tauchten sie wieder aus dem Mondschatten auf. Ihre Höhe betrug noch knapp 90 Kilometer, die Fahrt war durch kurze Bremsstöße auf 2,3 km/sec gedrosselt worden.
Der Registrationsrobot begann schrill zu pfeifen. Die mächtigen Richtstrahler der Raumstation hatten das Schiff bereits wieder eingefangen. Die Zentralautomatik der STARDUST bekam neue Anweisungen. Bully gab den Kontakt für die Separatauswertung.
Auf dem Reliefschirm war die Rakete als grüner Punkt zu sehen. Er glitt genau auf der vorgezeichneten Linie der Landungsbahn entlang. Das Ende lag dicht am Mondsüdpol, kurz hinter dem Newcomb-Krater. Der rote Kreis bezeichnete die Landestelle. Es handelte sich um ein flaches, offenbar steiniges Gelände, das den großen Landetellern des Schiffes einen guten Aufsatzpunkt bieten musste.
Ebenso klar wie die Lenkimpulse der Automatik war auch die Stimme des Projektchefs zu hören. Infolge der großen Entfernung entstanden zwischen den Meldungen sekundenlange Zwischenräume. Auch die lichtschnellen Ultrawellen benötigten schon einige Zeit, um die Distanz zu überbrücken.
Mit noch hoher Fahrt kam die STARDUST über den westlichen Ausläufern des Mare Nubium an. Direkt voraus tauchte der große Walter-Krater auf. Es war nicht mehr weit bis zum Landepunkt.
»Bodenkontrolle, General Pounder spricht«, klang es unter einigen Störgeräuschen aus den Lautsprechern. »Sie erreichen Ihren Umlenkpunkt in 72 Sekunden. Impulsgebung erfolgt unter Berücksichtigung der von den Funkwellen zu überbrückenden Entfernung. Wir schalten vorläufig ab, um Störungen zu vermeiden. Wir haben Sie klar auf den Tasterschirmen. Empfang gut, kaum Störungen. Haupt-Fernsteuerautomat läuft an. Wir werden Sie gut auf den Boden bringen. Fahren Sie die Landebeine aus. Erbitte Vollzugsmeldung. Ich antworte nicht mehr. Bis nach der Landung viel Glück – und lasst euch nicht unterkriegen. Ende.«
Rhodan schaltete. Die vier Teleskopbeine der STARDUST schoben sich auseinander, dabei im Winkel von fast 45 Grad von der Schiffshülle wegstrebend. Weiter und weiter presste die Hydraulik die langen, vielfach abgestrebten Rohre auseinander. An den unteren Enden entfalteten sich die Auflageteller mit einer Kontaktfläche von vier Quadratmetern pro Einheit.
Kurz danach war der Kontaktpunkt erreicht. Die STARDUST befand sich noch immer auf der Fluglinie der Reliefkarte. Kleine Abweichungen waren korrigiert worden.
»Fertig, Kontakt kommt«, presste Bully hervor. Es war ein Augenblick, auf den praktisch alles ankam. Das planmäßige Gelingen der Landung hing davon ab.
Urplötzlich schrillte es im Registriergerät auf. Der Impuls war angekommen.
Das Triebwerk wurde aktiviert. Es war ein nur kurzer, dafür aber ungemein harter Gegenschub mit zwölf Gravos, der die Restfahrt des Schiffes um weitere 50 Prozent drosselte.
Als es vorüber war und die errechnete Korrekturpause eintrat, atmeten die Männer keuchend. Beim nächsten Bremsstoß musste die Umlenkung um 60 Grad kommen, danach die genaue vertikale Ausrichtung der Heckdüsen zur Bodenfläche.
Wenn das geschah, hatte das Schiff über dem Landepunkt zu stehen und auf dem eigenen Gasstrahl zu landen. Mit einer Fallgeschwindigkeit von höchstens vier Meter pro Sekunde. So schrieb es die Anweisung vor.
Blitzschnell huschten die einzelnen Daten durch Rhodans Hirn. Es hatte sich alles so einfach angehört, so unfehlbar. Nun, da er in dem zerbrechlichen Gebilde lag, erfasste er mit einemmal die ungeheuren Schwierigkeiten.
Die STARDUST begann in einer flachen Parabel zu fallen. Nun machte sich die Gravitation des Mondes stark bemerkbar. Es wurde höchste Zeit zur Umlenkung. Die Düsen der Expansionskammer mussten nach unten gerichtet werden.
»Noch drei Sekunden – zwei – eins – Kontakt«, rief Bully.
Der Kontakt kam auch, jedoch mit einem derartigen Heulen, als stünde eine 1000-Kilowatt-Station direkt neben der Rakete.
Die Geräusche brachen aus den Kontroll-Lautsprechern wie eine Wasserflut. Ultrahohes Pfeifen und Schrillen traktierte die Ohren der Männer. Reginald Bull blickte für den Bruchteil einer Sekunde verständnislos drein. Dann verzerrte sich sein breites Gesicht.
Rhodan reagierte blitzschnell. Seine Rechte griff nach dem Katastrophenschalter. Zuschnappende Magnetbänder fesselten die Männer an ihre herumkippenden Sitze.
Niemand überhörte das Warnsignal der Automatik. Das eingebaute E-Gehirn der STARDUST meldete die Störung. Aufblitzende Lampen bewiesen, dass der erwartete Umlenkimpuls der irdischen Fernsteuer-Station nicht durchkam. Auch wenn die Maschine niemals individuell denken konnte, so hatte sie nach unerhört schnellen Rechenprozessen festgestellt, dass höchste Gefahr drohte.
Schon leuchteten die Diagramme auf.
»Abweichung!«, schrie Bully. »Kein Zündimpuls. Wir fallen über den Landepunkt hinaus. Die Störungen verhindern den Empfang der Fernlenkimpulse. Wo kommen sie her? Sie liegen genau auf unserer Frequenz!«
Rhodan verzichtete darauf, in dieser Situation darüber nachzudenken. Die von der aufgegangenen Sonne hell erleuchtete Mondoberfläche kam rasend schnell näher. Er tat das, was er als Kommandant in solchen Fällen zu tun hatte.
Es war eine schnelle Reflexbewegung, die ihn den in der Armstütze eingebauten Hauptschalter umschlagen ließ. Damit war die STARDUST aus der erdgebundenen Fernkontrolle heraus.
Das Heulen in den Kontrollgeräten verstummte. Dafür begann eine Glocke zu schrillen. Die Tonbandstimme des Selbststeuer-Automaten ertönte.
»Zentralgehirn übernimmt Landungsautomatik. Berechnungen laufen, sind beendet. Landung wird eingeleitet, Notimpuls QQRXQ mit höchster Sendestärke auf Kanal 16 abgestrahlt. Landung beginnt.«
Das war alles, was ein Techniker vor dem Start auf das Band gesprochen hatte.
Es war nicht mehr als ein Verzweiflungsakt; ein Herunterholen des hilflos gewordenen Schiffes auf Biegen oder Brechen. Eine Fahrtaufnahme war in diesem Stadium nicht mehr möglich. Der Boden war schon zu nahe, die Fallgeschwindigkeit wieder über 2 km/sec angewachsen, und die erforderliche Umlenkung hätte zuviel Zeit beansprucht. Es war eine Notlandung, ganz egal, ob unter dem feuerspeienden Heck der STARDUST nun eine Ebene lag oder ein Kraterwall mit scharfen Felsspitzen und steil abfallenden Wänden.
Die Rakete wurde von den schwenkbaren Steuerdüsen so hart herumgerissen, dass sie schlagartig zur vertikalen Lage kam. Die scharfe Spitze wies nun in den tiefschwarzen Sternenhimmel.
Kreiselgeräte übernahmen die Einstabilisierung. Jemand schrie auf.
Rhodan verzichtete auf Befehle und Anweisungen. Sie wären sinnlos gewesen. Kein Mensch hätte hier noch etwas tun können, auch Rhodan nicht, der als »Sofortumschalter« bekannt war.
Die erforderlichen Berechnungen und Schaltungen konnte nur noch die Automatik ausführen. Jedes menschliche Hirn hätte hier versagen müssen.
Auf den Bildschirmen der Außenbord-Beobachtung tauchten die zackigen Ränder eines Walles auf. Der Bodenschirm gleißte in greller Weißglut. Dort tobten die Gewalten der expandierenden Gase.
Bully rief etwas. Es war mehr ein hilfloses Röcheln, und es war erstaunlich, dass er es bei 16 Gravos noch hervorbrachte.
Dann hörten sie Tosen und Bersten. Ein weiterer Stoß stieß sie in ihre Pneumobetten. Es knirschte in der Zelle, einzelne Armaturen zersprangen.
Ehe sich die Schwankungen ausglichen, wurde es so plötzlich still, dass die gemarterten Sinne kaum darauf reagierten.
Am Pendelmesser sahen die Männer, dass sich das Schiff bolzengerade aufrichtete. Dann hörten sie das Knacken und Knallen in den Verbünden der Gesamtzelle. Hochbeanspruchte Teile entspannten sich.
Über Perry Rhodan leuchtete die grüne Lampe auf.
In die Stille hinein tönte ein schrilles, hysterisches Gelächter.
»Captain Flipper!«
Rhodans Stimme war nicht laut, aber eindringlich. Die hohen Laute brachen ab.
Als Flipper verstummte, lockerten sich die harten Linien in Rhodans