dich. Wo warst du so lange?
SLADEK
Ich hab mich geärgert.
ANNA
Wer hat dich geärgert?
SLADEK
Freut dich das?
ANNA
Mich?
SLADEK
Laß uns allein, bitte.
KNORKE
Nicht nötig, Sladek. Frau Schramm hat mich soeben gebeten, dir mitzuteilen, du seiest untauglich zum Soldaten, da sie sonst alles den Polen verrät.
SLADEK
Anna!
ANNA
Nein, so ein Schuft!
KNORKE
Ich weiß, daß du das Maul gehalten hast, aber Frau Schramm hat dir nachspioniert. Dadurch zwingt uns Frau Schramm, uns mit ihrer Persönlichkeit zu beschäftigen. Verstanden? Sladek, bist du tauglich?
SLADEK
Tauglich.
KNORKE
Nach wie vor. Wir treffen uns beim Fräulein. Auf Wiedersehen! Ab.
SLADEK
starrt Anna an: Auf Wiedersehen.
Stille.
ANNA
Was ist das für ein Fräulein?
SLADEK
Das Fräulein. Das ist ein Lokal.
ANNA
Lüg nicht!
SLADEK
Du wirst noch blöd vor lauter Eifersucht.
ANNA
Lieber blöd! Sladek! Ich hab ja so Angst um dich! Ich seh es ja, wie hungerig dich die Weiber anschaun –
SLADEK
unterbricht sie: Ich bin dir treu.
ANNA
Nein, du nimmst nur Rücksicht, aber dann wünschst du, ich soll nicht mehr sein. Du, du wirst einfach weggehen, ich werde dich überall suchen und nirgends finden.
SLADEK
Anna, weißt du, was das heißt, eine Armee vor dem Feinde zu verraten? Weißt du, was die Soldaten mit dem Verräter tun?
ANNA
Sie sollen mich erschlagen.
SLADEK
Sie werden dich erschlagen.
ANNA
Es liegt an dir. Bleib bitte, und ich verrate nichts. Nichts. Weißt du, was das heißt, wenn ich dich verliere? Bleib, bitte, bitte, bitte – schau, ich schäme mich ja schon gar nicht mehr, so hänge ich an dir. Was denkst du jetzt?
SLADEK
Was ich denk, langweilt dich, hast du gesagt.
ANNA
Nein!
SLADEK
Was ich denk, ist dumm, hast du gesagt! Hast du gesagt! Ich hab nämlich ein sogenanntes Gedächtnis, ein ausgezeichnetes Gedächtnis.
ANNA
Wie du dir alles merkst.
SLADEK
Alles.
ANNA
Daß du nur nichts vergißt!
SLADEK
Nichts. Glotz nicht.
ANNA
Ich glotz nicht. Ich hab nur gesagt, du sollst nicht so viel denken, weil ich nichts von Politik versteh. Ich komme nicht mit.
SLADEK
Man muß nur selbständig denken. Ich kam zu dir zerlumpt. Bei mir in der Familie haben sie sich um ein Stück Brot gehaßt. Du warst für mich ein höheres Wesen, du hattest eine Zweizimmerwohnung und hast Kriegsanleihen gezeichnet. Du hast für Kaufmannsfrauen geschneidert, ich hab mich waschen können. Du hast mir einen Wintermantel gekauft. Danke.
ANNA
Bitte.
SLADEK
Du bist meine erste Liebe.
ANNA
Sei nicht boshaft.
SLADEK
Ich bin nicht boshaft. Ich wollt nur sagen, daß die erste Liebe eine riesige Rolle im Leben spielt. Hab ich gehört.
ANNA
Sladek. Du bist schon tot.
SLADEK
Warum?
ANNA
klammert sich an ihn: So sag es doch! Sag, daß alles aus ist! Aus, aus –
SLADEK
Sag es du.
ANNA
Ich kann es nicht, – wie dumm ich bin, wie dumm –
SLADEK
Es ist nicht aus.
ANNA
Nimm keine Rücksicht! Quäl mich nicht! Sag es endlich, laß mich los!
SLADEK
Gut. Es ist aus.
ANNA
Schau mich an.
Stille.
SLADEK
So wirds nicht anders.
ANNA
Doch.
SLADEK
Du weißt immer alles besser.
ANNA
Du kannst nicht lieben, du kannst nur lieb sein.
SLADEK
Genügt das nicht?
Stille.
ANNA
lächelt: Schau mich nicht so an – du Riese. Du kleiner Riese. Du bleibst, du bleibst. Du Jung, du – es ist dunkel, die Erde ist noch kalt, aber die Sonne war schon warm. Das ist der zunehmende Mond.
SLADEK
Heuer gibts kein Frühjahr. Auf dem Ozean liegen lauter Wolken, ganze Berge. Das kommt alles noch über uns, steht in der Zeitung.
ANNA
Ist doch alles nicht wahr, ist doch alles anders – Komm, gib mir einen Kuß – Das war doch kein Kuß. So. So – Sie küßt ihn, reißt sich plötzlich los und taumelt zurück. Was tust du?! Was fällt dir ein, wenn ich dich küß?!
SLADEK
Ich küß nicht gern so, so sinnlich.
ANNA
Du Schwein. Du Schwein –
SLADEK
Ich bin ein Schwein. Ab.
III. IM WEINHAUS ZUR ALTEN LIEBE
Salm, Horst, Halef, Knorke und Rübezahl sind die einzigen Gäste. Das Fräulein bedient.
DAS