John Charles Frémont

Die Reise in die Rocky Mountains


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Schauspiel etwas Traumhaftes und mehr das Aussehen eines Gemäldes als eines wirklichen Erlebnisses. Es war eine Herde von wohl 300 bis 400 Büffeln, doch, obwohl ich genau achtgab, sah ich nicht einen einzigen aus der unheilvollen Wolke hervorkommen, in der das Werk der Zerstörung vor sich ging.

      Nach einer Stunde schlugen wir den Weg nach dem Indianerdorf ein. Allmählich kam einer derselben nach dem anderen, mit seiner Jagdbeute beladen, dahergeritten, und als wir uns den Hütten näherten, war der ganze Weg von den heimkehrenden Reitern bedeckt. Das Dorf bestand aus etwa 120 Hütten, die auf beiden Seiten einer gegen 150 Fuß breiten Straße, die längs des Flusses hinlief, zerstreut lagen. Als wir an ihm entlangritten, bemerkte ich neben einigen Wohnungen eine Art Gestell, das von drei dünnen und reinlichen Birkenstangen gebildet wurde, an dem der Schild und Speer und einige andere Waffen eines Häuptlings befestigt waren. Alle waren auf das Sorgfältigste geputzt, die Lanzenspitzen glänzend und die Schilde weiß und fleckenlos. Einer der Häuptlinge lud uns zu sich ein. Er breitete, als wir eintraten, für mich ein Gewand zum Sitzen aus, und die Frauen stellten eine große hölzerne Schüssel mit Büffelfleisch vor uns. Der Wirt hatte indessen seine Pfeife angezündet, und nachdem sie bei uns die Runde gemacht hatte, begannen wir die Mahlzeit. Nach und nach kamen gegen sechs andere Häuptlinge und setzten sich schweigend nieder. Nach der Mahlzeit richtete der Wirt eine Anzahl Fragen an uns in Betreff des Zweckes unserer Reise, den ich ihm nicht verhehlte. Obwohl meine Erklärung, dass es sich um die dereinstige Anlegung von Militärposten auf dem Weg zum Gebirge handele, ihnen ebenso wichtig als unerfreulich sein musste, so verrieten doch ihre Mienen nicht das geringste Erstaunen, und sie blieben sich völlig gleich in ihrer gemessenen Höflichkeit. Die anderen hörten zu und rauchten. Ich bemerkte, dass ein jeder, bevor er die Pfeife in den Mund nahm, das Rohr mit einem raschen Blick in die Höhe hielt, als ob er sie dem großen Geist darbringen wollte. – Regentropfen schlugen an die Hütte und mahnten uns zum Aufbruch. Mit einem Vorrat an getrocknetem Fleisch beschenkt, ritten wir in der Abenddämmerung davon, bis wir unsere Leute 8 Meilen weiter aufwärts unter einem alten, dichtbelaubten Baum gelagert fanden. Gerade gegenüber mündete einer der beträchtlichsten Nebenflüsse des Südarms, der Biberfluss.

      1 Eine engl. Elle = 1 Yard = 3 engl. Fuß

      2 Fork = Gabel, Flussarm

      ZWEITES KAPITEL

      Reiseabenteuer auf dem Marsch zum South Pass

      Am 10. erreichten wir nach einem Marsch von 45 Meilen spät am Abend St. Vrain’s Fort. Dieser Posten ist am rechten Ufer des Südarms unmittelbar am Fuße des Gebirges und 17 Meilen östlich von Long’s Peak, in 40° 22' nördl. Breite und 87° 31' westl. Länge von Ferro gelegen. Der Strom, dessen Bett ganz aus Sand und Kies besteht, ist durch kleine Inseln, zwischen denen er schnell dahineilt, in verschiedene Arme geteilt. Zwischen ihm und dem Gebirge, dessen schneeige Spitzen in geringer Entfernung schimmern, liegen die Schwarzen Berge. Die nächsten Gebirge schienen sich nicht weit über die Linie des ewigen Schnees zu erheben, der sich zunächst auf die Nordseite der Gipfel beschränkte und gegen Süden nur einige 100 Fuß herabreichte. Die Fichtenwaldungen, welche tiefer unten das Gebirge umgürten, waren in Rauch gehüllt; in ihnen soll schon seit Monaten das Feuer wüten. Pike’s Peak, ein 100 Meilen weiter südlich gelegener Berggipfel, war wegen der durch Rauch verdüsterten Luft nicht sichtbar. Die Höhe des Platte über dem Meer beträgt hier 5400 Fuß. Herr St. Vrain nahm uns gastfreundlich auf, und durch seine Güte erhielt ich einige Pferde und Maultiere; an Vorräten konnte er uns aber nichts überlassen.

      Am 12. brachen wir nach Fort Laramie, unserem nächsten Bestimmungsort, auf, das gegen 125 Meilen von da fast streng nördlich liegt. Noch begleiteten uns drei Spanier, von denen der eine in meinen Dienst getreten war. Bald verließen wir das in dem Schmuck seiner Blumen einem Garten gleichende Flusstal und zogen längs der Schwarzen Berge, die sich auf dem ganzen Weg zwischen uns und dem westlichen Gebirge hinstreckten. Wir ritten durch zahlreiche Nebenflüsse der beiden Hauptarme des Platte, unter denen der Krähen- und der Pferdefluss die ansehnlichsten waren, und hatten mehrere Höhenzüge zu überschreiten. Das Land zeigte meist ein durchaus ödes und wüstes Aussehen, doch trägt mehr die Trockenheit des Klimas als die Beschaffenheit des Bodens die Schuld daran. Nur an einigen Flüssen zeigte sich wieder frischer Rasen, auf dem Büffelherden weideten; Holz aber wurde so selten, dass wir uns meist des früher erwähnten »Kuhholzes« beim Kochen bedienen mussten. Am Abend des 14. kamen wir durch eine weite Schlucht, die von zwei jäh abfallenden Hügelreihen, durch die ein Fluss strömt, gebildet wird. Der Fels besteht aus Mergel und Kalkstein und zeigt, von Wind und Regen zerklüftet und ausgewaschen, ein seltsames Naturspiel. Er sieht nämlich täuschend einer Festung ähnlich, die einen Halbkreis bildend an beiden Enden in ungeheure Bastionen ausläuft. Längs der ganzen gegen 300 Ellen sich ausdehnenden Linie ragen Kuppeln und schlanke Minarette von 40 bis 50 Fuß Höhe über die Wälle und geben diesen Felsenbildungen das Aussehen einer alten, befestigten Stadt. Noch häufiger finden sich diese am Weißen Fluss. Dort gleichen sie zuweilen in überraschender Weise einer großen Stadt mit zahlreichen Straßen und prächtigen Gebäuden, und andere Male nehmen sie die Gestalt eines leer stehenden Hauses an mit großen Zimmern, in welche die Reisenden über Nacht ihre Pferde treiben und innerhalb dieser natürlichen Schutzwehr vollkommen sicher vor den Angriffen der räuberischen Wilden schlafen.

      Am 15. erreichten wir den Nordarm des Platte, 13 Meilen unterhalb Fort Laramie. Nach einem drückend heißen Tag gelangten wir gegen Abend zur Vereinigung des Laramie- und Platte-Flusses, an der sich eine von Pelzhändlern gegründete Niederlassung befindet. Die Gebäude bestehen aus Erde, sind von drei Seiten mit Wällen umgeben und nach dem Fluss hin offen. Bald darauf erblickten wir Fort Laramie, auch Fort John genannt, einen Hauptposten der amerikanischen Pelzkompanie. Es ist auf einer Anhöhe am linken Ufer des gleichnamigen Flusses erbaut. Seine hohen weiß schimmernden Wälle mit den großen Bastionen an den Ecken gaben ihm in dem ungewissen Abendlicht ein Achtung gebietendes, kriegerisches Aussehen. Unter den Wällen hatten die Sioux-Indianer eine Anzahl Hütten aufgeschlagen, und mit dem anmutigen Hintergrund der Schwarzen Berge, überragt vom Gipfel des Laramie-Gebirges, das in scharfen Umrissen in den lichten Abendhimmel emporstieg, bildete das Ganze ein überraschend schönes Gewölbe. Der Befehlshaber dieses Platzes, Herr Boudeau, nahm mich mit großer Gastfreundschaft auf. Die andere Abteilung, welche den Nordarm hinaufgezogen war, hatte schon vor uns das Fort erreicht und in dessen Nähe sich gelagert. – Ich teile über ihre Reiseabenteuer einiges aus dem Tagebuch des Herrn Preuß mit, welchen ich, wie früher erzählt, der anderen Mannschaft am Tag nach meiner Trennung von ihr nachgeschickt hatte.

      »Ich ritt«, berichtet er, »am 6. Juli, nachdem ich mich von Captain Frémont verabschiedet hatte, mit meinem Begleiter über das Hochland, das sich zwischen den beiden Armen des Platte ausstreckt, und