er nicht besonders erfreut aussah. „Sie sind der Boss.“
Shelley dankte ihm. „Fahren wir los“, schlug sie Zoe vor. „Ich habe Radioverbindung zum Piloten. Er wird uns informieren, wenn sie was entdecken.“
Zoe nickte und stieg gehorsam wieder ins Auto. Shelley hatte sie unterstützt, ihr den Rücken gestärkt. Das war ein gutes Zeichen. Sie war dankbar und fühlte sich nicht übergangen, wenn Shelley diejenige war, die die Befehle gab. Es war egal, solange Leben gerettet wurden.
„Puh!“ Shelley hielt inne, lehnte sich mit einer aufgefalteten Landkarte im Beifahrersitz zurück. „Wird nicht einfacher, oder? Eine Frau, ganz alleine unterwegs, keine Provokation. Sie hat das nicht verdient.“
Zoe nickte wieder. „Stimmt“, sagte sie, nicht sicher, was sie sonst zu der Unterhaltung beitragen konnte. Sie ließ das Auto an und fuhr los, um die Stille zu füllen.
„Du sprichst nicht sehr viel, oder?“ fragte Shelley. Sie hielt einen Moment inne, bevor sie hinzufügte: „Das ist in Ordnung. Ich will nur verstehen, wie du tickst.“
Der Mord war unverdient, das war richtig. Zoe konnte das erkennen und verstehen. Aber was geschehen war, war geschehen. Jetzt hatten sie einen Job zu erledigen. Die Sekunden vergingen, über die normale Zeit für eine erwartete Antwort hinaus. Zoe überlegte, aber ihr fiel nichts ein, was sie sagen konnte. Der Moment war vorbei. Wenn sie jetzt sprach, würde es noch seltsamer wirken.
Zoe versuchte, sich darauf zu konzentrieren, beim Fahren eine traurige Miene aufzusetzen, aber es war zu schwierig, beides gleichzeitig zu tun. Sie hörte auf, sich die Mühe zu machen, ihr Gesicht entspannte sich zu ihrem üblichen leeren Blick. Es war nicht so, dass sie nichts dachte, oder hinter ihren Augen keinerlei Gefühle stattfanden. Es war nur schwierig, darüber nachzudenken, wie ihr Gesicht aussehen sollte und es bewusst zu kontrollieren, während ihr Gehirn damit beschäftigt war, die genaue Entfernung zwischen jeder Straßenmarkierung zu berechnen und sicherzustellen, dass sie eine Geschwindigkeit einhielt, bei der das Auto nicht umkippen würde, wenn sie auf dieser Art Asphalt ausscheren musste.
Sie nahmen die Straße, folgten der glatteren Oberfläche, die sich durch die flache Landschaft wand. Zoe konnte bereits sehen, dass sie in die richtige Richtung führte, was es ihnen ermöglichte, ihn einzuholen, wenn er in direkter Linie geradeaus rannte. Sie trat fest auf das Pedal, nutzte den Vorteil des Asphalts, um schnell voranzukommen.
Eine Stimme knisterte durch das Funkgerät, riss Zoe aus ihren Gedanken.
„Der Verdächtige ist in Sicht. Over.“
„Verstanden“, antwortete Shelley. Sie war präzise und verschwendete keine Zeit, was Zoe schätzte. „Koordinaten?“
Der Hubschrauberpilot ratterte seine Position herunter und Shelley nutzte ihre Landkarte, um Zoe den Weg anzusagen. Sie mussten ihre Route nicht verändern – sie waren genau in der richtigen Richtung. Zoe umklammerte das Steuer fester, fühlte den Nervenkitzel der Bestätigung. Ihre Annahmen waren korrekt gewesen.
Schon kurz darauf sahen sie den Helikopter über einem örtlichen Streifenwagen in der Luft stehen, dessen beide Insassen anscheinend schon ausgestiegen waren und den Sträfling überwältigt und auf den Boden gedrückt hatten. Er lag im Sand, der sich durch die neue Last verschob, und fluchte.
Zoe hielt den Wagen an und Shelley sprang sofort hinaus, gab über ihr Sprechfunkgerät Informationen weiter. Eine kleine Gruppe Männer mit Hunden näherte sich bereits aus dem Südosten, die Hunde bellten vor Aufregung, nachdem sie die Quelle des Geruchs gefunden hatten, dem sie gefolgt waren.
Zoe hob die Landkarte hoch, die Shelley losgelassen hatte, verglich sie mit dem Navigationssystem. Sie waren in direkter Bahn eine Achtelmeile von dem Punkt entfernt, an dem sie ihn vermutet hatte. Er musste aus der Felszunge herausgelaufen sein, als er die Hunde gehört hatte.
Sie erlaubte sich ein Siegeslächeln, sprang aus dem Auto, um sich ihnen mit neuem Elan zuzugesellen. Draußen unter der brennenden Sonne erwiderte Shelley ihr strahlendes Grinsen, offensichtlich glücklich, dass sie ihren ersten gemeinsamen Fall schon abgeschlossen hatten.
Später, als sie wieder im Auto waren, senkte sich das Schweigen erneut herab. Zoe wusste nicht, was sie sagen sollte – sie wusste es nie. Geplauder war ihr ein absolutes Rätsel. Wie oft konnte man das Wetter erwähnen, bevor es ein offensichtliches Klischee wurde? Wie oft musste sie öde Unterhaltungen über unwichtige Dinge führen, bevor das Schweigen kameradschaftlich wurde, nicht mehr unbehaglich war?
„Du hast da draußen nicht viel gesagt“, sagte Shelley und brach endlich das Schweigen.
Zoe antwortete nicht sofort. „Nein“, stimmte sie zu, versuchte, freundlich zu klingen. Es gab nicht viel, das sie tun konnte, außer zuzustimmen.
Wieder herrschte Stille. Zoe berechnete im Kopf die Sekunden, begriff, dass es länger war, als für eine normale Pause in der Unterhaltung üblich.
Shelley räusperte sich. „Die Partner, die ich im Training hatte, die haben mit mir geübt, den Fall durchzusprechen“, sagte sie. „Zusammenzuarbeiten, um ihn zu lösen. Nicht alleine.“
Zoe nickte, ihr Blick blieb fest auf der Straße. „Ich verstehe“, sagte sie, obwohl Panik in ihr aufstieg. Sie verstand nicht – nicht völlig. Auf eine Art verstand sie, wie die Leute um sie herum empfanden, weil sie es ihr immer mitteilten. Aber sie wusste nicht, was sie damit anfangen sollte. Sie versuchte es schon, versuchte es, so gut sie konnte.
„Sprich nächstes Mal mit mir“, sagte Shelley, lehnte sich tiefer in ihren Sitz, als ob nun alles geklärt war. „Wir sind Partner. Ich möchte wirklich zusammenarbeiten.“
Das verhieß für die Zukunft nichts Gutes. Zoes letzter Partner hatte wenigstens ein paar Wochen gewartet, bevor er sich beschwert hatte, wie ruhig und unnahbar sie war.
Sie hatte gedacht, sie hätte es diesmal besser hinbekommen. Hatte sie nicht die Becher mit Kaffee gekauft? Und Shelley hatte sie vorhin angelächelt. Musste sie mehr Getränke kaufen, um es wieder auszugleichen? Gab es eine bestimmte Anzahl, auf die sie hinarbeiten sollte, um ihre Beziehung angenehmer zu gestalten?
Zoe sah die Straße vor der Windschutzscheibe vorbeirasen, unter einem sich allmählich verdunkelnden Himmel. Sie spürte, dass sie wohl noch etwas sagen sollte, aber sie wusste nicht, was. Das war alles ihre Schuld und sie wusste es.
Es schien für andere Leute immer so einfach zu sein. Sie sprachen und sprachen und sprachen, und wurden über Nacht Freunde. Sie hatte es oft geschehen sehen, aber es schien keine Regeln zu geben, die man befolgen konnte. Es wurde nicht durch eine festgelegte Zeitspanne definiert, oder der Anzahl der Interaktionen, oder der Menge der Dinge, die Menschen gemeinsam haben mussten.
Sie waren einfach wie durch Magie gut darin, mit anderen Leuten zurechtzukommen, so wie Shelley. Oder sie waren es nicht. Wie Zoe.
Nicht dass sie wusste, was sie falsch machte. Leute sagten ihr, sie solle wärmer und freundlicher sein, aber was genau bedeutete das? Niemand hatte ihr je ein Handbuch gegeben, in dem all die Dinge erklärt waren, die sie wissen musste. Zoe griff das Steuer fester, versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie aufgebracht sie war. Das war das Letzte, das Shelley sehen sollte.
Zoe begriff, dass sie selbst das Problem war. Sie machte sich darüber nichts vor. Sie wusste nur nicht, wie sie anders sein sollte, als sie war, während andere Leute es wussten und sie sich schämte, dass sie es nie gelernt hatte. Das zuzugeben würde irgendwie noch schlimmer sein.
***
Der Flug zurück nach Hause war noch ungemütlicher.
Shelley blätterte beiläufig durch die Seiten einer Frauenzeitschrift, die sie im Flughafen gekauft hatte, bedachte jede Seite lediglich mit einem oberflächlichen Blick, bevor sie aufgab und weiterblätterte. Nachdem sie sie von vorne bis hinten durch hatte, warf sie Zoe einen Blick zu, dann gelangte sie wohl zu der Überzeugung, dass es besser war, keine Unterhaltung anzufangen, und öffnete die Zeitschrift wieder, vertiefte sich mehr