im Jahr 1802 einen Heiratsantrag ablehnt; ob ihr weitere Avancen gemacht werden, ist unbekannt. Möglicherweise ist es ihre bewusste Entscheidung, unverheiratet zu bleiben. Dass sie ihre ganz eigene Sichtweise bezüglich dieser Frage hat, belegen ihre Romane, in denen die Protagonistinnen zwar letztendlich die Ehe eingehen, sich den Entschluss jedoch niemals leicht machen. Die Herausforderung ist in der Abhängigkeit begründet, worin Frauen entweder durch einen Ehegatten versorgt werden oder lebenslang auf wohlmeinende Verwandte angewiesen sind. Jane und ihre Schwester, die ebenfalls unverheiratet ist, erfahren das selbst, als sie nach Chawton ziehen. Ihr dortiges Wohnhaus gehört einem ihrer Brüder. Für geachtete Bürgerinnen aus wohlhabendem Hause ist es zu jener Zeit undenkbar, den eigenen Lebensunterhalt zu erarbeiten – Janes Existenz als Schriftstellerin befindet sich in einer Grauzone und ist tendenziell anrüchig.
By a Lady
Insofern nimmt es nicht Wunder, dass ihre Romane unter dem Pseudonym »by a Lady« (»von einer Dame«) erscheinen, wenngleich mit wachsender Anerkennung die wahre Identität der Autorin bekannt wird. Jane Austen hätte ein individuelles, vielleicht männliches, Pseudonym wählen können. Dass sie sich dafür entscheidet, Geschlecht und ungefähre Standeszugehörigkeit mitzuteilen, darf wohl als Stellungnahme verstanden werden, passend zum Inhalt ihrer Werke. Obwohl sie sich darin als klarsichtige Beobachterin erweist, menschliche Schwächen humorvoll beleuchtet und vor Gesellschaftskritik keineswegs zurückschreckt, werden vor allem die späten Romane positiv aufgenommen. Dass der allseits geachtete Walter Scott ihr größte Achtung zollt, wird dabei nicht ohne Wirkung geblieben sein.
Jane Austens Werk gilt als richtungweisend für die englische Literatur, sowohl stilistisch als auch inhaltlich. Die darin geübte Kritik befasst sich mit der Lage lediger Frauen des gehobenen Bürgertums, in sacht-ironischem Stil. Der Liebesroman, in dessen Zentrum eine unverheiratete Frau steht, dient der Autorin stets als Rahmen sozialer Betrachtungen. Spätere Romane, die zum Teil aus frühen Entwürfen entstehen, sind ebenso genau beobachtet, jedoch erzählerischer verfasst. So beschäftigt sich Jane Austen 1809 mit dem bereits 1796 entstandenen »Elinor and Marianne«, das schließlich 1811 unter dem Titel »Sense and Sensibility« (Verstand und Gefühl) erscheint. In demselben Jahr überarbeitet sie »First Impressions«, das 1813 als »Pride and Prejudice« (Stolz und Vorurteil) veröffentlicht wird.
Ihr zurückgezogenes Leben in Chawton verbringt Jane Austen schreibend. Während dieser Zeit entstehen »Mansfield Park«, »Emma« und »Persuasion«, das später in der deutschen Übersetzung unter den Titeln »Überredung« und »Anne Elliot« publiziert wird.
Im Mai 1817 begibt sich Jane Austen, gemeinsam mit ihrer Schwester, zur ärztlichen Behandlung nach Winchester, wo sie am 18. Juli des Jahres stirbt. Ihre Grabstätte befindet sich in der Kathedrale von Winchester.
Stolz und Vorurteil
Jane Austen schildert in diesem Roman ein Jahr im Leben der wohlhabenden englischen Familie Bennet, wobei im Mittelpunkt die fünf Töchter stehen. Innerhalb dieser Zeit heiraten drei der jungen Damen, nachdem jede von ihnen diverse Erkenntnisse und Einsichten gewonnen hat. Die Partnerwahl ist von einiger Brisanz, denn einerseits steht die Familie unter Druck, weil ihr Besitz ausschließlich in der männlichen Linie vererbt werden kann, unverheiratete Töchter also mittellos wären. Andererseits müssen sie nicht nur wirtschaftlich versorgt sein, sondern ihre Entscheidung auch hinsichtlich der Standeszugehörigkeit treffen. Fehlinterpretationen von Verhaltensweisen, Intrigen im Freundeskreis sowie die Einwirkung fremder Interessen gestalten die Wahl eines liebenswerten Mannes höchst verwickelt.
Die Autorin erzählt hier mehrere Liebesgeschichten, indem sie Handlungsstränge ineinander webt. Dabei hält sie ihre Protagonisten im Rahmen gesellschaftlicher Konventionen, wenngleich vor allem die zweitälteste Tochter Elizabeth das gerade noch Schickliche arg strapaziert. Der stolze Darcy findet sie zunächst unattraktiv, beginnt sich jedoch für sie zu erwärmen, als sie ihm geistreich zusetzt. Während Elizabeth von Darcys Desinteresse überzeugt ist, verehrt er sie heimlich und intrigiert im Hintergrund gegen die Beziehung eines Freundes zu Elizabeths Schwester, weil er meint, jene würde diesen nicht lieben. Erst als Darcy und Elizabeth ihren Stolz überwinden, ihre gegenseitigen Vorurteile ablegen und Missverständnisse beseitigen, kommen sich beide Paare näher.
Kein anderer Roman Jane Austens ist im englischsprachigen Raum bekannter und beliebter. Die längst etablierte Literatin veröffentlicht ihn 1813 nicht unter ihrem üblichen Pseudonym »by a Lady«, sondern selbstbewusst »by the author of Sense and Sensibility«. »Pride and Prejudice« greift auf ein früheres Manuskript zurück, auf »First Impression« aus dem Jahr 1796. Die erste Fassung war von einem Verleger abgelehnt worden. Jane Austens Verlag, der bereits »Sense and Sensibility« publiziert hatte, produziert 1500 Exemplare der Neufassung und gibt noch im selben Jahr die zweite Auflage heraus. Für wie bedeutend das Werk bis in die Gegenwart gehalten wird, belegen zahlreiche Neuauflagen, Übersetzungen und multimediale Adaptionen, in denen die Handlung interpretiert, karikiert oder fortgesetzt wird.
1. KAPITEL
Es ist eine Wahrheit, über die sich alle Welt einig ist, dass ein unbeweibter Mann von einigem Vermögen unbedingt auf der Suche nach einer Lebensgefährtin sein muss.
Welcher Art die Gefühle und Wünsche eines solchen Mannes im Übrigen auch immer sein mögen, diese Wahrheit hat eine so unumstößliche Geltung, dass er schon bei seinem ersten Auftauchen von sämtlichen umwohnenden Familien als rechtmäßiger Besitz der einen oder anderen ihrer Töchter angesehen wird.
»Mein lieber Bennet«, sprach eines Tages Mrs. Bennet zu ihm, »hast du schon gehört, dass Netherfield Park endlich einen Mieter gefunden hat?«
Mr. Bennet erwiderte, er habe es noch nicht gehört.
»Trotzdem ist es so, wie ich sage«, beharrte Mrs. Bennet. »Mrs. Long war gerade hier und hat es mir erzählt – Willst du denn nicht wissen, wer der neue Mieter ist?« fuhr sie mit ungeduldiger Stimme fort.
»Du willst es mir doch gerade erzählen, und ich habe nichts dagegen.«
Einer