Cassius Dio

Römische Geschichte


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würde, in der Hoffnung, dass sie, zerstreut, keine Unruhen anfangen würden. Diese aber, die sich vor ihren Herren fürchteten, weil sie sich überhaupt erkühnt hatten, sich zu beklagen, verbanden sich und wurden Straßenräuber.

      230. Im Jahr der Stadt 651 (103 v.Chr.).

      Die Messenier (Mamertiner) glaubten nichts befürchten zu dürfen, wenn sie ihre beste und kostbarste Habe dahin (in die Stadt) flüchten. Auf die Nachricht davon aber überfiel sie Athenio, ein Kilikier, welcher unter den Räubern das größte Ansehen besaß. Bei einem öffentlichen Feste, das sie in der Vorstadt feierten, jagte er sie auseinander und tötete viele. Auch hätte er sich beinahe der Stadt selbst bemächtigt. Er verschanzte sich in dem festen Macella und richtete von dort aus im Land großen Schaden an.

      231. Im Jahr der Stadt 652 (102 v.Chr.)

      Die Barbaren waren besiegt, viele in der Schlacht gefallen und nur wenige hatten sich gerettet. Um seine Soldaten aufzumuntern und zugleich zu belohnen, verkaufte Marius die ganze Beute um ein Geringes an dieselben, damit er nicht den Schein hätte, als ob er sie ihnen ganz umsonst geschenkt habe. Dadurch bewirkte Marius, der bisher bloß bei dem Pöbel, aus dem er ja stammte und von dem er zu Ehren erhoben worden war, in Gunst stand, dass auch die Patrizier, von denen er gehasst worden war, ihn gleich den anderen mit Lobeserhebungen überhäuften. Er erhielt das Konsulat mit dem Willen und der Zustimmung aller, auch für das folgende Jahr, um den Krieg vollends zu beendigen.

      Sobald die Kimbern einmal innehielten, verloren sie von ihrem Mut und wurden an Leib und Geist geschwächt und abgestumpft. Schuld daran war, dass sie statt unter freiem Himmel, wie früher, jetzt unter Dächern wohnten, statt der früheren kalten, jetzt warme Bäder gebrauchten, an Leckereien und Süßigkeiten, wie man sie hierzulande genoss, sich ergötzten, sie, die früher rohes Fleisch aßen, und sich gegen ihre Gewohnheit im Wein bis zur Völlerei übernahmen. Dies raubte ihnen den ungestümen Mut und verweichlichte ihren Körper, sodass sie keine Beschwerden und Anstrengungen, keine Hitze, keine Kälte, keine Nachtwachen mehr ertragen konnten.

      232. Im Jahr der Stadt 655 (99 v.Chr.).

      [Quintus Metellus] des [Quintus] Metellus Sohn flehte für sich und öffentlich alle um die Rückberufung seines Vaters mit solcher Innigkeit an, dass er Pius, d.h. »der gute Sohn«, genannt wurde.

      233. Furius grollte dem Metellus, weil er ihm als Zensor das Ritterpferd genommen hatte. Den Publius Furius, welcher wegen dessen, was er als Volkstribun getan hatte, angeklagt war, töteten die Römer in voller Volksversammlung. Zwar hatte er den Tod allerdings verdient (denn er war ein aufrührerischer Mensch, machte früher Partei mit Saturninus und Glaucias, sprang von diesen ab, ging zu ihren Gegnern über und bekämpfte sie mit diesen), doch hätte es nicht auf diesem Wege geschehen sollen. Ihm schien jedoch sein Recht widerfahren zu sein.

      234. Zwar gab es auch noch andere Parteihäupter, die meiste Macht aber hatten auf der einen Seite Marcus [Drusus], auf der anderen Quintus [Caepio], beide herrschsüchtig und von unersättlichem Ehrgeiz und eben dadurch sehr zu Streitigkeiten geneigt. Darin waren sie einander gleich. Drusus aber war Quintus an vornehmer Geburt, an Reichtum und verschwenderischer Freigebigkeit gegenüber allen, die seines Geldes bedurften, überlegen. Dieser dagegen war durch seine zuversichtliche Frechheit und Kühnheit, durch seine zuvorkommenden Nachstellungen und die Bosheit, womit er sie vorzubereiten pflegte, gegen jenen im Vorteil; daher war es natürlich, dass sie, durch gleiche wie durch verschiedene Eigenschaften sich das Gleichgewicht haltend, einen langen Zwiespalt pflegten, der selbst nach ihrem Tod noch fortdauerte.

      235. Drusus und Caepio, anfangs die besten Freunde und gegenseitige Schwäger, gerieten in Feindschaft und übertrugen diese selbst auf die Staatsverwaltung.

      236. Im Jahr der Stadt 661 (993 v.Chr.).

      Rutilius, einen höchst vortrefflichen Mann, verurteilten sie aufs Ungerechteste. Er wurde nämlich auf Veranlassung der Ritter durch Quintus Mucius der Bestechung angeklagt und mit einer Geldstrafe belegt. Dies taten sie, weil sie ihm übel nahmen, dass er ihren Bedrückungen bei der Erhebung der Zölle gegenzusteuern suchte.

      Rutilius verteidigte sich mit edler Freimütigkeit und verschwieg nichts, was ein rechtschaffener Mann, der verleumdet wird und mehr das Schicksal des Staates als sein eigenes beklagt, nur immer vorbringen konnte. Er wurde aber verurteilt und trat sogleich sein Vermögen ab. Daraus ging nun am deutlichsten hervor, dass seine Anklage unbegründet war; denn es fand sich, dass er weit weniger besaß, als er nach seinen Anklägern in Asien an sich gebracht haben sollte, und dass alles auf gerechte und gesetzliche Weise erworbenes Besitztum war. Solches Unrecht erlitt er; auch Marius hatte einige Schuld bei seiner Verurteilung. Denn ein so verdienstvoller und angesehener Mann musste ihm jedenfalls gefährlich sein. Weshalb jener auch, da es auf diese Art in der Stadt herging und er mit einem solchen Menschen nicht zusammenleben wollte, freiwillig Rom verließ und in demselben Asien eine Zeit lang zu Mytilene lebte. Als dieses aber im Mithridatischen Krieg sehr mitgenommen war, begab er sich nach Smyrna, wo er seine Tage beschloss und nicht wieder nach Rom zurückkehren wollte. Auch wurde ihm weder sein Ruhm noch sein Vermögen dadurch geschmälert; denn vieles gab ihm Mucius, noch mehr die Städte und Könige, mit denen er früher zu tun gehabt hatte, sodass er weit mehr als sein früheres Vermögen besaß.

      237. Im Jahr der Stadt 663 (91 v.Chr.).

      Als sich in Rom der Bürgerkrieg entspann, soll auch außer anderen vielen schrecklichen Dingen, die Livius und Diodor berichteten, bei unbewölktem, heiterem Himmel ein scharfer, kläglicher Trompetenton erklungen sein. Alle, die ihn gehört hatten, sollen sich vor Furcht entsetzt haben, die etruskischen Wahrsager aber eine Veränderung des Menschengeschlechts und eine Umschaffung der Welt aus dem Wunder gedeutet haben; denn es gebe acht Geschlechter der Menschen, die sich durch ihre Sitten voneinander unterscheiden, jedem sei von der Gottheit ein gewisser Zeitraum zugemessen, der mit dem Umlauf des großen Jahres zu Ende gehe; wenn der frühere Zeitraum endige und ein anderer anfange, gebe sich auf der Erde oder am Himmel ein Wunderzeichen kund; oder es werde den solcher Dinge Kundigen gleich auf andere Weise fühlbar, dass jetzt die Menschen an Sitten und Lebensart anders geworden sind und weniger nach den Göttern als die früheren fragen.

      238. Im Jahr der Stadt 664 (90 v.Chr.).

      Lupus hatte die Patrizier in seinem Heer im Verdacht, dass sie seine Pläne den Feinden verrieten, und schrieb ihretwegen an den Senat, ohne etwas [Gewisses erfahren zu haben]. Dadurch hetzte er die ohnedies von Parteisucht Entflammten noch mehr gegeneinander auf, und es wäre zu noch größeren Unruhen gekommen, hätte man nicht einige Marsen ertappt, die, unter die Futter holenden Römer gemengt, als wären sie Bundesgenossen, ins Lager kamen, alles, was man tat und sagte, erforschten und den Ihrigen hinterbrachten. So legte sich der Unwille gegen die Patrizier.55

      239. Marius riet Lupus, der ihm, obgleich er mit ihm verwandt war, nicht recht traute, aus Neid und weil er hoffte, zum siebten Mal Konsul zu werden, da er allein der Sache eine glückliche Wendung geben konnte, den Krieg in die Länge zu ziehen. Denn sie, meinte er, würden hinreichend Lebensmittel haben, jene dagegen, in deren Land der Krieg geführt werde, es nicht mehr lange aushalten.

      240. Die Picener bemächtigten sich derjenigen, die an ihrem Abfall nicht teilnehmen wollten, misshandelten sie vor den Augen ihrer Freunde und rissen den Frauen die Haare mit der Haut von den Köpfen.

      241. Mithridates rührte sich, solange die Gesandten der Römer anwesend waren, nicht, sondern hielt sich ruhig, indem er Beschwerden vorbrachte und die großen Summen namhaft machte, die er damals an den Staat und an Einzelne verabfolgt habe. Nicomedes dagegen, stolz auf das Bündnis mit den Römern und geldbedürftig, fiel in sein Land ein.

      242. Mithridates schickte Gesandte nach Rom und verlangte, sie sollten, wenn sie Nikomedes für einen Freund hielten, ihn mit Güte oder Gewalt zu einem gebührenden Betragen gegen ihn veranlassen, oder wenigstens ihm erlauben, dass er selbst sich seines Feindes erwehre. Die Römer gewährten ihm nicht nur nicht sein Gesuch, sondern drohten ihm vielmehr noch für den Fall, dass er nicht dem Ariobarzanes Kappadokien zurückgäbe und mit Nikomedes Frieden hielte. Seinen Gesandten befahlen sie, noch an demselben Tag die Stadt zu verlassen und bedeuteten ihm, dass er keine anderen mehr senden dürfte, sofern er sich ihnen nicht fügen würde.

      243.