lassen Sie nur meine Sorge sein«, sagt sie schnippisch. »Ich weiß mir ganz gut selbst zu helfen.«
»So?« Seine Stimme ist gleichmütig. Er wendet sich an Steeman. »John, paß gut auf deine Schwägerin auf.«
»Was fällt Ihnen ein?« empört sie sich. »Clermont ist höflich und galant, und Sie – Sie sind ein – ein furchtbarer Mensch.«
»Danke für das Kompliment.« Er verneigt sich knapp und ironisch. »Jeder schläft so, wie er sich bettet. Gute Nacht!«
Verdutzt sieht sie ihm nach. Steeman neigt sich zu ihr. »Du hast Mr. Morton verärgert, Fée. Kannst du ihn nicht leiden?«
»Nein!« kommt ohne Überlegung ihre Antwort. »Ich hasse ihn, seine ganze Art.«
»Er ist der beste Mensch, den ich je in meinem Leben kennengelernt habe…«, wendet Steeman ein.
»Aber von Frauen versteht er nicht so viel.« Dabei schnippt sie mit den Fingern. »Außerdem hat er mir keine Vorschriften zu machen.«
»Ich weiß nicht…« Steeman wiegt seinen Kopf hin und her.
»Aber ich weiß es.« Sie macht eine wegwerfende Handbewegung. »Ach, lassen wir das. Er ist unmöglich und bildet sich eine ganze Menge ein.«
»Du, Fée, das stimmt nicht«, widerspricht Steeman heftig. »Er könnte von sich eingenommen sein, denn er ist neben dem Boß derjenige, der unermüdlich tätig
ist, der für Ruhe und Ordnung sorgt und der treu und zuverlässig
ist.«
Sie zuckt mit den Schultern. »Von mir aus. Ich jedenfalls mag ihn nicht.«
Er blickt sie von der Seite her an. Richtig erregt ist sie. Dabei ist Morton ihr doch in keiner Weise zu nahe getreten. Er hat doch die ganze Unterhaltung mit angehört.
Merkwürdig! Auf einmal kennt er sich in Fée nicht mehr aus. Nun, von ihm aus. Fée ist in der kurzen Zeit, da sie hier weilt, sehr beliebt geworden. Auch sie wird schon noch merken, was Morton für ein feiner Kerl ist.
Und dann gehen seine Gedanken in eine ganz andere Richtung. Fée wäre die richtige Frau für Morton. Schade!
*
Morton geht seine Runde weiter, bis er auf dem taghell beleuchteten Gelände der Bohrtürme angekommen ist.
Er macht seinen Kontrollgang wie immer, findet nichts Auffälliges und kehrt wieder um. Draußen besteigt er seinen Wagen und fährt seinem Bungalow zu. Jetzt denkt er nur an Fée und ist richtig wütend auf sich. Außer mit Bettina hat er sich kaum mit Frauen beschäftigt. Seine anfängliche Liebe zu Wattenbergs Frau ist einer tiefen Verehrung gewichen. Und nun gibt es wieder eine Frau, die sein Denken in Anspruch zu nehmen beginnt. Er wird in Zukunft Steemans Bar meiden.
Doch am nächsten Abend geht er doch wieder hin. Kurz leuchtet es in seinen hellen Augen auf, als er Fée erblickt. Diesmal ist die Theke dicht besetzt, doch John macht rasch einen Hocker frei. Es gibt großes »Hallo«, und eine angeregte Unterhaltung folgt. Ein paarmal wirft Fée ihm unter halbgesenkten, dichten Wimpern einen schnellen Blick zu, den er wohl sieht, jedoch ignoriert.
Selbst als sie einen der Männer fragt: »Wo steckt eigentlich Mr. Clermont?« tut er, als habe er nichts gehört. Sie wendet sich schließlich an ihn: »Wissen Sie, wo Mr. Clermont steckt?«
»Nein«, sagt er kurz und unfreundlich. Sie errötet und dreht sich rasch um.
Ein unmöglicher Mensch! denkt sie wütend.
Morton hockt noch an der Theke, als die anderen bereits gegangen sind. Immer wieder schiebt er John sein Glas zu, um es auffüllen zu lassen. Dieser Egon – sinnt er vor sich hin –, wie er es nur macht, daß ihm die Frauen nur so zufliegen; außer einer natürlich: Bettina!
Noch hat er nicht mit ihm über die Versetzung gesprochen. Er ahnt, daß es einen heißen Kampf geben wird. –
Erst am nächsten Tag bietet sich Gelegenheit dazu.
Beim Frühstück sieht er Clermont kritisch an.
»Dein Faustkampf ist noch einmal gut ausgegangen, Egon. Man sieht keine Spur mehr davon.«
Lustlos stochert Clermont auf seinem Teller herum. Für gewöhnlich ißt er Eier auf Schinken mit großem Appetit.
»Ich habe doch nicht ausgeteilt«, brummt er, »nur eingesteckt.«
»Weil du gar nicht dazu gekommen bist, mein Lieber«, spöttelt Morton. »Dein Glück übrigens, sonst wärst du längst nicht mehr hier…«
»Was soll das heißen?« Clermont wird neugierig und schiebt seinen Teller zurück.
»Daß du strafversetzt bist und daß du, nachdem dein Auge verheilt ist, morgen zur Verladestation abkommandiert bist.«
»Wohin?« Clermont ist sprachlos. »Ausgerechnet dorthin! Warum nicht gleich in die Wüste?«
Morton betrachtet ihn kopfschüttelnd.
»Sei froh, daß du nicht gefeuert worden bist! Ich bin überzeugt, wenn du dich bewährst, wirst du eines Tages wieder hier sein.«
»Wenn ich Wert darauf lege«, meint Clermont böse.
»Deine Sache, Egon. Meines Erachtens liegt deine Zukunft hier. Hier kannst du verwerten, was du gelernt hast, und vor allem verdienst du mehr als anderswo. Das überlege dir reichlich, bevor du alles wegwirfst.«
»Kartoffeln wachsen überall«, knurrt er. Seine Laune wird immer schlechter.
»Also halte dich für morgen früh bereit. Du fährst mit den ersten Lastern.«
Clermont antwortet nicht. Er sieht aus zusammengekniffenen Augen hinter Morton her. Sie haben sich immer ausgezeichnet vertragen. Und die Bevormundung Mortons hat ihn nie gestört. Doch jetzt glaubt er, Morton zu hassen. Nicht bei sich, sondern bei ihm sucht er die Schuld seiner Verschickung, die eine Strafversetzung ist.
Den ganzen Tag bekommt er ihn nicht zu sehen. Am Abend trifft Morton ihn in Steemans Bar. Er unterhält sich eifrig mit Fée und läßt sich auch nicht aus der Ruhe bringen, als er Morton hereinkommen sieht.
Unweit von Clermont nimmt Morton an der Theke Platz. Einmal wirft Fée ihm einen herausfordernden Blick zu, den er ernst erwidert, um sich sofort wieder seinem Glas zu widmen, das er erneut füllen läßt.
Clermont und Fée lachen und scherzen. Das silberhelle Lachen Fées durchfährt ihn schmerzhaft. Er schiebt das leere Glas Steeman zu.
»Whisky pur«, sagt er kurz. Er schüttet den Inhalt förmlich in sich hinein.
»Was ist los, Mr. Morton? Haben Sie Ärger gehabt?« wagt Steeman zu fragen.
»Es geht«, erwidert er abweisend. Da fragt Steeman nicht mehr. »Wie geht es Carmen?«
»Danke, gut. Fée nimmt ihr an Arbeit ab, was sie nur tun kann. Ich bin meiner Schwägerin sehr dankbar.«
»Also hat sie sich hier gut eingewöhnt.«
»O ja«, versichert Steeman eifrig. »Sie möchte gar nicht wieder fort.«
»Es vertreibt sie ja auch keiner.« Morton gibt sich den Anschein völliger Gleichgültigkeit. In Wirklichkeit möchte er noch viel mehr über Fée hören.
Da Clermont keine Anstalten macht, heimzugehen, verläßt Morton vor ihm die Bar.
Soll er den letzten Abend genießen, denkt er, als er seinen Wagen besteigt.
*
»Wann ist Ihr Dienst hier beendet, Fée?« erkundigt sich Clermont.
»Eine halbe Stunde noch«, erwidert Fée.
»Würden Sie mir eine Bitte erfüllen?« fragt er, keinen Blick von dem schönen Gesicht Fées nehmend.
»Wenn ich sie erfüllen kann?«
»Doch, das