Блейк Пирс

Gemieden


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waren blutig und chaotisch. Ein Mafiosi namens Abe Reles war einer der meistgefürchteten Auftragskiller seiner Zeit und der Eispickel war das Werkzeug seiner Wahl. Er erstach seine Opfer fein säuberlich durchs Ohr –– genau wie unser Mörder. Er war so gut, dass manche seiner Aufträge überhaupt nicht mehr wie Morde aussahen.“

      „Sag nicht“, erwiderte Riley, „dass sie nach Hirnblutungen aussahen.“

      „Genau“, bestätigte Jenn.

      Bill kratze sich das Kinn. „Meint ihr unser Mörder ist auf die Idee gekommen, weil er von Abe Reles gelesen hat? Dass also seine Morde vielleicht irgendeine Art Hommage an einen alten Meister sind?“

      Jenn sagte: „Vielleicht, aber vielleicht auch nicht. Eispickel werden gerade wieder populär unter Gangs. Junge Gangster erledigen einander heutzutage haufenweise mit diesen Eispickeln. Sie werden sogar bei Überfällen verwendet. Opfer werden mit einem Eispickel bedroht, statt mit einer Pistole oder einem Messer.“

      Bill kicherte düster und sagte…

      „Gerade vor ein paar Tagen bin ich in einen Werkzeugladen gegangen, um Panzertape zu kaufen. Da habe ich einen Aufsteller mit nagelneuen Eispickeln gesehen –– ‚professionelle Qualität‘, besagte der Aufkleber, und auch ‚Hartstahl‘. Ich habe mich damals gefragt, wozu genau man sowas heute noch verwendet? Und ich weiß es bis heute nicht. Sicherlich wird nicht jeder, der Eispickel kauft, einen Mord im Schilde führen.“

      „Frauen könnten die zum Selbstschutz dabeihaben, nehme ich an“, sagte Riley. „Obwohl Pfefferspray wahrscheinlich eine bessere Wahl ist, wenn ihr mich fragt.“

      Jenn drehte den Bildschirm wieder in ihre Richtung und sagte: „Ihr könnt euch vorstellen, dass Versuche der Gesetzgebung den Verkauf oder Besitz von Eispickeln einzuschränken wenig Erfolg hatten. Aber einige Geschäfte führten freiwillig die Praxis Käufer dazu aufzufordern sich auszuweisen um sicherzustellen, dass diese bereits einundzwanzig Jahre alt sind. In Oakland, Kalifornien ist es sogar illegal Eispickel mit sich zu führen –– gleichsam mit Schnappmessern und anderen Hieb- und Stichwaffen.“

      Rileys Gedanken überschlugen sich von der Vorstellung zu versuchen den Kauf und Besitz von Eispickeln zu regulieren.

      Sie fragte sich…

      Wie viele Eispickel gibt es da draußen?

      Zu diesem Zeitpunkt wussten sie und ihre Kollegen von zumindest einem.

      Und sein Gebrauch war der Denkbar schlimmste.

      Sie kamen schon bald in der kleinen Stadt Wilburton an. Riley war angetan davon, wie antiquiert malerisch die Gegend, in der Robin Scoville gelebt hatte, war –– schöne in Schindel verkleidete Häuschen mit Fensterläden standen entlang der Straße, deren Vorgärten reihenweise von hübschen weißen Palisadenzäunen umgeben waren. Das Viertel war alt, womöglich sogar historisch. Trotzdem glänzte alles vor schneeweißer Farbe, so dass man meinen könnte, sie sei noch frisch.

      Riley begriff, dass die Menschen, die hier lebten sehr stolz auf ihre Nachbarschaft waren und deren Vergangenheit bewahrten, so als lebten sie in einem Freilichtmuseum. Auf den Straßen waren nicht viele Autos zu sehen, daher fiel es ihr leicht sich das Städtchen in einer anderen Zeit vorzustellen mit Karren und Kutschen, die an den Häusern von Pferden vorbeigezogen wurden.

      Dann fiel ihr ein…

      Der Eismann hatte hier früher bestimmt oft seine Runde gemacht.

      Sie stellte sich das sperrige Gefährt vor mit aufgetürmtem Eis und einen starken Mann, der die Blöcke mit schweren eisernen Zangen vor die Haustüren hievte. Damals besaß jede Hausfrau, die hier lebte, einen Eispickel, den sie für einen absolut unschuldigen Zweck einsetzte.

      Doch die Stadt hatte vorgestern Nacht einen bitteren Verlust der Unschuld erfahren müssen.

      Die Zeiten haben sich geändert, dachte Riley. Und nicht zum besseren.

      KAPITEL DREI

      Rileys Puls wurde schneller, als Agent Sturman den Kleintransporter vor einem kleinen Haus in einer netten Nachbarschaftsstraße parkte. Hier war es, wo Robin Scoville gelebt hatte und wo sie ermordet wurde. Riley spürte immer diese gesteigerte Aufmerksamkeit, wenn sie kurz davor war, einen Tatort zu betreten. Manchmal konnte sie ihre einzigartige Fähigkeit nutzen um die verdrehte Psyche des Mörders Einblick zu erhalten, genau an dem Ort, an dem der Mord stattgefunden hatte.

      Würde es ihr auch hier gelingen?

      Wenn ja, so war es nichts, worauf sie sich freute.

      Es war ein hässlicher und verstörender Teil ihrer Arbeit, doch sie musste es nutzen, wann immer sie die Möglichkeit bekam.

      Als sie aus dem Transporter stiegen, bemerkte sie, dass das Haus das kleinste in der Nachbarschaft war –– ein bescheidener einstöckiger Bungalow mit einem kompakten Vorgarten. Doch wie alle Häuser auf dem Block war es hervorragend erhalten und akkurat gestrichen. Es war ein malerischer Anblick, der nur von dem gelben Polizeiband verdorben wurde, dass die Öffentlichkeit vom Grundstück fernhalten sollte.

      Als Riley, Jenn, Bill und Agent Sturman durch das Zauntörchen gingen, trat ein großer, uniformierter Mann aus dem Haus. Agent Sturman stellte ihn den anderen als Clark Brennan, den Polizeichef Wilburtons, vor.

      „Kommen Sie rein“, sagte Brennan mit einem angenehmen Akzent, der Sturmans ähnelte. „Ich zeige Ihnen, wo es geschah.“

      Sie gingen eine lange hölzerne Rampe hoch, die zur Veranda führte.

      Riley fragte Brennan: „Was das Opfer fähig sich selbstständig fortzubewegen?“

      Brennan nickte und sagte: „Ihre Nachbarn sagen, dass sie die Rampe nicht mehr wirklich gebrauch hat. Nach einem Autounfall im letzten Jahr war ihr linkes Bein bis über dem Knie amputiert, aber sie kam sehr gut mit ihrer Prothese zurecht.“

      Brennan öffnete die Eingangstür und alle betraten das gemütliche, komfortable Häuschen. Riley bemerkte keine weiteren Anzeichen dafür, dass hier eine behinderte Person gelebt hatte –– keine besonderen Möbel oder Handgriffe, nur ein Rollstuhl, der in der Ecke stand. Es war offensichtlich, dass Robin Scoville sich alle Mühe gegeben hatte, ein so normales Leben, wie es ihr nur möglich war, zu leben.

      Eine Überlebende, dachte Riley voll bitterer Ironie.

      Die Frau musste gedacht haben, dass sie bereits die schlimmsten Herausforderungen, die ihr das Leben nur präsentieren konnte, überstanden hatte. Sie hatte sicherlich keine Ahnung welch grausames Schicksal sie erwartete.

      Das kleine, saubere Wohnzimmer war mit günstigen Möbeln ausgestattet, die ziemlich neu aussahen. Riley bezweifelte, dass Robin allzu lange in diesem Haus gelebt hatte. Der Ort machte irgendwie den Eindruck einer Übergangslösung und Riley dachte, dass sie sich vorstellen konnte, wieso.

      Riley fragte: „Das Opfer war geschieden?“

      Brennan schaute sie überrascht an.

      „Ja, ganz genau“, erwiderte er. „Sie und ihr Mann hatten sich erst dieses Jahr getrennt.“

      Es war genau, wie Riley vermutet hatte. Dieses Haus ähnelte stark der Unterkunft, in der sie und April gewohnt hatten, nachdem ihre Ehe mit Ryan in die Brüche ging.

      Doch Robin Scovilles Herausforderungen waren sehr viel schwerwiegender, als Rileys. Sie musste nicht nur eine Scheidung, sondern auch einen Schrecklichen Unfall überwinden, in ihrem Versuch ein neues Leben aufzubauen.

      Die Position, in der die Leiche aufgefunden wurde, war mit Kreppband auf dem Boden markiert. Brennan zeigte auf einen kleinen, dunklen Fleck auf dem Boden.

      „Sie hat nur ein bisschen aus dem Ohr geblutet. Genau wie bei einer Gehirnblutung. Doch wegen des kürzlichen Mordes an Cranston war der Gerichtsmediziner sofort misstrauisch. Und genau wie erwartet hat die Obduktion gezeigt, dass Robin auf dieselbe Art wie