Джек Марс

Akte Null


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sieht’s da oben aus?”

      „Oh, es ist ein wunderschöner Nachmittag. Etwa dreiundzwanzig Grad und sonnig”, gab Fähnrich Gilbert durch das Funkgerät zurück und versuchte, das Lachen in seiner Stimme zu unterdrücken. „Die Luftfeuchtigkeit ist gering. Der Wind beträgt etwa acht Stundenkilometer. Wenn ich meine Augen schließe, fühlt es sich wie Florida im beginnenden Frühjahr an. Wie geht es euch da drinnen?”

      „Arschloch”, murmelte Leutnant Davis, der Kommunikationsoffizier, der in der Nähe von Thomas an den Radargeräten saß. Er grinste und sprach in das Radio: „Wie bitte, Fähnrich Gilbert? Kannst du das für deinen Leutnant wiederholen?”

      Thomas kicherte, als Gilbert ein leises Stöhnen von sich gab. „OK, OK”, sagte der junge Mann vom Deck aus. „Ich sehe drei Schiffe der Iranischen Revolutionsgarde in Richtung Nordosten, die etwa vierzehn Knoten schnell fahren. Es sieht so aus, als seien sie ein wenig mehr als einen Kilometer von uns entfernt.” Dann fügte er schnell hinzu: „Sir.”

      Thomas nickte beeindruckt. „Du bist gut. Sie sind neunhundert Meter entfernt. Will jemand irgendwas dagegen tun?”

      „Ich wette fünf Dollar, dass sie bei sechshundert Metern abdrehen”, sagte Davis.

      „Das will ich sehen und erhöhe”, sagte Maat Miller hinter ihnen und drehte sich dabei auf seinem Stuhl um. „Zehn Dollar, dass sie fünfhundert Meter erreichen. Bietest du auch, Cohen?”

      Thomas schüttelte seinen Kopf. „Ganz sicher nicht. Das letzte Mal habt ihr mich um fünfundzwanzig Dollar erleichtert.”

      „Und der muss für eine Hochzeit sparen”, tadelte ihn David mit einem leichten Stoß in die Rippen.

      „Ihr denkt alle zu klein”, ertönte Gilberts Stimme aus dem Funkgerät. „Die Jungs sind Cowboys, ich kann es spüren. Ein bestimmter Mister Jackson sagt, dass sie nicht nur auf vierhundert Meter herankommen, sondern wir auch noch ein iranisches Schwanzfoto bekommen.”

      „Sei nicht so derb”, ermahnte Davis Gilbert für seine unzüchtige Metapher für eine Rakete, die von der Iranischen Revolutionsgarde abgeschossen würde.

      „Das wäre ein netter Tempowechsel”, murmelte Miller. „Das Aufregendste, was hier in den letzten zwei Wochen passierte, war der Tag, an dem es mexikanisches Essen gab.”

      Leutnant Cohen war sich schon bewusst, dass ein außenstehender Beobachter vielleicht denken könnte, dass es verrückt von ihnen war, kleine Wetten darüber abzuschließen, ob ein Schiff eine Rakete feuerte oder nicht. Doch nach so vielen sogenannten Konfrontationen, die zu nichts geführt hatten, war es kaum etwas, über das sie sich Sorgen machten. Außerdem waren die amerikanischen Einsatzregeln klar: sie schössen nicht, falls man nicht direkt zuerst auf sie abfeuerte, und die Iraner wussten das. Die Constitution war genau so, wie ihre Klasse sie beschrieb: ein Zerstörer. Falls eine Rakete nah genug an sie herankam, um sie zu bedrohen, dann könnten sie das Schiff der iranischen Revolutionsgarde binnen Sekunden auslöschen.

      „Sechshundertfünfzig Meter und es kommt näher heran”, gab Thomas bekannt. „Tut mir leid, Davis. Du bist raus.”

      Er zuckte mit den Schultern. „Man kann ja nicht immer gewinnen.”

      Thomas runzelte die Stirn vor den Radargeräten. Es sah aus, als ob die beiden Schiffe, die das dritte flankierten, abdrehten, doch das mittlere Schiff fuhr auf einem geraden Kurs weiter. „Gilbert, überprüfe die Sicht.”

      „Jawohl, Sir.” Es war einen Moment still, bevor der Fähnrich berichtete: „Sieht so aus, als ob zwei der Schiffe abdrehten, in Richtung Süd-Südosten und Süd-Südwesten. Aber ich glaube, dass dieses dritte Boot Freundschaft schließen will. Was habe ich gesagt, Cohen? Cowboys.”

      Miller seufzte. „Wo ist Kapitän Warren? Wir sollten ihm Bescheid-”

      „Kapitän auf der Brücke!” rief eine scharfe Stimme plötzlich. Thomas sprang von seinem Sitz auf und salutierte, genauso wie die vier weiteren Offiziere im Kontrollraum.

      Der Erste Offizier kam zuerst herein. Er war ein großer Mann mit kantigem Kiefer, der viel ernster aussah, als er es oft war. Ein geeilter Kapitän Warren folgte ihm, die unteren Knöpfe seines beigen, kurzärmeligen Hemdes spannten über seinem kleinen Bauch. Auf dem Kopf trug er eine Navy Baseballkappe, deren dunkles Blau im schwachen Licht der Brücke fast wie schwarz aussah.

      „Zurück an eure Plätze”, ordnete Warren schroff an. Thomas setzte sich langsam wieder, tauschte einen besorgten Blick mit Davis aus. Der Kapitän war sich wahrscheinlich der sich annähernden Schiffe bewusst, doch wenn er jetzt anwesend war, dann bedeutete das, dass etwas vor sich ging. „Hört mir gut zu, denn ich will das nicht wiederholen.” Der Kapitän zog seine Stirn in tiefe Falten. Er hatte sie fast immer gerunzelt - Thomas konnte sich nicht daran erinnern, jemals ein Lächeln auf Warrens Lippen gesehen zu haben - doch dieses Mal sah sein Gesichtsausdruck besonders besorgt aus. „Wir haben gerade neue Anweisungen erhalten. Es gab eine Änderung der Einsatzregeln. Jegliches Schiff, das innerhalb einer Distanz von achthundert Metern feuert, muss als feindlich betrachtet und mit extremem Vorurteil behandelt werden.”

      Thomas blinzelte nach dieser plötzlichen Flut von Worten und verstand zuerst nicht.

      Maat Miller vergaß sich selbst für einen Moment und sagte: „Behandelt werden? Sie meinen zerstört?”

      „Korrekt, Miller”, antwortete Kapitän Warren und blickte dem jungen Mann in die Augen. „Ich meine zerstört, vernichtet, ausgemerzt, verwüstet, zertrümmert und/oder demoliert.”

      „Äh, Sir?” fragte Davis. „Wenn es überhaupt feuert? Oder wenn es auf uns feuert?”

      „Der Abschuss einer Waffe, aus dem sich ein Verlust von Leben ergeben kann, Leutnant”, gab Kapitän Warren zurück. „Ob sie auf uns zielt oder nicht.”

      Thomas konnte nicht glauben, was er da hörte. Die Iranische Revolutionsgarde hatte schon öfter Raketen abgefeuert, seit er an Bord der Constitution war, und viele von ihnen waren innerhalb von einem Abstand von achthundert Metern. Er fand es extrem seltsam, dass die Einsatzregeln so rasch verändert wurden - sicherlich war es kein Zufall, dass dies gerade dann geschah, als ein iranisches Schiff sich ihnen annäherte.

      „Schaut mal”, erklärte Warren, „mir gefällt das auch nicht besser als euch, aber ihr wisst alle, was geschah. Ehrlich gesagt bin ich darüber überrascht, dass die Regierung so lange gebraucht hat. Aber jetzt ist es geschehen.”

      Thomas wusste genau, worüber der Kapitän sprach. Gerade ein paar Tage zuvor hatte eine Terroristenorganisation versucht, die USS New York zu sprengen. Das war ein Arleigh-Burke-Zerstörer, der am Hafen von Haifa in Israel festgemacht war. Und nur vor zwei Tagen hatte dieselbe Rebellenzelle einen Unterwassertunnel in New York zerstört. Kapitän Warren hatte die gesamte Mannschaft in der Messe versammelt, um ihr die traurigen Nachrichten mitzuteilen. Die CIA hatte von dem Attentat nur einige Stunden zuvor mitbekommen und schaffte es, viele Leben zu retten, doch dennoch waren Hunderte gestorben und es gab immer noch viel zu viele Verschüttete. Das Ausmaß des Attentates war bei langem nicht so groß wie jenes des elften Septembers, doch es handelte sich dennoch um einen der erheblichsten Angriffe auf amerikanischem Boden der letzten hundert Jahre.

      „In dieser Art von Welt leben wir jetzt, Jungs”, sagte Warren und schüttelte seinen Kopf verachtend. Er dachte offensichtlich dasselbe wie Thomas. Sie alle taten dies.

      „Es dreht ab”, informierte Gilbert durch das Funkgerät und riss Thomas damit aus seinen Gedanken und zurück zu seinen Radargeräten. Der Fähnrich hatte recht, das dritte Schiff war auf fünfhundert Meter herangekommen und drehte jetzt Richtung Westen ab. „Scheint, als verlöre ich zwanzig Dollar.”

      Thomas atmete erleichtert auf. In einer weiteren Minute wäre das Schiff weg, außerhalb der sechshundert Meter-Linie und die Constitution führe weiter auf ihrer