Helen Carter

Rockstar | Band 1 | Teil 2 | Erotischer Roman


Скачать книгу

ist so teuer in der Miete, dass am Ende unterm Strich kaum noch was bleibt.«

      »Heul mir nicht die Ohren mit deinem Kaufmannsgewäsch voll«, brummte Bones.

      »Dieser Kaufmann hat dir aber deinen hübschen Arsch gerettet, als du dich von einem kleinen Straßendealer hast aufschlitzen lassen.«

      Bones dachte an die Ärztin und fragte sich, ob sie das Ticket nutzen würde. Er schmunzelte bei dem Gedanken, wie sie sich unter all den Gothic-Chicks machen würde. Sicherlich würde sie ein schwarzes T-Shirt anziehen und sich sehr düster dabei vorkommen.

      »Was grinst du? Das ist nicht komisch. Ich sag dir eins: Wenn ihr nicht mehr bringt, was die da oben«, er deutete gegen die Decke, »von euch erwarten ... dann seid ihr ganz schnell draußen. Und das ist kein Was-wäre-wenn-Gelaber ... Es gibt schon Gespräche wegen euch.«

      Der Sänger stieß sich vom Fenster ab und wandte sich zum Gehen.

      »Was tust du? Verflucht, ich rede mit dir!«

      »Ich gehe nach Hause«, murmelte Bones.

      »Du hast kein Zuhause«, versetzte Woodrow, noch bevor Bones ihm die Tür vor der Nase zuschlug.

      Wer hätte das besser gewusst, als er selbst? Er wohnte zur Miete in einem Haus mit möblierten Zimmern. Mehr oder minder Ferienwohnungen. Er hatte auch eine Zeit lang in einem Hotel gelebt, aber das war zu teuer geworden. Aus diesem Haus konnte er von heute auf morgen verschwinden.

      Er warf den Schlüssel auf den Tisch und setzte sich vor den Fernseher. Das war der Moment, vor dem er sich bei jedem Atemzug zu Tode fürchtete. Der Moment, wenn all der Trubel weg war. Wenn die Stille kam. Da konnte er den Fernseher Tag und Nacht laufen lassen, oder die Anlage. Die Stille blieb. Er schnaubte kurz auf, als er daran dachte, wie ernüchtert seine Fans sein würden, wenn sie sahen, wie er wirklich lebte. Wirklich! Nicht die Home-Stories, für die Woodrow extra Häuser mietete, gern auch alte Villen, die er dann aus dem Fundus einer Filmfirma bestücken ließ und wo es dann in den Artikeln hieß: »So lebt der Fürst der Finsternis!«

      Stattdessen lebte der »Fürst der Finsternis« in einer Bude, in der Möbel aus den frühen achtziger Jahren die ausgebleichten Tapeten verstellten.

      Er legte den Kopf zurück und hob ächzend sein Becken an. Ob sie kommen würde?

      ***

       Kapitel 12 von Helen Carter

      Ivy fühlte sich wie von einem schwarzen Meer umwogen. Sie kannte ja die bizarr-skurrilen Aufmachungen der Jugendlichen aus ihrer Gegend um die Praxis herum, aber so viele auf solch engem Raum zu erleben, empfand sie als atemberaubend.

      Manche tanzten stumm zur Musik aus ihren Smartphones, während andere umherflanierten, um sich gebührend bewundern zu lassen, während sie darauf warteten, dass sie eingelassen würden. Obwohl es erst dämmerte, war die Albert Hall bereits angestrahlt und wirkte dabei wie ein viktorianisches Nadelkissen im Herzen der modernen Großstadt.

      Ivy kam nicht umhin, sich einzugestehen, dass sie nervös war. Es war so viele Jahre her, dass sie auf einem Konzert gewesen war, dass sie nicht einmal wusste, wo sie hin musste ...

      Die Menschenmenge wurde mit jeder Minute unübersichtlicher. Alle schienen größer zu sein als sie selbst und sie konnte nicht mehr tun, als den Weg an der Seite der Schlange zu suchen, um überhaupt noch Luft zu bekommen. Es dauerte nicht lange, da begann sie sich selbst zu verfluchen, dass sie überhaupt hergekommen war. Die Leute um sie herum hätten locker ihre Kinder sein können und sie fühlte sich so deplatziert, dass es beinahe körperlich wehtat.

      So in ihren Zweifeln versunken, in Gedanken bereits wieder zu Hause, noch vor dem Konzert, erschrak Ivy umso mehr, als ihr jemand plötzlich auf die Schulter tippte.

      »Sie haben ein rotes Ticket?« Ein Kerl wie ein Kleiderschrank hatte sich vor ihr aufgebaut.

      Ivy nickte verwirrt und hob die Karte wie zum Beweis hoch.

      »Dann brauchen Sie hier nicht anzustehen, Miss. Kommen Sie bitte mit!« Im nächsten Moment teilte der menschliche Kleiderschrank die wartende Masse vor ihr wie Moses das Rote Meer. Vollkommen ungehindert passierten sie alle Wartenden und betraten sodann die Halle durch einen abgesperrten Bereich, der von zahlreichen Artgenossen ihres Begleiters bewacht wurde. Er nickte einem vierschrötigen Typen zu, der, die Hände vor seinem Gemächt verschränkt, die Tür sicherte, woraufhin dieser sofort zur Seite trat und sie für Ivy und seinen Kollegen aufhielt.

      »Wie ist Ihr Name?«, fragte eine zierliche junge Frau in Jeans und T- Shirt, die um den Hals eine in Plastik verschweißte Karte trug und einen Klemmblock in der Hand. Sie lächelte überaus gewinnend.

      »Newman. Ivy Newman.«

      »Doktor Ivy Newman?«, las die Frau von ihrer Liste ab.

      Ivy nickte und hoffte, man hielt sie jetzt nicht für jemanden, der zum Rotekreuzteam gehörte und sich um in Ohnmacht gefallene Fans zu kümmern hatte ... Es war schließlich ihr freier Abend ...

      »Wir haben Anweisung, Sie in Mr Armstrongs Garderobe zu begleiten.«

      Ihr wurde heiß. Sie spürte, wie sich unter ihren Achseln Schweiß bildete. Er würde sie verführen. Sich auf sie stürzen und missbrauchen. Jetzt konnte sie noch weg ...

      Ivy zwang sich, ruhig zu bleiben und folgte dem Bodyguard durch eine schier endlose Flucht von Korridoren. Menschen eilten hin und her. Kabel wurden geschleppt, Instrumente herumgetragen. Als sie vor einer Tür stehen blieben, an der ein auswechselbares Schildchen mit der Aufschrift »Bones« prangte, setzte bereits weit entfernt Musik ein.

      Sie würde den Anfang verpassen. Oder sollte sie nur hier auf ihn warten, bis er nach dem Konzert zurück in seine Garderobe kam? Alles schien ihr möglich und kein Gedanke zu abwegig.

      Und dann sah sie ihn. Groß und imposant stand er mitten in der Garderobe, rauchte und studierte einen Zettel, den er in Händen hielt.

      Als sie eintrat, sah er sie direkt an. Er trug eine schwarze Jeans und eine schwarze Motorradjacke.

      »Dr. Newman ...«, sagte er mit einem Lächeln.

      Hörte sie eine feine Ironie in seiner Stimme?

      »Guten Abend.«

      Die Stille, die eintrat, war für Ivy schwer zu ertragen. Sie fühlte sich unendlich fehl am Platz.

      Er legte den Zettel beiseite. »Ich hoffe, es stört Sie nicht, dass ich Sie habe herbringen lassen?«

      Sein Haar war offensichtlich frisch gewaschen und hatte so noch mehr Fülle und Glanz. Sie fragte sich, wie oft er schon Angebote bekommen hatte, für Haarpflegeprodukte zu werben ...

      »Nein. Keineswegs. Ich hatte nur befürchtet, ich würde ihren Auftritt verpassen.«

      Er überlegte einen Moment und sagte dann: »Ach das ... Nein, das ist nur die Vorgruppe. Immortal Irgendwas ...«

      »Immortal Irgendwas? Merkwürdiger Name.«

      Es war nicht als Scherz gemeint gewesen, doch als Armstrong zu lachen begann, wollte sie ihn nicht korrigieren. Amüsiert bemerkte sie ein paar sehr spitzer Eckzähne, die über die anderen Zähne hinausragten. Allerdings waren sie echt ...

      »Warum ich Sie habe herbringen lassen ... ich hoffe, Sie sind mir nicht böse ... Aber ich wollte wissen, ob ich den Verband abnehmen kann. Nur während des Auftritts ...«

      Sie war überrascht von der höflichen Art und Weise in der er mit ihr sprach. »Wir nehmen ihn ab und ich schaue es mir an«, schlug sie vor, woraufhin er sich sofort auszog.

      Im gleichen Moment, da er mit entblößtem Oberkörper vor ihr stand, flog die Tür auf und ein junger Mann kam herein. Er erstarrte für einen Moment und stieß dann hervor: »Oh, ich ... wollte nicht stören. Sorry. Wollte nur sagen, dass es in zwanzig Minuten losgeht. Ich hoffe, das reicht ...« Damit verschwand er schleunigst wieder.

      Ivy kicherte. »Ich will lieber nicht wissen, was der jetzt gedacht hatte«, sagte sie strahlend.