könnten die Herren daran hochziehen und sie eine einmalige Aussicht genießen lassen.«

      *

      Parker hatte auf dem ehemaligen Lagerplatz einer Verladefirma solide Ketten entdeckt und sich nach sorgfältiger Prüfung für zwei von ihnen entschieden. Er hatte die Ketten durch die heruntergekurbelten Seitenscheiben des Ford geführt und über dem Wagendach in einen mächtigen Haken gehängt, der seinerseits wieder an einem dicken Drahtseil hing, das zu einem der gewaltigen Ladekräne gehörte. Danach hatte er die vier Herren in ihr Fahrzeug gesetzt und mit den Sicherheitsgurten festgeschnallt.

      »Mylady sind mit den Vorbereitungen zufrieden?« erkundigte er sich höflich bei seiner Herrin, die ihn aufmerksam und wohlwollend beobachtet hatte.

      »Nicht schlecht, Mister Parker.« Sie räusperte sich und blickte an der Gitterkonstruktion des Kranes hoch, wo sich in luftiger Höhe der Steuerstand befand. »Selbstverständlich werde ich diesen Kran persönlich bedienen, Mister Parker«, bemerkte sie. »Lassen Sie sich also etwas einfallen, wie ich dahinauf komme.«

      »Vielleicht sollten Mylady diese an sich doch recht langweilige Aufgabe meiner bescheidenen Wenigkeit überlassen, während Mylady per Funksprechgerät einige Fragen an die Herren richten«, schlug Parker vor. Seine Mundwinkel verzogen sich kaum, als er daran dachte, welches Bild Mylady abgab, wenn sie die schmale Eisenleiter an der Innenseite des Krans hinaufhangelte.

      »Kommt nicht in Frage, Mister Parker, Sie behandeln die Gangster wieder viel zu sanft. Nein, nein, ich muß das schon selbst machen. Also, ich erwarte Ihre Vorschläge«, sagte sie ungeduldig.

      Parker kannte seine Herrin gut genug, um sie noch mal umstimmen zu wollen. Ihm war klar, daß sie es unmöglich schaffte, die Leiter bis zum Führerstand zu bewältigen.

      Dann hatte er die Lösung. Er lüftete höflich die Melone und deutete auf einen kleinen Aluminiumcontainer in einer Ecke des ehemaligen Ladeplatzes.

      »Könnten Mylady sich eventuell entschließen, selbst eine kleine Luftreise anzutreten?« fragte er gemessen.

      »Ich muß doch sehr bitten, Mister Parker.« Lady Agatha musterte ihn mit flammendem Blick. »Soll ich etwa in dieses Blechding steigen? Sie suchen doch nur nach einer Möglichkeit, mich loszuwerden«, grollte sie.

      »Mitnichten, Mylady. Wenn Mylady sich jedoch zum Benutzen des Containers entschließen könnten, würde meine bescheidene Wenigkeit Mylady zum Führerstand des fraglichen Krans hochliften, damit Mylady selbst die Luftreise der Herren Ganoven steuern kann. Selbstverständlich könnte auch ich...«

      »Papperlapapp, Mister Parker, selbstverständlich wird es so gemacht, wie ich es gerade vorschlug. Seien Sie nicht immer so umständlich. Sie ziehen mich mit diesem Container hoch, und ich steige dann in den Führerstand um.«

      »Wie Mylady zu wünschen belieben.« Parker wunderte sich nicht im geringsten darüber, daß sie auf einmal so tat, als wäre das alles ihre Idee gewesen. Er kannte die Sprunghaftigkeit Agatha Simpsons.

      Er wartete, bis sie nahezu majestätisch im Container Platz genommen hatte. Dann befestigte er das Ladegeschirr eines anderen Kranes daran und stieg gemessen und würdevoll zum Führerstand hoch. Einen Augenblick später ruckte der Container an, und Mylady schwebte langsam nach oben.

      Vorsichtig ließ Parker seine kostbare Fracht zum Führerhaus hinüberschwenken.

      Der Container pendelte aus und kam direkt neben dem Einstieg zum Stehen.

      Unbekümmert richtete sich Mylady auf und brachte damit erst mal ihr Transportmittel